# taz.de -- Verwaltungsreform in Berlin: Bürgermeister flirten für Reform | |
> Nach dem Treffen von CDU-Senatschef Wegner mit den | |
> Bezirksbürgermeister*innen herrscht Aufbruchsgeist. Bezirke und | |
> Senat wollen modernisieren. | |
Bild: Der Senat und die Bezirke wollen die Berliner Verwaltungsreform voranbrin… | |
BERLIN taz | Fast schon euphorisch klangen die Beteiligten nach einer | |
siebenstündigen Klausur des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) mit | |
den 12 Bezirksbürgermeister*innen Berlins am Samstag. Der Regierende | |
sprach von einem „Geist der Gemeinsamkeit“. In den nächsten 15 Monaten | |
wolle man endlich die viel beschworene Reform von Berlins komplizierter | |
zweistufiger Verwaltung zwischen Senat und Bezirken hinbekommen. Die | |
Verwaltung soll modernisiert und reformiert werden, möglicherweise auch mit | |
einer Änderung der Landesverfassung. | |
Am Samstag haben sich der Regierende und die | |
Bezirksbürgermeister*innen auf gemeinsame Grundsätze dazu geeinigt. | |
Am 10. Oktober soll bereits [1][ein erster Entwurf für die Reform] | |
verabschiedet werden. Ein vorläufiger Gesetzesentwurf soll bis zum Sommer | |
2024 stehen, sodass die Verwaltungsmodernisierung Ende kommenden Jahres | |
losgehen könne. | |
Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin [2][Clara Herrmann | |
(Grüne)] sprach nach der Klausur von einem „sehr starken Aufschlag“. Sie | |
bedankte sich fast schon überschwänglich und [3][„ausdrücklich“ beim | |
Regierenden Wegner] und lobte die Gespräche als „offen, [4][vertraulich und | |
sehr konstruktiv]“. Die Bezirke hätten den Eindruck bekommen, dass wirklich | |
auf Augenhöhe verhandelt werden soll, damit eine Verwaltungsreform | |
funktionieren kann. | |
Oliver Igel (SPD) aus Treptow-Köpenick schien ähnlich optimistisch, als er | |
von dem „Novum“ sprach, „dass an dieser Stelle nicht nur über eine | |
Verwaltungsmodernisierung geredet werden soll, sondern die auch mal zu | |
einem Ende geführt werden soll“. Der Bezirksbürgermeister von Spandau, | |
Frank Bewig (CDU), sprach von einem „Geist der Verantwortung, Freude und | |
Lust, Behörden-Pingpong, Zuständigkeitsunklarheiten zu lösen“. | |
## Klarere Aufteilung von Zuständigkeiten | |
[5][Stefanie Remlinger] (Grüne), Bürgermeisterin von Mitte, sprach nach der | |
Klausur in der RBB-Abendschau davon, dass „ein neuer Stil“ bei Wegner | |
erkennbar sei, weil die Senatsvorlage zuerst mit den | |
Bürgermeister*innen besprochen worden sei, bevor sie in der | |
Landesregierung beschlossen wurde. In den nächsten Schritten sollen sich | |
Verwaltungsfachleute treffen, ein Folgetreffen mit den | |
Bezirksbürgermeister*innen soll es im Frühjahr geben. | |
Künftig sollen die Zuständigkeiten zwischen Bezirken und Senat klarer | |
aufgeteilt werden, bis zum Ende des Jahres sollen erste konkrete Ergebnisse | |
vorgestellt werden. Tendenz: Gesamtstädtisches wie Steuerung, Controlling | |
und Leitlinien sollen künftig beim Land liegen, Dienstleistungen und | |
operative Umsetzung bei den Bezirken. | |
Helfen soll dabei nach Berichten auch eine Neuordnung der Finanzierung. | |
Möglicherweise sollen Bezirke mehr Eigenverantwortung bei ihrer | |
Finanzierung bekommen, etwa durch eine [6][Beteiligung an den | |
Gewerbesteuereinnahmen]. Als wichtiges Querschnittsthema nannte Wegner auch | |
die Digitalisierung der Verwaltung. Ein Personalentwicklungsprogramm ist | |
ebenso geplant wie die Abschaffung eines Gehaltsgefälles zwischen Land und | |
Bezirken. | |
## Angewiesen auf Grünes Wohlwollen | |
Zu einer für eine Reform eventuell notwendigen Verfassungsänderung haben | |
die Grünen bereits ihre Zustimmung signalisiert – die Partei hatte bereits | |
im vergangenen Herbst ein [7][Konzept zur Verwaltungsreform] vorgelegt: | |
„Wir sind froh darüber, dass der neue schwarz-rote Senat die von | |
Rot-Grün-Rot verabschiedeten Eckpunkte übernommen hat. Der entscheidende | |
Punkt ist ein klares Bekenntnis dazu, dass eine Verwaltungsreform nur geht, | |
wenn Land und Bezirke das gemeinsam angehen“, sagte | |
Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch der Deutschen Presseagentur. | |
„Das bedeutet auch, dass Land und Bezirke in ihren jeweiligen Aufgaben | |
gestärkt werden“, so Jarasch. Sie hatte zuvor schon klar gemacht, dass die | |
sechs grünen [8][Bezirksbürgermeister*innen] und die Grünen nur | |
zustimmen würden, wenn sie von Anfang an eingebunden seien. Die Grünen | |
stünden für diese „Herkulesaufgabe“ aber bereit, so Jarasch. | |
Schwarz-Rot wollte bei der im Koalitionsvertrag vereinbarten | |
Verwaltungsreform an die Pläne von Rot-Grün-Rot anknüpfen. Für eine dafür | |
nötige Änderung der Landesverfassung ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit | |
notwendig – CDU und SPD sind also auf die Grünen angewiesen. (mit dpa) | |
1 Oct 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/reform-der-berliner-verwaltung-wegner-fi… | |
[2] https://www.morgenpost.de/berlin/article239702699/verwaltungsreform-berlin-… | |
[3] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/09/berlin-senat-bezirke-klausur-t… | |
[4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/reform-der-berliner-verwaltung-wegner-fi… | |
[5] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/09/berlin-senat-bezirke-klausur-t… | |
[6] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/09/berlin-senat-bezirke-klausur-t… | |
[7] https://www.morgenpost.de/berlin/article239702699/verwaltungsreform-berlin-… | |
[8] https://www.tagesspiegel.de/berlin/reform-der-berliner-verwaltung-wegner-fi… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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