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# taz.de -- Geheimtreffen der AfD mit Neonazis: Was tun gegen die Faschisten?
> Nach den Enthüllungen des Recherchenetzwerks „Correctiv“ stellt sich die
> Frage: Was hilft gegen die AfD? Noch mehr Empörung ist es nicht.
Bild: Nur Empörung reicht leider nicht, Anti-AfD-Proteste 2023
„Jetzt AfD“, steht auf Plakaten an den Straßenlaternen Berlins. Mehr nicht.
Hier hat jemand kein Wort zu viel zu verlieren, so klingt das. Es ist
Wahlkampf in Berlin, mal wieder. Ein Dienstagnachmittag vor einer Schule,
einen Tag bevor das Recherchenetzwerk Correctiv den [1][sogenannten
Geheimplan der AfD] veröffentlicht. Drei Mädchen sind auf dem Weg zum Bus,
eine von ihnen zeigt auf das Wahlplakat der AfD: „Wenn die gewinnen“, sagt
sie, „musst du nach Marokko. Und ich in die Türkei.“
Die Mädchen wissen: Es ist kein Geheimplan, den die AfD verfolgt. Es ist
alles bekannt. Taten statt Worte, das ist das alte Motto der
Rechtsextremen. Und das scheint auch das Motto der AfD zu sein. Wenn jedes
Schulkind mit Migrationsgeschichte in Berlin weiß, was die AfD will,
warum ist dann die Aufregung über diese neue Recherche so groß?
Ich ertappe mich dabei, [2][die Recherche der KollegInnen] vor allem als
ziemlich gut verkauft zu betrachten. Die pixeligen Bilder der versteckten
Kameras machen neugierig, nächste Woche gibt es das Ganze als szenische
Lesung am Berliner Ensemble, Restkarten an der Abendkasse. Journalismus und
Aktionskunst gehen Hand in Hand.
Nun mag man mir vorwerfen, dass es falsch ist, die Recherche und die
Reaktionen einer Stilkritik zu unterwerfen und die Gefahr, die durch die
AfD droht, herunterzuspielen. Denn ein Tag, an dem solche
Veröffentlichungen keinerlei Reaktion verursachten, wäre gruselig. Aber
immer nur noch mehr Empörung, das kann es auch nicht sein.
Was ist schlimmer: die folgenlose Empörung, die sich nun allerorts
ausbreitet über die Pläne der Rechten, massenhaft Menschen zu deportieren,
oder meine abgeklärte Resignation? Letztlich zeigt sich darin wieder einmal
die Hilflosigkeit im Umgang mit der AfD. Die Stimmenanteile der AfD nehmen
laut Umfragen trotz oder wegen jedes neuen Skandals zu. Und niemand scheint
zu wissen, was noch hilft.
## Es hat sich etwas verschoben
Selbst die Wannseekonferenz wird nun hervorgeholt. Wenn sich ein paar
Rechtsextreme in einer Villa bei Potsdam treffen, ist das naheliegend. Aber
haben wir nicht vor drei Wochen noch über die Singularität des Holocausts
gestritten? Solche Vergleiche freuen vermutlich vor allem die neuen Nazis,
die sich dort trafen. Schreibt es ihnen doch eine Handlungsmacht zu, die
sie nicht haben. Als wären ein pensionierter Zahnarzt, ein
Fastfoodinvestor, ein Neonazi aus einer Splittergruppe und ein
AfD-Fraktionsvorsitzender aus Sachsen-Anhalt vergleichbar mit ihren
Vorbildern im Jahr 1942.
Es ist nicht 1942. Aber es hat sich etwas verschoben. Man konnte das
beobachten, als Bauern, Rechtsextreme und rechtsextreme Bauern [3][die
Fähre stürmen wollten], auf der Robert Habeck aus dem Urlaub zurückkam.
Wobei gar nicht die Protestform das Schlimmste war, sondern der politische
Hintergrund der Demonstranten und die Reaktionen darauf: Friedrich Merz,
der wissen ließ, Habeck solle sich mal nicht so haben, und der
Chefredakteur des selbst ernannten bürgerlichen Teils der Springer-Medien,
der nahelegte, Helmut Kohl hätte halt zurückgehauen. Auf das deutsche
Bürgertum kann man sich im Zweifel offenbar auch nach dem rechtsextremen
Mord am CDU-Politiker Walter Lübcke nicht verlassen.
Was tun, außer Empörung? Ich würde mir wünschen, dass die demokratische
Mehrheit auf neue Enthüllungen über die AfD endlich anders reagiert. Dass
sie cool bleibt und nüchtern und endlich handelt: Es braucht
antifaschistische Selbstorganisation, eine Machtdemonstration der
Zivilgesellschaft wie bei Unteilbar, es braucht linke Politik als echte
Alternative zur Tristesse der Ampel. Und zusätzlich, aber bloß nicht nur:
endlich ein Verbotsverfahren gegen die AfD.
14 Jan 2024
## LINKS
[1] /Geheimtreffen-mit-Rechtsextremen/!5984871
[2] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigrati…
[3] /Podcast-Bundestalk/!5985042
## AUTOREN
Kersten Augustin
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