| # taz.de -- Hamburgs neues Klimaschutzgesetz: 1,5-Grad-Ziel adé | |
| > Der rot-grüne Senat will den neuen Klimaplan überarbeiten, um das Pariser | |
| > Klimaziel zu erreichen. Nun ergab eine Anhörung: Das wird nicht | |
| > ausreichen. | |
| Bild: So kann's gehen: DHL hat in Hamburg ihre bundesweit erste klimaneutrale P… | |
| Hamburg taz | Auch mit der zweiten Fortschreibung seines Klimaplans wird | |
| Hamburg das Ziel, die Erdatmosphäre um maximal 1,5 Grad zu erwärmen, | |
| verfehlen. Wie eine Anhörung der Bürgerschaft zu der anstehenden | |
| Überarbeitung ergeben hat, wäre damit allenfalls eine Begrenzung auf 1,75 | |
| Grad zu erreichen – und auch das nur mit 67-prozentiger Wahrscheinlichkeit. | |
| Das Ziel ergibt sich aus dem [1][Pariser Klimaschutzabkommen von 2015], in | |
| dem sich 195 Staaten verpflichtet haben, den Anstieg der globalen | |
| Durchschnittstemperatur auf deutlich unter zwei Grad Celsius über dem | |
| vorindustriellen Niveau zu begrenzen und einen Anstieg von weniger als 1,5 | |
| Grad anzustreben. | |
| Mit der Fortschreibung des Klimaplans will der rot-grüne Senat den Ausstoß | |
| des Klimagases CO2 schneller und stärker verringern als bisher vorgesehen. | |
| „Die Novelle ist eine deutliche Verbesserung zum alten Gesetz“, sagte Mark | |
| Roach von der Umweltorganisation am Donnerstag bei der Anhörung des | |
| Wirtschafts- und des Umweltausschusses. Das reiche aber nicht aus. | |
| Roach verwies auf einen [2][Beschluss des Bundesverfassungsgerichts], mit | |
| dem es im März 2021 Teile des deutschen Klimaschutzgesetzes verworfen | |
| hatte, denn damit [3][werde das Deutschland zustehende Restbudget an | |
| CO2-Emissionen überschritten]. Diese vom Internationalen Klimawandelbeirat | |
| (IPPC) ermittelten Restbudgets hat German Zero auf die Hamburger | |
| Bevölkerung heruntergerechnet. | |
| ## Budget schon 2025 gerissen | |
| Das erste Budget, mit dem sich die 1,5 Grad mit 67-prozentiger | |
| Wahrscheinlichkeit einhalten ließen, würde Hamburg 44,6 Millionen Tonnen | |
| erlauben. Das zweite Budget, mit dem diese Grenze nur mit 50-prozentiger | |
| Wahrscheinlichkeit eingehalten würde, beträgt 69,5 Tonnen. Diese beiden | |
| Ziele würden nach dem Senatvorlage schon 2025 und 2028 gerissen. Nur das | |
| Ziel 1,75 Grad mit 67-prozentiger Wahrscheinlichkeit könnte gehalten | |
| werden. „Will das die Hamburger Bevölkerung?“, fragte Roach. | |
| Weder von der Senatsbank – Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) und | |
| Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) – noch von den eingeladenen | |
| Experten kam Widerspruch. Im Gegenteil: Sowohl Kai Hünemorder vom Zentrum | |
| für Energie-, Wasser- und Umwelttechnik (Zewu), einer Umweltberatung für | |
| Betriebe, als auch Hans Schäfer, Professor an der Hamburger Hochschule für | |
| Angewandte Wissenschaft (HAW) und Mitglied des städtischen Klimabeirats, | |
| forderten ein höheres „Ambitionsniveau“ für den Klimaplan. | |
| Aus Sicht von German Zero kein Hexenwerk: „Mit etlichen entschiedenen | |
| zusätzlichen Maßnahmen wäre das 1,5-Grad-Ziel noch erreichbar“, sagte | |
| Roach. Er vermisst im Klimaplan den Ressourcenschutz bei Produktzyklen – | |
| von der Herstellung über die Haltbar- und Reparierbarkeit bis hin zum | |
| Recycling. | |
| Überdies schlug Roach vor, der Senat möge Klimaschutzverträge – [4][Carbon | |
| Contracts for Difference] – abschließen. Damit könnte ereinen bestimmten | |
| CO2-Preis garantieren, um zu verhindern, dass Unternehmen, die in | |
| Klimaschutz investieren, das Nachsehen im Wettbewerb haben. Sinkt der | |
| CO2-Preis unter das festgelegte Niveau, muss der Staat die Differenz | |
| erstatten. | |
| Matthias Sandrock vom Hamburg-Institut, das den Senat beim Klimaplan | |
| beraten hat, dämpfte allerdings die Erwartungen. „Für die Länder ist nicht | |
| viel übrig, was gesetzgeberisch getan werden kann“, sagte er. Vieles habe | |
| der Bund an sich gezogen. Hamburg könne mit eigenen Maßnahmen das | |
| 1,5-Grad-Ziel nicht erreichen, allein schon deshalb weil es Strom | |
| importiere. | |
| Verschiedene Experten wiesen darauf hin, dass der Klimaplan mehr | |
| Zwischenziele enthalten und das Monitoring verbessert werden müsste. | |
| Entscheidend für die Wirtschaft sei Planungssicherheit. | |
| Hans Schäfers vom Klimabeirat forderte eine Photovoltaik-Strategie. | |
| Bilanziell lasse sich der Hanmburg Strombedarf zu zwei Dritteln damit | |
| decken. Dazu müsse aber das Netz entsprechend ertüchtigt werden. Zudem | |
| brauche es eine Lösung dafür, [5][wie mit Fernwärme aus Müllverbrennung | |
| umzugehen sei]. Denn damit könne Hamburg nicht wirklich klimaneutral | |
| werden. | |
| ## Gebäudebestand ist entscheidender Hebel | |
| Beim Gebäudebestand – einem entscheidenen Hebel für den Klimaschutz – | |
| plädierte Petra Memmler vom Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen für | |
| „moderaten Wärmeschutz“. Es sei nicht sinnvoll, Gebäude immer stärker zu | |
| dämmen, ohne die Rahmenbedingungen zu beachten: die Wärmequelle, den | |
| Aufwand bei der Herstellung und Entsorgung der Dämmung sowie den | |
| Rebound-Effekt beim Nutzerverhalten. Auf die Kombination komme es an. | |
| [6][40 Milliarden Euro pro Jahr investiere die Wohnungswirtschaft] in | |
| energetische Sanierung, sagte Memmler. Seit [7][2015 sinke jedoch der | |
| durchschnittliche Heiznergieverbrauch pro Quadratmeter] nicht mehr. „Die | |
| Menschen konterkarieren das“, stellte Memmler fest. | |
| 6 Oct 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Die-Klimasabotage-der-Union/!5937181 | |
| [2] /Die-naechste-Klimaklage/!5832097 | |
| [3] https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2021/0… | |
| [4] https://www.ewi.uni-koeln.de/cms/wp-content/uploads/2021/11/Wann-lohnen-sic… | |
| [5] /Bremer-Enquete-Kommission-Klimaschutz/!5706445 | |
| [6] https://www.diw.de/de/diw_01.c.879519.de/publikationen/wochenberichte/2023_… | |
| [7] https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/384/bilder/dateie… | |
| ## AUTOREN | |
| Gernot Knödler | |
| ## TAGS | |
| CO2-Emissionen | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Bundesverfassungsgericht | |
| Hamburger Senat | |
| Hamburger Bürgerschaft | |
| Schwerpunkt Klimawandel | |
| Hamburg | |
| Rot-Grün Hamburg | |
| Hamburg | |
| Umweltbehörde Hamburg | |
| CO2-Emissionen | |
| Hamburg | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Hamburger Klimabeirat gibt Empfehlungen: „Wir brauchen einen Mitmachstrom“ | |
| Klimabeirat fordert Hamburg auf, in Politik, Planung und Praxis | |
| systematischer vorzugehen. Dazu gehört auch, keine Flächen mehr zu | |
| versiegeln. | |
| Solarpflicht auf öffentlichen Dächern: Hamburg macht Ernst | |
| Hamburgs SPD und Grüne beschließen die Novelle des Klimaschutzgesetzes. Für | |
| Überraschung sorgte ein Zusatzantrag zur Solaranlagen-Pflicht. | |
| Fridays for Future plant Volksinitiative: Hamburgs Klimagesetz Beine machen | |
| Die Hamburger Ortsgruppe von Fridays for Future will die Stadt zum | |
| schärferen Klimaschutz zwingen. Dafür soll ab Januar eine Volksinitiative | |
| starten. | |
| Hamburgs Klimaschutzgesetz: Beteiligung für die Tonne | |
| Anfang 2023 konnten Hamburger*innen Vorschläge für das | |
| Klimaschutzgesetz machen. Fast alle wurden ignoriert, sagt die Organisation | |
| German Zero. | |
| Hamburger Klimaschutz-Gesetz: Hamburg trippelt gen Klimaschutz | |
| Hamburg setzt sich neue ambitionierte Klimaziele. Dass die dafür | |
| vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, halten Umweltverbände für utopisch. | |
| Hamburg verschärft Klimaschutzgesetz: Mehr Weltrettung – aber nicht genug | |
| Der rot-grüne Hamburger Senat verschärft sein Klimaschutzgesetz. Die | |
| CO2-Emissionen sollen bis 2030 um 70 Prozent sinken. Senator für | |
| CO2-Speicherung. | |
| Hamburger Senat kauft CO2-Ausgleich: Nur Kosmetik | |
| Der rot-grüne Hamburger Senat hat Emissionzertifikate gekauft. Damit will | |
| er seinen Klimaplan einhalten. Strukturell ändert das nur begrenzt etwas. |