# taz.de -- Hamburger Klimaschutz-Gesetz: Hamburg trippelt gen Klimaschutz | |
> Hamburg setzt sich neue ambitionierte Klimaziele. Dass die dafür | |
> vorgesehenen Maßnahmen ausreichen, halten Umweltverbände für utopisch. | |
Bild: Dachbegrünung in Hamburg: Ob das schon für den Klimaschutz reicht? | |
HAMBURG taz | Es sind ambitionierte Ziele, die Hamburgs Umweltsenator Jens | |
Kerstan (Grüne) am Dienstag vorstellte: Mit der [1][Novellierung des | |
Hamburger Klimaschutzgesetzes] sollen die CO2-Emissionen bis 2030 um 70 | |
Prozent gegenüber 1990 sinken, 2045 soll Hamburg gar CO2-neutral sein. „Der | |
klimafreundliche Umbau der Stadt nimmt weiter zügig Fahrt auf“, sagte | |
Kerstan. Ob der vorgelegte Klimaplan, der die Maßnahmen zur Umsetzung der | |
Ziele auflistet, ausreicht, ist fraglich. Die Kritik jedenfalls kommt von | |
vielen Seiten. | |
Viele Einzelmaßnahmen sollen helfen, die Klimaziele zu erreichen. So wird | |
etwa ab dem kommenden Jahr erstmals auch für [2][Bestandsgebäude eine | |
Photovoltaik-Pflicht gelten]. Wer sein Dach in größerem Umfang sanieren | |
will oder reparieren muss, muss mindestens 30 Prozent der Fläche mit | |
Solaranlagen versehen. Die Dächer von Neu- wie von Altbauten sollen von | |
2027 sowohl begrünt als auch mit Solaranlagen bestückt werden. Wenn künftig | |
in größerem Umfang neue Parkplätze entstehen, müssen diese überdacht | |
werden, sodass dort ebenfalls Solarenergie erzeugt werden kann. | |
Zu den Maßnahmen, die bis 2030 am meisten CO2 einsparen sollen, gehört der | |
Kohleausstieg in der Fernwärme, den Kerstan auf einem guten Weg sieht. | |
Hinzu sollen 80 Prozent der Verkehrswege dann mit dem ÖPNV, Fahrrad oder zu | |
Fuß zurückgelegt werden. | |
Hinsichtlich des Gebäudesektors will Kerstan bis 2030 die jährliche | |
energetische Sanierungsrate von 1 auf 1,5 Prozent steigern. „Das sind die | |
drei großen Stellschrauben, an denen wir drehen können“, sagte er am | |
Dienstag. Zugleich machte er klar, dass die Hamburger Klimaziele nur | |
erreicht werden, wenn der Umbau der Energieversorgung auf Bundesebene | |
gelingt, sich also der Anteil erneuerbarer Energien bis Ende des Jahrzehnts | |
wie vorgesehen verdoppelt. | |
## Zwischenziele gibt es nicht | |
Malte Siegert, Vorsitzender des Nabu Hamburg, hält die Maßnahmen „in der | |
Summe kaum dazu geeignet, die Auswirkungen des Klimawandels abzumildern“. | |
An größere, wirksamere Maßnahmen habe sich der Hamburger Senat nicht | |
herangetraut: „Anstatt überhaupt noch neue KFZ-Parkmöglichkeiten zu | |
schaffen, sollten vor allem bestehende Parkplätze etwa von Supermärkten | |
oder schlecht genutzten Hafenflächen mit einer Photovoltaik-Pflicht | |
versehen werden“, sagt Siegert. Und der natürliche Klimaschutz, etwa durch | |
Renaturierung von Gewässern, Wäldern und Mooren, komme im Klimaschutzgesetz | |
viel zu kurz. | |
Ähnlich kritisch ist der Umweltverband BUND. Auch er hält die Maßnahmen für | |
nicht weitreichend genug. Es sei utopisch zu glauben, dass damit die | |
anvisierten Ziele erreicht werden, so die Vorsitzende des BUND Hamburg, | |
Sabine Sommer. Besonders vermisst Sommer eine Festlegung von | |
Zwischenzielen. Es müsse jährlich überprüft werden, ob Hamburg mit den | |
Maßnahmen den CO2-Reduktionszielen konsequent näherkommt. | |
Tatsächlich hat Hamburg schon jetzt ein Problem mit der Datenlage: Obwohl | |
das Jahr 2023 weit fortgeschritten ist, liegen noch immer erst die Zahlen | |
zu den CO2-Emissionen für 2021 vor. Bringen Maßnahmen nicht den gewünschten | |
Effekt, wird das also erst mit Verzögerung bekannt. Angesichts der kurzen | |
Zeit bis zum 70-Prozent-Ziel ist kaum noch Zeit, um umzusteuern. | |
Auch die Opposition in der Bürgerschaft zeigt sich wenig beeindruckt von | |
den Plänen des Umweltsenators. Stephan Jersch, umweltpolitischer Sprecher | |
der Linksfraktion, bemängelt, dass für die anvisierten Ziele bislang keine | |
adäquaten finanziellen Mittel bereitgestellt werden. „So muss den Menschen | |
auch die Angst vor finanziellen Belastungen genommen werden“, sagt Jersch. | |
## Umweltsenator hält die Maßnahmen selbst für unzureichend | |
Auch glaubt die Linksfraktion nicht, dass der rot-grüne Senat eine | |
grundlegende Verkehrswende weg vom Autoverkehr betreiben werde. Die | |
CDU-Fraktion sieht jegliche Auflagen für die Wirtschaft und die | |
Bürger:innen als Bedrohung. | |
Dass die Kritik an den Maßnahmen groß ist, überrascht Kerstan nicht. Er | |
hält sie selbst nicht für ausreichend: „Das ist nicht alles, was | |
klimapolitisch nötig ist.“ Mehr sei jedoch angesichts starker Widerstände | |
beim Klimaschutz für den Senat nicht möglich gewesen. Wohl auch deshalb | |
will Hamburg Maßnahmen zur [3][Anpassung an das Klima] verstärken. Da sich | |
diese Aufgabe durch bereits spürbare Folgen des Klimawandels stark | |
vergrößert habe, will Kerstan noch in diesem Jahr ein „Extra-Paket | |
schnüren“. | |
Bis dahin soll auch die Bürgerschaft das vom Senat beschlossene neue | |
Klimaschutzgesetz samt Klimaplan beschlossen haben, sodass es ab dem 1. | |
Januar 2024 gilt. | |
29 Aug 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Umweltverbaende-kritisieren-Klimagesetz/!5920461 | |
[2] /Hamburg-verschaerft-Klimaschutzgesetz/!5912629 | |
[3] /Wassermanagement-in-der-Stadt/!5905389 | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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