# taz.de -- Solarpflicht auf öffentlichen Dächern: Hamburg macht Ernst | |
> Hamburgs SPD und Grüne beschließen die Novelle des Klimaschutzgesetzes. | |
> Für Überraschung sorgte ein Zusatzantrag zur Solaranlagen-Pflicht. | |
Bild: Solardächer auf öffentlichen Gebäuden: Mancherorts gibt es das in Hamb… | |
HAMBURG taz | Auf den letzten Metern haben SPD und Grüne das Hamburger | |
Klimaschutzgesetz nochmals nachgeschärft – unmittelbar bevor das Gesetz am | |
Mittwoch durch die Bürgerschaft gehen sollte. Ein Zusatzantrag der beiden | |
Fraktionen sieht unter anderem eine Solardachpflicht für öffentliche | |
Gebäude vor. Eine solche Verpflichtung hatte es bislang nur für private | |
Neubauten gegeben. „Mit dem Zusatzantrag kommt der Senat nun endlich seiner | |
Vorbildrolle nach“, sagte SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf, bevor am | |
späten Mittwochnachmittag [1][die rot-grüne Mehrheit der Bürgerschaft für | |
das Klimagesetz] und den Zusatzantrag stimmte. | |
Dem Zusatzantrag zufolge soll bereits ab dem 1. Januar des kommenden Jahres | |
der Bau von Solaranlagen auf städtischen Gebäuden und bei Dachsanierungen | |
verpflichtend werden. „Auf allen öffentlichen Dächern – egal ob neu oder | |
alt – sollen künftig Solarmodule günstigen, grünen Solarstrom produzieren�… | |
sagt Dominik Lorenzen, Co-Fraktionschef der Grünen. | |
Neben der Solarpflicht für den öffentlichen Gebäudebestand umfasst der | |
Zusatzantrag noch weitere Forderungen, darunter die Beschaffung | |
CO2-neutraler Fahrzeuge für den öffentlichen Fuhrpark, regulatorische | |
Anpassungen an das Gebäudeenergiegesetz des Bundes – und eine | |
Klima-Roadshow als Kommunikationsmöglichkeit. | |
Mit dem Zusatzantrag reagiert Rot-Grün darauf, dass Hamburg Schlusslicht in | |
einem bundesweiten Vergleich ist: Erhebungen der Bundesnetzagentur hatten | |
gezeigt, dass kein anderes Bundesland sich beim Ausbau der erneuerbaren | |
Energien so schwertut wie Hamburg. | |
## Solaranlagen auf nur drei Prozent der Dächer | |
Vor allem der Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden kam in Hamburg in den | |
vergangenen Jahren nur schleppend voran, wie erst vor wenigen Wochen aus | |
einer Anfrage der CDU-Fraktion an den Senat hervorging. Bis Ende 2022 waren | |
demnach gerade einmal 31 von 1.142 Gebäuden mit Solaranlagen bebaut, das | |
entspricht knapp drei Prozent der städtischen Gebäudedächer. | |
Im gesamten Jahr 2022 sei keine einzige Solaranlage auf einem öffentlichen | |
Gebäude installiert worden, räumte der Senat ein. Dem Antrag zufolge werden | |
„sämtliche Behörden verpflichtet, den Bau von Photovoltaikanlagen | |
voranzutreiben“. Bis 2026 will der Senat einen Bericht vorgelegt haben, auf | |
welchen Dächern dieses Ziel umsetzbar ist – und wo das technisch nicht | |
möglich sein wird. | |
Nicht nur durch den Zusatzantrag, auch durch [2][die Novelle des nun | |
verabschiedeten Klimaschutzgesetzes] soll der Ausbau der Solarenergie in | |
Hamburg beschleunigt werden. Rund 2,5 Millionen Euro werde man für | |
Photovoltaik-Projekte etwa auf Schuldächern und der städtischen Sprinkenhof | |
GmbH bereitstellen, ergänzte der klimapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, | |
Alexander Mohrenberg. | |
Zudem werde man die vielen privaten und öffentlichen Photovoltaik-Projekte | |
in einer gemeinsamen Solarstrategie bündeln. Auf diese Weise könne man | |
Verzögerungen, die bislang wegen mangelnder Fachkräfte, rechtlicher | |
Unsicherheiten und Lieferengpässen aufgetreten waren, vermeiden. | |
## Anhaltende Kritik am Klimaschutzgesetz | |
Mit dem beschlossenen Klimaschutzgesetz verpflichtet sich die Stadt, den | |
CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 70 Prozent gegenüber 1990 zu verringern | |
und bis 2045 klimaneutral zu werden. | |
Weniger am Zusatzantrag, vor allem aber am Klimaschutzgesetz kommt Kritik | |
von der CDU-Fraktion: Das Gesetz würde für die Bevölkerung ohnehin schon | |
hohe Sanierungskosten nach sich ziehen, so der energiepolitische Sprecher | |
Stephan Gamm im Hinblick auf die Solaranlagenpflicht auf Privatdächern. | |
Zudem verlange der Senat mit der Solarpflicht von den Unternehmen Ziele, | |
die die Stadt mit ihren Bestandsgebäuden selbst verfehle. Während der | |
Solarausbau auf öffentlichen Gebäuden bislang nicht gesetzlich geregelt | |
war, müssen auf privaten Neubauten bereits seit diesem Jahr auf mindestens | |
30 Prozent der Dachflächen Solaranlagen installiert werden. | |
Auch kritisiert Gamm, dass über die Novelle zu spät abgestimmt wurde: „Ein | |
Gesetz fünfeinhalb Wochen vor Inkrafttreten zu beschließen, ist politisch | |
verantwortungslos.“ Die CDU fordert deshalb eine Übergangsfrist bis Juli | |
2024, ehe die im Gesetz angekündigten Maßnahmen wirksam werden. | |
Aber auch aus Sicht von Umweltgruppen gibt es Kritik – und vor allem | |
Zweifel daran, [3][dass die anvisierten Maßnahmen zum Erreichen der Pariser | |
Klimaziele überhaupt genügen.] Zwar sei es zu begrüßen, dass Hamburg nun | |
einige Ziele nachgeschärft hat, heißt es etwa von Fridays for Future. | |
Jedoch sei das neue Klimaschutzgesetz unzureichend, weil ein verbindlicher | |
Rahmen und konkrete Jahrespläne fehlen. „Denn Ziele sind nichts wert, wenn | |
die erforderlichen Maßnahmen, um diese zu erreichen, nicht umgesetzt | |
werden“, sagt Sabine Sommer, Vorsitzende des BUND Hamburg. | |
22 Nov 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Hamburgs-neues-Klimaschutzgesetz/!5964821 | |
[2] /Fridays-for-Future-plant-Volksinitiative/!5968426 | |
[3] /Hamburgs-Klimaschutzgesetz/!5967078 | |
## AUTOREN | |
Jonas Graeber | |
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