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# taz.de -- Klimawandel und das aktuelle Hochwasser: Vom Himmel hoch, da kommt …
> Aufgeweichte Deiche, überflutete Straßen und wegschwimmende Autos sind
> die neue Normalität. Wie Dürre und Waldbrände. Warum begreift das
> niemand?
Bild: Wohnhäuser an einer überfluteten Straße in Lilienthal, Niedersachsen, …
Seit ich vor 30 Jahren meine Familie um die Sektion Göttingen erweitert
habe, frage ich mich: Was bedeutet eigentlich das „Nieder“ in
Niedersachsen? Jetzt habe ich die Antwort: [1][Niedersachsen ist das
Sachsen, wo die Keller volllaufen] und die Sandsäcke gefüllt werden, wenn
es mal ein paar Tage am Stück regnet. Und nicht nur die Keller: Talsperren
saufen ab, Flüsse erwachen und verlassen ihr Bett, Deiche durchweichen,
Überflutungsgebiete machen ihrem Namen alle Ehre, die Feuerwehr wird zur
Wasserwehr. Im Harz und im Auenland entlang von Leine, Weser und all der
Flüsse, deren Namen man plötzlich kennenlernt, entstehen [2][neue
Feuchtgebiete] und Pop-up-Moore.
Alles schlimm genug. Menschen müssen gerettet werden, die Schäden an
Straßen, Brücken und auf Feldern sind groß. Aber erstaunlich ist, wie
erstaunt die Menschen sind. Wie laut die Ursachen für diese Katastrophe
verschwiegen und ignoriert werden. Und wie wenig wir alle realisieren, dass
das keine Ausnahme mehr ist. Sondern Teil eines neuen Normalzustands. Wir
nennen es Klimakrise.
Sicher, [3][noch gibt es keine Modellrechnungen], um wieviel
wahrscheinlicher die Erderhitzung die großflächigen und ergiebigen
Regenfälle rund um Weihnachten in Norddeutschland gemacht hat. Aber klar
ist: Sie passen genau ins Muster, sie entsprechen allen Vorhersagen und
erfüllen mit schöner naturwissenschaftlicher Konsequenz, was Politik und
Wirtschaft immer gern wegrechnen, ignorieren oder mit „technologieoffen“
Hoffnungen zukleistern.
Auf den Websites der niedersächsischen Regierung stehen all die Gutachten,
in den Archiven der Medien finden sich die Berichte über die einschlägigen
Reports – und in allen Klimaprojektionen zu Deutschland im Klimawandel
steht es auch: Wärmere Atmosphäre bedeutet mehr Feuchtigkeit in der Luft,
die Winter werden wärmer und nasser, mehr Extremwetter wie Starkregen und
Dürre stehen ins Haus. Oder besser: Sie stehen schon kniehoch im Haus,
nämlich im Keller.
## Vornehme Zurückhaltung
Dann kommt es genau so wie seit Jahren vorhergesagt, und: Ministerpräsident
Stephan Weil spricht von „Naturkatastrophe“. Tja, da kann man dann wohl
nichts machen, oder? Und überall in den Medien sehe ich: lange Berichte
über die Wassermassen, die Maßnahmen, die Hilfsbereitschaft.
Kaum etwas zu möglichen Ursachen. Vornehme publizistische Zurückhaltung,
die wir sonst gar nicht kennen: Wenn an Silvester irgendwo in Neukölln eine
Mülltonne brennt, wird großflächig über verfehlte Migrationspolitik
debattiert; wenn die Börse mal schwächelt, wird schnell nicht mit Aktien,
sondern Vermutungen spekuliert. Nichts tut das politische Berlin lieber,
als faktenarm über Motivation und Entscheidungen von Regierung und
Opposition zu schwadronieren. Aber ein faktenbasierter Hintergrund dazu,
was und warum da jetzt so alles vom Himmel hoch runterkommt – und dass das
keineswegs eine Naturkatastrophe ist? Eher nicht.
Denn das hieße ja: Anerkennen, dass wir bereits mitten in der Klimakrise
leben. Dass es um Future geht, auch von Saturday bis Thursday. Oder dass
eine Regierung in Stadt, Land, Fluss vielleicht sogar – verwegener Gedanke
– den Klimanotstand nicht nur erklärt, sondern auch entschlossen bekämpfen
müsste.
## Wenigstens die Mützen stimmen
Für eine solche Zeitenwende wäre es aber eben nicht genug, im Sommer im
Bundeskabinett eine Strategie zur Klimaanpassung zu verabschieden – sondern
dieses Denken müsste sich überall breitmachen, nicht nur bei Öko-Steffi.
Sondern [4][auch bei Bau-Klara], [5][Verkehrs-Volker] und vor allem bei
Finanz-Chrissie. Aber bis dahin wird noch viel Wasser die Leine herunter
durch die Innenstädte fließen.
Vielleicht sind wir aber mal wieder viel weiter als diese Menschen an den
Schleusentoren der Macht: Auf dem Weihnachtsmarkt in Göttingen jedenfalls
laufen mir zwei Menschen mit grünen Mützen über den Weg. Drauf steht nicht
wie sonst „Schietwetter“ – sondern „Schietklima“. Na bitte. Geht doch.
28 Dec 2023
## LINKS
[1] /Hochwasser-in-Niedersachsen/!5979386
[2] /Schwaches-EU-Renaturierungsgesetz/!5972203
[3] /Klimawandel-und-Wetter/!5953602
[4] /Bauministerkonferenz-2023/!5975214
[5] /Klimaschaedliche-Subventionen/!5974214
## AUTOREN
Bernhard Pötter
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