| # taz.de -- Alleinerziehende Frauen in Marokko: Paragraf 490 drängt sie an den… | |
| > Fatiha und Yasmine sind alleinerziehende Mütter in Marokko. Das dortige | |
| > Familiengesetz macht ihnen das Leben schwer. Jetzt soll es reformiert | |
| > werden. | |
| Fatiha trägt ein dunkles Gewand und einen Hidschab. Auf Yasmines T-Shirt | |
| ist ein Regenbogen gedruckt, auf dem steht: „born to shine“. Fatiha hat | |
| eine Plastiktüte dabei, eine Wasserflasche und rund 50 Dirham, keine fünf | |
| Euro umgerechnet, sind darin. Vor Yasmine liegt ihr Smartphone auf dem | |
| Tisch des Straßencafés, sie trinkt einen Cappuccino. Wenn Fatiha ihre | |
| Geschichte erzählt, blickt sie oft zu Boden. Wenn Yasmine ihre Geschichte | |
| erzählt, blitzen ihre Augen wütend auf. Eigentlich verbindet die beiden – | |
| nichts. Nur, dass ihre Söhne ohne Väter aufwachsen und sie deshalb in der | |
| marokkanischen Gesellschaft stigmatisiert und benachteiligt werden. Deshalb | |
| möchten sie auch nicht mit ihrem echten Namen genannt werden. | |
| Alleinerziehende Mütter haben es in Marokko schwer. Wie viele es von ihnen | |
| gibt, wird nicht regelmäßig erfasst. Laut der gemeinnützigen Organisation | |
| Insaf sollen es im Jahr 2010 mehr als 210.000 Mütter gewesen sein, die ihre | |
| Kinder ohne einen Mann großziehen. Jedes Jahr werden 50.000 Babys außerhalb | |
| einer Ehe geboren. | |
| Wenn [1][Frauen] wie Yasmine sich von ihrem Mann scheiden lassen und ihr | |
| Kind allein großziehen, erschüttern sie das traditionelle Frauenbild. Dafür | |
| bestraft sie die Gesellschaft, öffentliche Institutionen machen ihnen das | |
| Leben schwer. Wenn sie wie Fatiha Sex hatten, ohne verheiratet zu sein, | |
| machen sie sich sogar strafbar. | |
| Im Juli 2022 verkündete König Mohammed VI. in einer seiner Thronreden, dass | |
| die Moudawana – das marokkanische Familiengesetz – bald reformiert werden | |
| soll. Im vergangenen Oktober machte er dann noch mehr Druck: Innerhalb der | |
| kommenden sechs Monate, also bis April 2024, soll die Regierung einen | |
| Gesetzesentwurf ausarbeiten und dem Parlament vorlegen. Ein erster Entwurf | |
| wird jetzt präsentiert. | |
| Frauenrechtsorganisationen setzen sich schon lange für eine Reform der | |
| Moudawana ein. Sie wollen, dass die immer noch mögliche Mehrfachehe | |
| abgeschafft wird. Frauen sollen genau wie Männer auch Nichtmuslime heiraten | |
| dürfen. | |
| Wenn sich ein Paar scheiden lässt und Kinder hat, ist bislang automatisch | |
| der Vater der alleinige gesetzliche Vormund – auch das wollen die | |
| Feministinnen ändern. Und: Kinder, die außerhalb einer Ehe geboren werden, | |
| sollen nicht mehr als illegitim gelten. Die Frauenrechtsorganisationen | |
| hoffen nun, dass ihre Forderungen konkret in den Gesetzesentwurf mit | |
| einfließen. Was würde sich damit für Fatiha und Yasmine ändern? | |
| ## Fatiha | |
| Seit fünf Jahren dankt Fatiha Gott fast täglich für ihr Glück – ihr Glüc… | |
| das mit so viel Schmerz verbunden ist. Erst war das Glück klein wie eine | |
| Erbse, und im Ultraschall konnte sie nur ein winziges Herz auf einem | |
| Monitor schlagen sehen. Das Glück wuchs, nach vier Monaten war es so groß | |
| wie eine Süßkartoffel. Ihm wuchsen Wimpern, die sollten noch ziemlich lang | |
| werden, schwarz und dicht. Nach neun Monaten war es so groß wie eine | |
| Wassermelone und hatte ein Gehirn. Es war jetzt bereit für die Welt. Sie | |
| gab ihm den Namen Emir. | |
| Der Name ist selten, darum passte er, denn Emir sollte mal jemand | |
| Besonderes werden. Außerdem bedeutet Emir auf Arabisch „Prinz“. Fatihas | |
| kleiner Prinz. Am 17. Februar 2019 wurde er in Casablanca, der größten | |
| Stadt Marokkos, im Universitätskrankenhaus geboren. Eine natürliche Geburt, | |
| keine Komplikationen. Schnell legte eine Krankenschwester Emir auf Fatihas | |
| Brust. Wenn Fatiha von ihrer Schwangerschaft und der Geburt erzählt, | |
| trennen schallendes Lachen und stilles Weinen nur wenige Sekunden. | |
| Auch als sie über die Wohnungssuche nach ihrer Geburt spricht, laufen dicke | |
| Tränen über ihre Wangen und tropfen auf ihr Dschellaba, ein traditionelles | |
| marokkanisches Gewand mit Kopftuch. Lange wollte Fatiha in Casablanca | |
| niemand auch nur ein kleines Zimmer vermieten. Wer will dort schon eine | |
| Frau wie sie? Mit kleinem Baby, ohne Job, ohne Geld. Und ohne Mann. Denn | |
| solange die Reform auf sich warten lässt, ist es so: Wer in Marokko | |
| außerhalb einer Ehe Sex hat, bricht das Gesetz. Das schreibt Artikel 490 | |
| des marokkanischen Strafgesetzbuches vor – einer der wichtigsten | |
| sogenannten Moralparagrafen. | |
| Männer, die dieses Recht brechen, kommen in der Regel unbescholten davon. | |
| Auch Frauen werden selten angezeigt. Aber wenn sie schwanger werden von | |
| einem Mann, mit dem sie nicht verheiratet sind und der sie auch nicht | |
| heiraten will, dann ist der dicke Bauch nicht weniger als ein Beweis: Hier | |
| hat jemand das herrschende Gesetz missachtet. | |
| Viele Frauen werden dann von ihren Familien brutal verstoßen, von Freunden | |
| und Nachbarn hart geächtet. Es gibt immer wieder Berichte und Meldungen von | |
| Frauen, die nach einer [2][Vergewaltigung] Suizid begehen, oder von | |
| Schwangeren, die versuchen, ihr Kind mit einem Kleiderbügel selbst | |
| abzutreiben. Denn auch Abtreibungen sind in Marokko illegal. | |
| Fatiha und Emir haben keinen Kontakt zu Fatihas Eltern, Emirs Oma und Opa. | |
| Keinen Kontakt zu Fatihas Geschwistern, Emirs Tanten und Onkel. Zum Vater | |
| sowieso nicht. Wenn sie ihre Nachbarn auf der Straße trifft, begrüßt sie | |
| sie zwar, aber mehr nicht. „Ich rede nicht gern mit meinen Nachbarn“, sagt | |
| Fatiha. „Sonst müsste ich ihnen meine Geschichte erzählen, und dann | |
| verurteilen sie mich.“ | |
| Fatiha möchte nicht über ihre Kindheit reden, nur so viel verrät sie: | |
| Fatiha ist etwa 60 Kilometer vor den Stadtgrenzen Casablancas aufgewachsen, | |
| dort musste sie „schwere körperliche Arbeit“ verrichten, wie sie sagt. Mit | |
| 13 ist sie nach Casablanca gekommen, um als Haushaltshilfe zu arbeiten. | |
| Wenn man sie nach schönen Erinnerungen fragt, hat sie keine. | |
| Fast 20 Jahre später trifft sie einen Mann, den sie mag, und schläft mit | |
| ihm. Fatihas Periode bleibt aus, sie macht einen Schwangerschaftstest, er | |
| ist positiv. Sie erzählt es dem Mann. Er ist schon verheiratet, will aber | |
| Fatiha als Zweitfrau nehmen. Doch die erste Frau stimmt nicht zu, und das | |
| muss sie, auch das schreibt das marokkanische Gesetz vor. Und so ist Fatiha | |
| allein. | |
| Nicht ganz allein. Schließlich wächst Emir in ihrem Bauch, Fatihas Glück. | |
| Und mit ihm der Schmerz. | |
| Paragraf 490 sorgt dafür, dass Frauen wie Fatiha am Rande der Gesellschaft | |
| leben. Marokko gilt in der arabischen Welt als liberales Land. Frauen | |
| dürfen arbeiten, sie müssen sich nicht verschleiern, sie dürfen schon lange | |
| Auto fahren und gehen studieren. Und doch ist Sex außerhalb der Ehe | |
| weiterhin ein Tabu. Einerseits, weil das Gesetz – ein Überbleibsel der | |
| französischen Kolonialzeit – ihn unter Strafe stellt, andererseits, weil | |
| der Islam als Staatsreligion ihn als Sünde begreift. | |
| ## Kein Familienbuch für Alleinerziehende | |
| Paragraf 490 sorgt auch dafür, dass Mütter wie Fatiha und Kinder wie Emir | |
| kein sogenanntes Familienbuch bekommen. Das Buch ist vergleichbar mit einem | |
| deutschen Familienstammbuch. Man braucht es, um das Kind bei den Behörden | |
| registrieren zu lassen. Die rund 50.000 Kinder ohne Papas, eines davon ist | |
| Emir, existieren offiziell einfach nicht. Sie können nur zum Arzt oder in | |
| die Schule gehen, wenn entweder jemand beide Augen zudrückt oder Geld für | |
| einen Anwalt da ist. | |
| Seit ihrer Schwangerschaft verdient Fatiha ihr Geld damit, auf der Straße | |
| Schokolade zu verkaufen, mit Emir an der Hand oder auf dem Rücken. Dafür | |
| läuft sie jeden Tag eine Stunde von dem Stadtteil, in dem sie lebt, in | |
| Casablancas Zentrum, wo sich die reichen Touristen tummeln und keine | |
| Nachbarn tuscheln. | |
| Fatiha verdient, wenn es gut läuft, 30 marokkanische Dirham am Tag. Das | |
| sind weniger als drei Euro. Sie kann sich keinen Anwalt leisten, der für | |
| Emir einen Schulplatz erstreitet. Zwar bekommt Fatiha Hilfe von der UNFM, | |
| einer staatlichen Frauenrechtsorganisation, die sich für alleinerziehende | |
| Mütter und deren Töchter und Söhne einsetzt. Dort bekommt sie jedoch nur | |
| eine rechtliche Beratung und psychologische Unterstüzung, keine Anwältin. | |
| ## Yasmine | |
| Sie sitzt in einem Café in der Neustadt von Marrakesch. Yasmines | |
| Fingernägel sind rot lackiert, ihre Augenbrauen sorgfältig tätowiert, sie | |
| trägt keinen Hidschab. Sie hat in Frankreich Design studiert, heute | |
| arbeitet sie als Abteilungsleiterin in einem großen marokkanischen | |
| Unternehmen. Hinter ihr sprudeln Wasserfontänen aus dem Boden, junge Frauen | |
| in bauchfreien Tops laufen in eine Zara-Filiale. | |
| An das erste Treffen mit dem Mann, der später zum Vater ihres Sohnes wurde, | |
| erinnert sie sich noch genau. Das war im Jahr 2012. Die beiden hatten | |
| gemeinsame Freunde und trafen sich mit ihnen in einem angesagten | |
| Restaurant. Auch er arbeitete in einer Führungsposition in einem | |
| Unternehmen, ein „guter Typ“, sagt Yasmine heute, „charmant und gebildet�… | |
| Sie trafen sich öfters, wurden ein Paar, sie heirateten, „aus Liebe“, | |
| betont Yasmine. Auch ihr Sohn bekam einen besonderen Namen, welchen, will | |
| sie öffentlich nicht sagen. Yasmines Sohn soll hier Amaniyy heißen. Er kam | |
| zwei Jahre nach der Hochzeit zur Welt. | |
| Eine natürliche Geburt, keine Komplikationen. Schnell kann eine | |
| Krankenschwester Amaniyy auf Yasmines Brust legen. Unglaublich dieses | |
| Gefühl, sagt Yasmine. Pure Liebe. Ihr Mann, Amaniyys Vater, war nicht bei | |
| der Geburt dabei. Er kam zu spät, weil er arbeiten musste. Das erzählte er | |
| Yasmine zumindest. Sicher konnte sie sich dessen nicht sein. Zwei Wochen | |
| nach der Geburt zog sie zu ihren Eltern. Das ist in Marokko nicht unüblich, | |
| wenn der Mann viel arbeitet und das Baby noch klein ist. | |
| ## Die Reißleine gezogen | |
| Yasmines Eltern kümmerten sich um sie und Amaniyy. Ihr Mann meldete sich | |
| immer seltener, schlief meistens in der gemeinsamen Wohnung, nicht bei | |
| Yasmine und seinem Baby. Irgendwann zog Yasmine die Reißleine, sagte ihm: | |
| „Ich hole jetzt meine Sachen, und wenn du dich scheiden lassen willst, ist | |
| das okay für mich.“ | |
| Zwei Wochen später lag der Scheidungsantrag von ihm im Briefkasten. Yasmine | |
| unterschrieb. Zwei Wochen nachdem die Scheidung rechtskräftig wurde, | |
| heiratete Amaniyys Vater, eine andere Frau. Eine Arbeitskollegin. In dieser | |
| Zeit machte Yasmine einen Fehler, den sie bis heute bereut: Sie gab ihrem | |
| Ex-Mann das Familienbuch. | |
| Die beiden, das ehemalige Liebespaar, die frischgebackenen Eltern, einigten | |
| sich darauf, dass Amaniyys Vater seinen Sohn einmal pro Woche sehen darf. | |
| Immer sonntags zwischen 9 und 18 Uhr. 1.500 marokkanische Dirham, das sind | |
| rund 140 Euro, sollte er an Unterhalt zahlen. Auch in Marokko ist das nicht | |
| viel Geld. | |
| Zwei Mal holte Yasmines Ex-Mann das Baby sonntags ab. Beim ersten Mal | |
| weinte Yasmine davor die ganze Nacht, sie hatte Angst um Amaniyy. Ihre | |
| Mutter musste ihn an seinen Vater übergeben, Yasmine konnte es nicht. | |
| Abends brachte ihr Ex-Mann das Baby zu spät zurück. Beim zweiten Mal kam er | |
| wieder zu spät, Amaniyys Gesicht war mit Schokolade verschmiert. Babys | |
| dürfen noch keine Süßigkeiten essen. | |
| Danach meldete sich Amaniyys Vater nie wieder, nicht bei Yasmine, nicht bei | |
| Amaniyy. Wenn sie etwas mit ihrem Ex besprechen musste – und das musste sie | |
| oft, schließlich hatte er das Familienbuch –, versuchte Yasmine es über die | |
| Familie. Einmal, erzählt Yasmine, schickte sie Amaniyys Vater ein Formular | |
| per Post. Sie brauchte seine Unterschrift, damit Amaniyy eine Schule würde | |
| besuchen können. | |
| Ein paar Tage später lag ein Umschlag in Yasmines Briefkasten. „Nächste | |
| Störung: Polizei“, stand darauf. Im Umschlag lag das Formular, in kleine | |
| Stücke zerrissen. „Ich machte mir Sorgen um die Zukunft meines Sohnes, ich | |
| war enttäuscht und frustriert“, sagt Yasmine. „Weil ich für alles die | |
| Unterschrift des Vaters brauchte.“ | |
| Lange lebten Yasmine und Amaniyy sogar in derselben Nachbarschaft wie ihr | |
| Ex-Mann. Einmal, sagt Yasmine, saß sie mit ihrem kleinen Sohn im Auto, sie | |
| warteten an einer Ampel. Im Auto auf der Spur neben ihnen stand ein anderes | |
| Auto. Und darin saß Amaniyys Papa, mit zwei anderen Kindern. „Sind das | |
| meine Geschwister?“, hat Amaniyy gefragt. Ohne zu zögern sagte sie ihm die | |
| Wahrheit. | |
| „Am schlimmsten ist, dass er nie präsent war, aber es auf eine Art doch | |
| immer noch ist – weil ich ständig seine Unterschrift brauche“, sagt | |
| Yasmine. Ihre Augen gucken traurig, sie lächelt ein schmales Lächeln, | |
| während sie das sagt. | |
| In Kreisen, in denen Frauen wie Yasmine sich bewegen, werden diese | |
| allermeist nicht von ihrer Familie oder dem werdenden Vater verstoßen, wenn | |
| sie außerhalb einer Ehe schwanger werden. Sie gehören zu dem Teil der | |
| marokkanischen Gesellschaft, der ein weitgehend freies Leben führt. Und | |
| trotzdem leiden auch diese Frauen immer wieder unter den Regelungen des | |
| bestehenden marokkanischen Familiengesetzes. | |
| Frauen, die studieren, die sich kleiden, wie sie möchten, die auf | |
| Demonstrationen gehen und dort zum Beispiel gegen Paragraf 490 des | |
| Strafgesetzbuches protestieren. Oder dafür, dass endlich das | |
| Familiengesetz, die Moudawana, reformiert wird. Dass Frauen wie Yasmine und | |
| Fatiha keinen Anwalt mehr brauchen, um ihre Söhne zur Schule schicken. Dass | |
| Väter zu Unterhalt verpflichtet sind, damit weder die Mutter noch das Kind | |
| in die Armut abrutscht. | |
| Und nun will König Mohammed VI. die Moudawana tatsächlich erneuern. | |
| „Marokkos Fortschritt hängt von der gesellschaftlichen Stellung der Frau | |
| ab“, heißt es in einer seiner Reden. Er gilt als teilweise liberal, will | |
| das Land modernisieren, Armut bekämpfen und Bildung fördern (siehe Kasten). | |
| König Mohammed VI. trat sein Amt im Jahr 1999 an, nachdem sein Vater | |
| gestorben war. | |
| Fünf Jahre später, im Jahr 2004, ließ er die Moudawana zum ersten Mal | |
| grundlegend reformieren. Die Ehe ist seither als „rechtlicher Vertrag, | |
| durch den ein Mann und eine Frau zustimmen, sich zu vereinen, um ein | |
| gemeinsames und dauerhaftes Eheleben zu führen“, neu definiert. Sie ist | |
| also nicht mehr nur dafür da, Kinder zu kriegen. | |
| Frauen und Männer dürfen nun erst mit 18 statt mit 15 Jahren heiraten. Die | |
| Voraussetzungen für Zweitehen, wie Fatiha sie eingehen wollte, sind so | |
| streng, dass nur wenige Männer noch mehrere Frauen heiraten. Frauen können | |
| sich leichter scheiden lassen, wenn ihr Mann sie misshandelt. | |
| Es war nicht das erste Mal, dass das Gesetzeswerk, die Moudawana, | |
| überarbeitet wurde. Aber zum ersten Mal saßen auch Frauen in der | |
| Kommission. Auch bei der neuen Reform wirken verschiedene | |
| Frauenrechtsorganisationen mit, sie werden von Regierungsvertretern | |
| angehört. Die Frauen setzen sich dafür ein, dass alleinerziehende Frauen | |
| auch allein für ihre Kinder sorgen, sie etwa bei Schulen oder Ärzten | |
| anmelden können. | |
| Es geht ihnen aber auch um andere Themen. Zum Beispiel fordern sie, dass | |
| minderjährige Frauen nicht mehr verheiratet werden dürfen und dass Frauen | |
| ein gleiches Recht auf Erbe bekommen. Bislang werden Männer bei Erbschaften | |
| bevorzugt. | |
| Auf Instagram posten Aktivistinnen fast täglich Zahlen, bis der Entwurf der | |
| „Moudawana 2.0“ endlich da ist. Sechs Monate hat der König der zuständigen | |
| Kommission gegeben, um einen Gesetzesentwurf vorzulegen, nun soll es so | |
| weit sein. | |
| Yasmine kann es kaum abwarten, bis die Reform kommt. Endlich keine Kämpfe | |
| mehr, mit Richtern, mit Schulleitern, mit ihrem Ex. | |
| Fatiha spricht mit kaum jemandem außer ihrem Sohn, sie liest keine | |
| Zeitungen und nutzt kein Social Media. Sie weiß nichts über die Reform, die | |
| das Leben ihres Sohnes verändern könnte. Und ihr eigenes Leben. Noch nicht. | |
| Dieser Text wurde durch ein Recherchestipendium des Goethe-Instituts Kairo | |
| mitfinanziert. | |
| 29 Mar 2024 | |
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| Celine Schäfer | |
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