# taz.de -- Scan Cars in Hamburg: Mehr Scan, mehr Geld | |
> Hamburg möchte mit „Scan Cars“ Falschparkende überführen. Davon erhofft | |
> sich die Stadt mehr Einnahme, doch die Datenschutzbehörde hat Vorbehalte. | |
Bild: Ordnungsgemäß oder nicht: noch läuft die Parkplatzkontrolle in Hamburg… | |
Hamburg taz | Es gibt sie in Brüssel, Amsterdam und Warschau. Sogenannte | |
Scan Cars, Autos mit Kamerasystemen auf dem Dach, kreuzen durch die Stadt | |
und [1][erfassen parkende Autos in ihrer Umgebung.] Dazu scannen sie deren | |
Kennzeichen und gleichen diese mit einer Datenbank ab, in der die | |
Parkberechtigungen gespeichert sind. Niemand muss mehr zeitaufwendig von | |
Auto zu Auto gehen, keine Missverständnisse wegen verrutschter Parkscheine. | |
So oder so ähnlich könnte es auch im kommenden Jahr in Hamburg zugehen, | |
zumindest, wenn es nach den Plänen des Landesbetriebs Verkehr geht, der | |
sich für einen Einsatz dieser digitalen Kontrollsysteme ausspricht. | |
Die Gleichung lautet: mehr Kontrollen in kürzerer Zeit erlauben eine | |
konsequentere Ahndung von unzulässigem Parken – und das wiederum soll | |
mittelfristig für schneller frei werdende Parkplätze sorgen. Der | |
Landesbetrieb für Verkehr (LBV), eingegliedert in der [2][Behörde für | |
Verkehr und Mobilitätswende und zuständig für das Parkraummanagement der | |
Stadt], erhofft sich in der Folge weniger Parksuchverkehr. In deutschen | |
Städten beträgt dessen Anteil laut Deutscher Umwelthilfe 30 bis 40 Prozent | |
des gesamten innerstädtischen Verkehrs. | |
Außerdem würde das Personal des LBV entlastet: Die rund 150 | |
Kontrolleurinnen und Kontrolleure Hamburgs müssten nicht mehr zu Fuß durch | |
die Stadt patrouillieren, neuen Bedarf gäbe dann am Steuer der Kamerawägen. | |
„Das heutige Personal wird weiterhin für das Parkraummanagement benötigt“, | |
sagt Pauline Schröder, die Pressesprecherin des LBV. | |
## Auch der ADAC zeigt sich offen | |
Nicht nur die Behörde selbst kann der Idee der Scan Cars etwas abgewinnen: | |
Janna Schulte vom Landesverband Nord des Verkehrsclub Deutschlands (VCD) | |
erhofft sich freiere Gehwege: „Wir sehen den größten Vorteil darin, dass | |
die Mitarbeitenden, die jetzt insgesamt das Bewohnerparken kontrollieren, | |
sich dann das Falschparken anschauen, also beispielsweise Leute, die vor | |
abgesenkten Bordsteinen parken und der Weg dann nicht mehr barrierefrei | |
ist“, sagt sie der taz. | |
Auch beim ADAC kann man sich für die digitalisierte Kontrolle erwärmen, | |
sieht aber noch Klärungsbedarf. „Die Idee klingt gut, aber es braucht | |
gesetzliche Grundlagen“, sagt Christian Hieff vom ADAC Regionalclub Hansa. | |
Erforderlich ist eine Erlaubnis für Fotos von Kennzeichen im öffentlichen | |
Raum, denn bisher sieht das Bundesverkehrsrecht eine solche Möglichkeit | |
nicht vor – das Vorhaben bewegt sich datenschutzrechtlich noch im | |
Halteverbot. Außerdem müssen die Parkautomaten so eingerichtet werden, dass | |
die Parkenden ihre Autokennzeichen eingeben können. Erst so ist der spätere | |
Abgleich mit einer Datenbank möglich. | |
Bedenken gegenüber den Scan Cars hat die Datenschutzbehörde der Stadt | |
Hamburg: „Wichtig ist, dass Nichttrefferfälle sofort wieder gelöscht werden | |
und die Erfassungen nicht über eine Digitalisierung der händischen | |
Verkehrsraumkontrolle hinausgehen“, schreibt Martina Coi, die Sprecherin | |
des Datenschutzbeauftragten auf Anfrage der taz. Laut Auskunft des LBV ist | |
die Löschung im Hamburger Gesetzesentwurf bereits festgeschrieben. | |
## In Amsterdam kommt viel Geld in die Stadtkasse | |
Coi fordert außerdem, dass bei der Erfassung nicht andere Personen wie | |
Radfahrer oder Passanten aufgenommen werden. Letzten Endes sei es eine | |
Abwägungsfrage: „Werden die Daten der Fahrzeuge unabhängig von einem | |
konkreten Verdacht erfasst, werden ihre Halter quasi unter einen | |
Generalverdacht gestellt“, schreibt sie. Durch das Abscannen aller [3][am | |
Fahrbahnrand stehender Fahrzeuge] würden auch völlig korrekt parkende | |
Verkehrsteilnehmer erfasst – „und dies nur, um relativ wenige | |
Verkehrssünder zu ermitteln“. | |
Unterstützung für die Hamburger Initiative kommt aus Berlin, wo 2021 im | |
Grunewald Scan-Fahrzeuge erprobt wurden. Jascha Sallmann vom Bezirksamt | |
Mitte Berlin bescheinigt diesen „sehr gute Ergebnisse“. Nicht zuletzt aus | |
ökonomischer Sicht sind die Scan Cars für die Kommunen vielversprechend: in | |
Amsterdam, wo 14 Scan-Fahrzeuge 160.000 Parkplätze kontrollieren, sind laut | |
der Betreiberfirma Egis innerhalb von neun Jahren 250 Millionen Euro | |
Bußgelder zusammen gekommen. | |
In Hamburg muss man sich bis zur Einführung der Scan Cars noch etwas | |
gedulden: Der Landesbetrieb für Verkehr hofft, dass die Hamburgische | |
Gesetzesvorlage im Frühjahr 2024 verabschiedet wird. | |
5 Sep 2023 | |
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## AUTOREN | |
Sven Bleilefens | |
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