| # taz.de -- Bilanz der Silvesternacht in Berlin: Weniger Randale, mehr Festnahm… | |
| > Rettungs- und Sicherheitskräfte ziehen eine überwiegend positive Bilanz | |
| > der Silvesternacht. Die Grünen erneuern die Forderung nach einem | |
| > Böllerverbot. | |
| Bild: Nordneukölln erlebte einen massiven Polizeieinsatz wie sonst höchstens … | |
| Berlin taz | Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zeigte sich am | |
| Morgen nach der Silvesternacht zufrieden. Die „monatelangen Vorbereitungen | |
| von Berliner Feuerwehr, Polizei Berlin und meinem Haus in Sachen Prävention | |
| und konsequenter Intervention“ seien aufgegangen, lobte sich Spranger am | |
| Montag auch selbst. | |
| Tatsächlich ging der Jahreswechsel für Polizei und Feuerwehr | |
| vergleichsweise glimpflich über die Bühne, auf jeden Fall weniger | |
| gewalttätig als vor einem Jahr. Ein Sprecher der Feuerwehr bilanzierte | |
| sogar ein „normales Silvester“. Insgesamt 30 Übergriffe auf Einsatzkräfte | |
| und Fahrzeuge der Feuerwehr seien registriert worden, niemand sei dabei | |
| verletzt worden, hieß es am Neujahrsmorgen. Im Vorjahr hatte es [1][fast 70 | |
| Übergriffe] gegeben, 15 Helfer:innen wurden damals verletzt. | |
| Ähnlich das Bild bei der Polizei. Nach Angaben der Innenverwaltung wurden | |
| in der Nacht 54 verletzte Polizist:innen gezählt, davon 34 im Rahmen | |
| des gesonderten Schutzeinsatzes für die Feuerwehr. Auch das war weniger als | |
| im Vorjahr, zeugt aber auch nicht unbedingt von einer friedlichen Nacht. | |
| Berlinweit kam es laut Polizei weniger, aber eben doch immer wieder zu | |
| Randale. Am Neptunbrunnen in Mitte etwa – unweit der Böllerverbotszone am | |
| Alexanderplatz – beschossen sich rund 500 Personen gegenseitig mit Raketen. | |
| Wie überhaupt in vielen Ortsteilen Raketen quer durch die Gegend und auf | |
| Busse abgefeuert wurden und aus Schreckschusspistolen geballert wurde. In | |
| der Gropiusstadt in Südneukölln wurde nach Polizeiangaben ein Einsatzwagen | |
| mit einer Kugelbombe beschossen. Verletzt wurde niemand. | |
| ## Hochsicherheitszone Nordneukölln | |
| Der eigentliche Blick der Öffentlichkeit richtete sich freilich auf | |
| Nordneukölln, wo es im vergangenen Jahr heftig gekracht hatte. Diesmal | |
| glich die Sonnenallee schon ab dem Nachmittag einer Hochsicherheitszone. Ab | |
| dem Hermannplatz war die Straße über eine Länge von etwa 600 Meter mit | |
| Gittern abgesperrt. Mehrere Buslinien waren eingestellt. | |
| In dem zur Böllerverbotszone deklarierten Bereich, einem von drei in | |
| Berlin, hatte die Polizei Dutzende Mannschaftswagen und mobiles Flutlicht | |
| postiert. Passant:innen wurden von Polizist:innen auf | |
| Feuerwerkskörper abgetastet, ab dem späten Abend war gar kein Durchkommen | |
| mehr. | |
| Kurz vor und nach Mitternacht zerstreuten Eingreiftruppen am östlichen Rand | |
| des abgesperrten Bereichs [2][kleine Ansammlungen von | |
| Demonstrant:innen], die immer wieder „Free, free Palestine“ riefen. Die | |
| ursprünglich angezeigte Demonstration hatte die Versammlungsbehörde | |
| untersagt. So wurden dann auch Platzverweise erteilt, vereinzelt wurden | |
| auch Menschen abgeführt. | |
| Der Hermannplatz dagegen war auch kurz nach 0 Uhr wie ausgestorben. Hier | |
| standen sich sächsische Polizist:innen in voller Montur die Beine in | |
| den Bauch. Die große Knallerei entlud sich in den Seitenstraßen. Eine | |
| direkte Konfrontation mit den Polizist:innen in der Verbotszone blieb | |
| aus. | |
| ## Mammutaufgebot an Polizist:innen | |
| Nicht nur in Neukölln, im gesamten Stadtgebiet war die Polizei letztlich | |
| [3][mit einem Mammutaufgebot] präsent. Über 4.000 Polizist:innen aus | |
| Berlin und anderen Bundesländern sowie des Bundes waren im Einsatz. Mit am | |
| Ende des Tages fast 400 Festnahmen wurde wesentlich härter durchgegriffen | |
| als zum Jahreswechsel 2022/2023. | |
| Schon im Vorfeld der diesjährigen Silvesternacht hatten sich Teile der | |
| schwarz-roten Koalition dabei für die ganz harte Tour ausgesprochen. So | |
| kündigte Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) am frühen | |
| Sonntagabend bei einem Besuch einer Polizeiwache in Neukölln an, dass diese | |
| Nacht „wenn's denn notwendig ist, die Nacht der Repression“ werde. | |
| Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, hatte vor | |
| wenigen Tagen noch [4][eine Hardliner-Schippe draufgelegt]. Seine | |
| Forderung: Bei „Pyroexzessen, Angriffen und Gefährdungen von | |
| Einsatzkräften, Unbeteiligten oder Eigentum“ solle sich die Polizei nicht | |
| scheuen, auch Schlagstöcke und Reizgas einzusetzen. | |
| Niklas Schrader, der Innenexperte der Linksfraktion, kritisiert Forderungen | |
| dieser Art als komplett inakzeptabel. „Wer kurz vor dem Jahreswechsel noch | |
| mit Knüppel-aus-dem-Sack-Rhetorik Öl ins Feuer gießt und gleichzeitig bei | |
| Jugend- und Sozialarbeit den Rotstift ansetzt, handelt verantwortungslos“, | |
| sagte Schrader am Montag. Auch wenn diese Silvesternacht ruhiger verlaufen | |
| sei: „Die sozialen Spannungen werden bleiben, der Versuch, diese mit | |
| Repression zu unterdrücken, wird scheitern“, so Schrader. | |
| ## Dramatische Amputationsverletzungen | |
| Die Grünen erneuerten unterdessen ihre Forderung nach einem generellen | |
| Verbot der privaten Böllerei. Viele Berliner:innen trauten sich wegen | |
| der Knallerei an Silvester schon nicht mehr vor die Tür, sagte Vasili | |
| Franco, der innenpolitische Sprecher der Grünen. Sprengstoff gehöre | |
| schlicht „nicht in die Hände böllerwütiger alkoholisierter Männer und | |
| Jugendlicher, auch das ließ sich an Silvester wieder an vielen Ecken in der | |
| Stadt beobachten“. | |
| Und später dann auch in den Krankenhäusern: Allein im Unfallkrankenhaus | |
| Berlin (UKB) mussten wegen Sprengstoffverletzungen 27 Menschen behandelt | |
| werden. Das UKB sprach am Neujahrsmorgen von zum Teil „dramatischen | |
| Amputationsverletzungen“, Sprengverletzungen an den Händen und im Gesicht, | |
| schweren Augenverletzungen und Brandwunden. | |
| 1 Jan 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
| Erik Peter | |
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