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# taz.de -- Kenias Präsident William Ruto: Nackter Kaiser, zwei Gesichter
> Ruto wird in Berlin respektvoll empfangen, zeigt sich auf der Weltbühne
> offen und inspiriert. Zugleich boykottiert er in Kenia seine eigenen
> Ziele.
Bild: Kenias Präsident William Ruto: International progressiv, national kleink…
Kenias Präsident William Ruto ist noch kein Jahr im Amt, aber er hat schon
zwei Gesichter, ein lokales und ein internationales. Der internationale
Ruto ist ein progressiver [1][Panafrikanist], der sich nichts sehnlicher
wünscht, als dass die Grenzen zwischen Afrikas 54 Ländern fallen, damit
alle Afrikaner zusammen eine große glückliche Familie bilden. Rutos starkes
geeintes Afrika kennt keine Handelsgrenzen oder Visa, nutzt eine gemeinsame
Währung und setzt alle seine Ressourcen zugunsten all seiner 1,5 Milliarden
Menschen ein.
Dieser [2][Ruto, auch in Berlin respektvoll empfangen], zeigt sich auf der
Weltbühne bei jeder Gelegenheit, zuletzt beim Entwicklungsgipfel in Paris,
wo er Emmanuel Macron kurzerhand mit den Chefs von Weltbank und IWF in
einen Topf warf und die Auflösung des internationalen Finanzsystems
zugunsten irgendeiner gerechteren Alternative vorschlug. Dann trat er vor
dem Eiffelturm beim Ökokonzert „Power of our Planet“ vor Tausenden als
Rockstar auf, der der globalen Finanzwelt den Kampf ansagt, und lud
schließlich die ganze Welt zum afrikanischen Klimagipfel in Nairobi im
September ein.
Zum Glück für Rutos PR-Abteilung werden die meisten Delegierten beim
Klimagipfel keine Zeit haben, um mit Akteuren aus Kenias Nachbarländern zu
sprechen. Die nämlich haben zumeist eine etwas andere Sicht. Die
ökonomische Integration Ostafrikas, die oft als Vorbild für Afrika gesehen
wird, hat stark gelitten. Die Ruto-Regierung hat Handelshemmnisse errichtet
und geltende Protokolle gebrochen.
So können Ugandas Milchbauern ihre Milch nicht mehr über die Grenze nach
Kenia bringen und haben in den letzten Monaten umgerechnet mehrere hundert
Millionen Euro verloren. Man spekuliert, dass Ruto sich damit an seinem
Vorgänger Uhuru Kenyatta rächen will, der ihn bei den Wahlen 2022 nicht
unterstützte und selbst wirtschaftliche Interessen in der Vermarktung von
Milch aus Uganda hält. Wird die zunehmende Feindseligkeit zwischen Kenyatta
und Ruto tatsächlich auf dem Rücken von Ugandas Bauern ausgetragen? Dann
würde der lokale Ruto als rachsüchtiger, kleinkarierter Präsident dastehen,
der Handelsbeziehungen opfert, um alte Rechnungen zu begleichen. Leider ist
dies derzeit die gängigste Erklärung für Kenias Vorgehen gegen Uganda.
Nicht nur Uganda beschwert sich. Andere Mitglieder der Ostafrikanischen
Gemeinschaft (EAC) sind verärgert darüber, dass [3][Kenia] ein
EPA-Freihandelsabkommen mit der EU gebilligt hat, das die EAC als Ganzes
zurückwies.
Auch Kenianer haben immer größere Schwierigkeiten mit ihrem Präsidenten,
der vor einem Jahr als Anwalt der Armen antrat, der der Jugend eine
Perspektive geben wolle. Während er international Weltbank und IWF
verdammt, hat Ruto vergangene Woche beim IWF einen neuen Milliardenkredit
aufgenommen und empfing den chinesischen Chefdiplomaten Wang Yi, dem er
seine Unterstützung für Chinas umstrittene „Belt & Road Initiative“
erklärte.
Andere Länder wie Tansania lehnen Chinas Projektfinanzierungen ab, weil sie
in große Abhängigkeiten führen können. Tansanias neue Präsidentin Samia
Suluhu, die ihren Amtskollegen Ruto zunächst in die Arme schloss, ihn heute
aber immer komplizierter findet, machte sich kürzlich öffentlich lustig
über einen ungenannten Nachbarn, der das relativ arme Tansania um eine
Finanzspritze gebeten habe, um seine Schulden zu bezahlen. Alle wussten,
von wem sie sprach.
Wer wird sich durchsetzen? Der internationale Ruto oder der lokale?
Aus dem Englischen Dominic Johnson
30 Jul 2023
## LINKS
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## AUTOREN
joachim buwembo
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