# taz.de -- Putzen und Kochen: Von den Dichtern lernen | |
> Zu wenig Engagement im Haushalt kann zu Unordnung und Trennung führen, zu | |
> viel Engagement zu noch schlimmerem. Ein Lob auf den Durchschnitt. | |
Bild: Gilt auch am Herd: Geht der Pfeil zu steil nach oben, ist das auch nicht … | |
Schon wieder [1][diese Haushaltskolumne], denken Sie vielleicht gerade; und | |
das wäre jedenfalls exakt das, was ich nach getanem Abendessen mit Blick | |
auf das Schlachtfeld in unserer Küche auch immer denke: Schon wieder. Sie | |
allerdings kann ich beruhigen: Diese Kolumne ist nun auf ihr monatliches | |
Erscheinen eingeschwenkt, nachdem ich zuvor noch einen urlaubenden Kollegen | |
im Zweiwochenrhythmus vertreten habe. | |
Die ewige Wiederkehr des Gleichen und die trotzdem saubere Ausführung – das | |
ist ein Thema, das nicht nur im Haushalt eine Rolle spielt: | |
„‚Low-Performer‘ und Überflieger werden auf der Arbeit besonders geförd… | |
Der Durchschnitt dagegen wird häufig vergessen. Doch damit setzen Chefs auf | |
die falsche Strategie“, hieß es etwa vor einigen Jahren [2][in der FAZ]. | |
Mit meinem damaligen Chef – also dem auf Arbeit – war ich bei einem | |
Espresso auf das Thema gekommen. Er mochte den Artikel, er sagte, er | |
überlege sich schon lange eine „Systematik zum Gegensteuern“. Bevor die | |
hätte greifen können, hatte er aber den Job schon wieder gewechselt. Das | |
eben geht im Dauerdienst Haushalt nicht, hier bleibt man auf ewig, meistens | |
auch wer man ist. Gehen wir die Sache mit „Systematik“ an, dann sieht es so | |
aus: Der haushaltende männliche Low-Performer in Hetero-Beziehungen hält | |
sich nicht lang. Es gibt sie, diese Lars-Eidinger-artigen Typen, die aus | |
jedem eingeschlagenen Nagel ihre persönliche Vergöttlichung ableiten; aber | |
früher oder später sagt die Frau ciao, es sei denn, sie wird entsprechend | |
entschädigt, mit Muttipanzer und Ehevertrag; aber das betrifft nur die paar | |
Prozent FDP-Wähler. | |
Der männliche Haushaltsüberperformer ist problematisch für alle | |
Beteiligten, nicht zuletzt für sich selbst. Denn die klinische | |
Leidenschaft, die der Haushaltsobsessionist aufbringt, wird nie genügend | |
anerkannt, was einfach daran liegt, dass Obsessionen wie Religionen von | |
Nichtobsessiven und Nichtreligiösen nie genug anerkannt werden; weil sie | |
halt eben nun mal Privatsache sind; und zuletzt hat [3][der Anschlag auf | |
Salman Rushdie] wieder deutlich gezeigt, dass mit Beleidigten und | |
Verladenen nicht zu spaßen ist. | |
Meistens geht die Sache aber ziviler ab, die Wege trennen sich eben. So | |
kannte ich mal einen Dichter, der auf Lesereisen gern Hotelzimmer | |
verwüstete – er kam aus der DDR-Prenzl’bergszene und fand das Punk. Zu | |
Hause wienerte er wie wild, wenn er nicht gerade dichtete, aber Poeten | |
warten oft lange auf Inspiration, da bleibt schon einige Zeit. Irgendwann | |
zwischen zwei Putzsessions sagte seine Frau: „Du, ich geh, das ist mir zu | |
clean hier, ich dachte, du bist Punk.“ | |
Von den Dichtern lernen heißt, die Liebste behalten. Ich bin im Haushalt | |
Durchschnitt. Manches mache ich sorgsam, Fahrrad aufpumpen zum Beispiel; | |
kochen tue ich auf Kantinenniveau, ich falte obsessiv Küchentücher und | |
putze zwei von drei Wohnzimmerfenstern, dann höre ich auf – wie eben jetzt | |
gerade auch. | |
5 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Kolumne-Das-bisschen-Haushalt/!t5874038 | |
[2] https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/mittelmass-im-job-fleiss-oh… | |
[3] /Anschlag-auf-Salman-Rushdie/!5871979 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
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