# taz.de -- Der Haushalt der anderen: Niemand möchte über Haushalt reden | |
> Gast sein ist stressig! Ob ich mich an einem Ort wohlfühle, entscheidet | |
> sich weder an der Schuh- noch an der Zigarettenfrage. Sondern an der | |
> Serviette. | |
Bild: Auf die Serviette kommt es an | |
Meine Freundin sagt: „Du hast [1][eine Haushaltskolumne,] aber der Eindruck | |
ist, dass du gar nicht über Haushalt schreiben möchtest, sondern über was | |
ganz anderes.“ Ich sage spontan „Quatsch“ und denke: „Wo sie recht hat,… | |
sie recht.“ Dann gehe ich in mich und kontere: „Ha, na klar. Niemand, der | |
im Haushalt steckt, möchte darüber reden. Alle wollen nur damit fertig | |
werden und nach Höherem streben oder endlich an ihr Handy. Alle wollen raus | |
und bleiben doch drin. Es ist das umgekehrte Phänomen wie wenn man als Teil | |
einer Familie Zeit im Bad verbringen möchte – spätestens nach 10 Sekunden | |
kommt jemand rein. Aber ich sehe deinen Punkt und habe eine Idee. Heute | |
rede ich mal über den Haushalt der anderen.“ Aber da hat meine Freundin | |
sich schon längst zur Kreativarbeit verabschiedet, sie will eben nicht mit | |
diesem langweiligen Haushaltsscheiß belästigt werden. | |
Für mich beginnt nun die Morgenroutine, aber mein Thema lässt mich nicht | |
mehr los. Während ich das Frühstück abräume, in Bananenreste und auf | |
Tischtennisbälle trete und mich beim Tänzeln durch die Küche bemühe, das | |
gleiche nicht mit den so kleinen Händen des sich am Boden vergnügenden | |
Söhnchens zu tun, denke ich, dass ich von meiner Veranlagung her lieber | |
Gastgeber bin als Gast. Schon als Kind schlief ich nicht gern auswärts. Die | |
Sehnsucht nach meinem Bett und dem vertrauten Duft der Bettwäsche und | |
meinen Brüdern im Stockbett über mir und im Klappbett neben mir war immer | |
groß. | |
Gast sein ist halt stressig! Es geht schon an der Tür los, Schuhe an oder | |
aus, und was bedeutet die leicht gequälte Antwort – lass ruhig an, morgen | |
kommt eh die Putzfrau – eigentlich wirklich? Die Rauchfrage hat sich | |
inzwischen erledigt, für mich als Kind der verrauchten 70er Jahre immer | |
noch eine der merkwürdigsten Revolutionen überhaupt, die eigentlich als | |
durchzustudierendes Vorbild für anstehende radikale Änderungen dienen | |
müsste („Autos, ja stimmt, früher konnten die hier einfach so parken, | |
Wahnsinn oder, kann man sich gar nicht mehr vorstellen“). | |
Ob ich mich als Gast wohlfühle, [2][entscheidet sich nicht an der | |
Zigarette,] sondern an der Serviette. Die einfache Frage ist, gibt es | |
welche oder nicht, aus Papier oder Stoff spielt keine Rolle. In meinen | |
deutschen Kreisen fast nie. Ich kann aber ohne Serviette nicht so essen, | |
dass ich mir selber beim Essen zuschauen wollen würde. Die fehlende | |
Serviette beim deutschen, durchveganisierten Intelligenzija-Abendessen ist | |
das Äquivalent zum reichproletigen 1.000-Euro-Grill, auf dem dann | |
Billigbratwürste aus Schlachtabfällen zubereitet werden. | |
Hoppla, nun ist die Zeit schon wieder rum. Schreiben Sie mir gerne Ihre | |
Erlebnisse in fremden Haushalten, aber erwarten Sie bitte nicht, dass ich | |
sie lese. Erstens hab ich hier im Haushalt jede Menge zu tun und zweitens, | |
mal ehrlich: Wen interessiert der Scheiß? | |
30 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Putzen-und-Kochen/!5876254 | |
[2] /Kolumne-Gehts-noch/!5608265 | |
## AUTOREN | |
Ambros Waibel | |
## TAGS | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
Rauchen | |
Haushalt | |
GNS | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
Kolumne Das bisschen Haushalt | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Gefahren des Kindseins: Beim Auto bleibt alles beim Alten | |
Manche Ängste sind irrational. Die ums eigene Kind im Berliner Verkehr ist | |
es nicht. Denn in Berlin regiert das Auto, Veränderung ist nicht in Sicht. | |
Unordnung im Zusammenleben: Der besonnene Wasserträger | |
Nicht jeder hält Unordnung aus. Der Deutsche sieht überall nur halbleere | |
Gläser statt halbvolle. Immerhin schafft er es, nicht cholerisch zu werden. | |
Nur putzen und kochen: Mama und Marlene | |
Wenn die Mutter abgearbeitet ist und nicht mehr rausmag, hilft auch die | |
Ermahnung vom Heiligen Petrus nicht weiter: Denn sie weiß genau, was sie | |
tut. | |
Putzen und Kochen: Von den Dichtern lernen | |
Zu wenig Engagement im Haushalt kann zu Unordnung und Trennung führen, zu | |
viel Engagement zu noch schlimmerem. Ein Lob auf den Durchschnitt. | |
Was man in Nordfriesland lernen kann: Mähen und Maden | |
Haus-und Gartenarbeit wird erst durch technische Hilfsmittel erträglich. | |
Manche aber sollte man sich bitte nicht anschaffen. |