# taz.de -- Senatsverwaltungen und Bezirke: Die Uhr tickt für die Reform | |
> Der schwarz-rote Senat ist sich angeblich über die Verwaltungsreform | |
> einig geworden – und will bis Jahresende einen Gesetzentwurf absegnen. | |
Bild: Die Verwaltungsreform soll den Kreis quadrieren: Der Senatsebene mehr Zus… | |
Berlin taz | Die seit Jahrzehnten angestrebte Reform der Berliner | |
Verwaltung scheint einen Schritt weiter zu sein. Laut Regierungschef Kai | |
Wegner (CDU) gab es am Dienstag in der Senatssitzung Einigkeit über | |
Eckpunkte. Zu der 20-seitigen Besprechungsunterlage habe es komplette | |
Übereinstimmung zwischen den Senatsmitgliedern von CDU wie von SPD gegeben. | |
Zuvor war mehrfach von Differenzen [1][zwischen den Koalitionspartnern] zu | |
hören gewesen. „Wir sind einen Riesenschritt voran gekommen“, sagte Wegner | |
in der Pressekonferenz nach der Sitzung. | |
Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) und bei der Stiftung Zukunft | |
Berlin war in Reaktionen Erleichterung spürbar. Die Stiftung sprach davon, | |
die besprochenen Eckpunkte seien „eine große Chance für Berlin“. Laut | |
IHK-Präsident Sebastian Stietzel war die Stadt „in der unendlichen | |
Geschichte der Modernisierung der Verwaltung noch nie so weit wie jetzt“. | |
Vorige Woche Dienstag noch hatte sich die IHK mit den Unternehmensverbänden | |
Berlin-Brandenburg und der Handwerkskammer besorgt über das Gelingen | |
gezeigt. „Parteitaktisches Kalkül darf Verwaltungsreform nicht gefährden“, | |
war ihre gemeinsame Stellungnahme überschrieben. Sie fürchteten um das | |
Gelingen einer Verfassungsreform, die den beabsichtigten Änderungen mehr | |
Halt geben soll. Am Donnerstag gab es sogar [2][von einem Bündnis von 20 | |
Organisationen] den „dringenden Appell“, das Projekt nicht scheitern zu | |
lassen. | |
## Beschleunigung von Abläufen | |
Bei der Reform geht es vorrangig darum, Abläufe in der Verwaltung zu | |
beschleunigen. Die haken bislang oft daran, dass in den entsprechenden | |
Gesetzen nicht genau geklärt ist, wer für was zuständig ist. Seit Langem | |
ist deshalb von einem „Verwaltungs-Pingpong“ die Rede, also einem Hin- und | |
Herschieben von Entscheidungen, zwischen Senat und Bezirken oder zwischen | |
einzelnen Senatsverwaltungen. Wirtschaftsverbände sehen darin seit vielen | |
Jahren eines der größten Hemmnisse für die Stadt. | |
In dem 20-seitigen Papier geht es im Kern um ein neues | |
Landesorganisationsgesetz. Das soll für klare Zuständigkeiten sorgen, mehr | |
„gesamtstädtische Steuerung“ ermöglichen, aber auch die zwölf Bezirke st… | |
machen. Deren vorrangige Aufgabe soll laut Kai Wegner sein, die Vorgaben | |
der jeweiligen Fachverwaltungen vor Ort umzusetzen. Keine Rolle spielen | |
bislang Überlegungen, die Bezirksbürgermeister direkt zu wählen. | |
Vom Tisch sollen zusätzliche Rechte der Bezirke sein, die vergangene Woche | |
in der Koalition noch für Aufregung sorgen. Dabei war etwa von einem Recht | |
zu Gesetzesinitiativen und einem Rederecht für Bürgermeister im | |
Abgeordnetenhaus zu hören. Noch aktuell ist, dass der Senat prüfen lässt, | |
ob sich Bezirke gerichtlich dagegen wehren können, wenn die Landesregierung | |
Themen an sich zieht. | |
Hier will sich der Senat offenbar an einem in Kürze erwarteten Urteil des | |
Oberverwaltungsgerichts zu einer Klage des Bezirks Friedrichshain-Kreuzberg | |
orientieren. Der wehrt sich darin gegen den vom Senat gewollten Zaun um den | |
Görlitzer Park. Bislang galt die Rechtsauffassung, dass die Bezirke kein | |
Klagerecht haben, weil sie keine eigenständigen Gemeinden, sondern Teil des | |
Stadtstaates Berlin sind. | |
## Gesetzentwurf bis Dezember | |
Was bei aller vorgetragenen Begeisterung Wegners über den angeblichen | |
„Riesenschritt“ stutzig machen konnte: Formal hat der Senat die bewussten | |
Eckpunkte der Reform nur beraten und nicht etwa beschlossen, was Wegner | |
nicht schlüssig erklären konnte. Dabei sollen sie die Grundlage für alle | |
weiteren Schritte sein. Münden sollen sie in ein Gesetz, dessen Entwurf der | |
Senat Mitte Dezember beschließen will. Ab Anfang 2025 [3][soll sich dann | |
das Abgeordnetenhaus damit befassen] und aus dem Entwurf ein Gesetz machen. | |
Mehrfach betonte Wegner, wie eng sich die demokratische Opposition – also | |
Grüne und Linkspartei, nicht etwa die AfD – an dem Prozess beteilige und | |
wie dankbar er dafür sei. Nur mit ihrer Hilfe – weil es dafür im Parlament | |
eine Zwei-Drittel-Mehrheit braucht – wäre eine Verfassungsänderung möglich, | |
um die Reform wie von ihm gewünscht fester zu zurren als ein bloßes Gesetz. | |
24 Sep 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/koalitionsvertrag/ | |
[2] https://vbki.de/2024/09/20/berliner-verwaltungsreform-vbki-fordert-als-teil… | |
[3] https://www.parlament-berlin.de/ | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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