# taz.de -- „Strategische Partnerschaft“ mit Indien: Pistorius wirbt für U… | |
> Indien will unabhängiger von Rüstungslieferungen aus Russland werden. | |
> Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius sieht das als große Chance. | |
Bild: Verteidigungsminister Pistorius am indischen Western Naval Command | |
DELHI taz | Die Marinetochter von Thyssenkrupp will für Indien sechs | |
dieselbetriebene U-Boote bauen. Der Chef der in Kiel ansässigen Werft | |
Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) unterzeichnete am Mittwoch in der | |
westindischen Hafenmetropole Mumbai eine entsprechende Absichtserklärung | |
mit Mazagon Dock Shipbuilders Limited, wie der deutsche Konzern am Mittwoch | |
mitteilte. | |
Die Unterzeichnung fand in Anwesenheit von Bundesverteidigungsminister | |
Boris Pistorius (SPD) auf dem Gelände der indischen Werft statt. | |
Im Falle einer Beauftragung wäre TKMS für Konstruktion und Design der | |
U-Boote sowie für beratende Tätigkeiten verantwortlich und Mazagon für Bau | |
und Ablieferung. Gebaut würden die U-Boote, deren Auftragswert auf 5,2 | |
Milliarden Dollar geschätzt wird, also komplett in Indien. | |
Trotzdem dürfte der Großauftrag, um den sich auch noch andere bewerben, den | |
Wert von TKMS, dessen Mutterkonzern Thyssenkrupp sich derzeit um einen | |
Verkauf der Marinesparte bemüht, erhöhen. | |
## U-Boote sind für Pistorius „Leuchttürme“ | |
Pistorius sieht den möglichen U-Boot-Deal zwischen Indien und Deutschland | |
als „Leuchtturmprojekt“. Am Vortag hatte er sich in der Hauptstadt Delhi | |
mit seinem Amtskollegen Rajnath Singh (BJP) über die Stärkung der | |
bilateralen Partnerschaft auch auf militärpolitischer Ebene ausgetauscht. | |
Pistorius betonte dabei die „strategische Partnerschaft“ mit Indien und | |
will Indien bei Rüstungsexporten gern auf eine Stufe mit Australien und | |
Japan stellen. Singh sprach von „fruchtbaren Gesprächen“. Es war der erste | |
Indien-Besuch eines deutschen Verteidigungsministers seit 2015. | |
Beide Politiker sehen Chinas auftrumpfendes Verhalten zunehmend als | |
wirtschaftliches wie sicherheitspolitisches Problem. Sie tauschten sich | |
zudem über die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine | |
aus, den [1][Indien bisher aber nicht verurteilt hat]. | |
„Wenn Indien und Deutschland im Verteidigungssektor wie bei der Herstellung | |
von U-Booten zusammenarbeiten, wäre das definitiv eine Win-Win-Situation“, | |
kommentierte der indische Militärexperte Uday Bhaskar gegenüber der taz. | |
Das habe lange auf sich warten lassen. | |
## Mehr Indien, weniger China | |
Hindernisse sieht er wenige. Indien gelte als vertrauenswürdiger Partner, | |
wenn es um Betriebsgeheimnisse im Bereich von Rüstung geht, sagte Bhaskar. | |
Zudem sei es eine Chance für Deutschland, seinen Einfluss in Indien zu | |
stärken, was es bisher zu Gunsten Chinas vernachlässigt habe. | |
Im Rüstungsbereich sucht auch Indien derzeit aktiv nach neuen Partnern. | |
Drei Viertel seiner importierten Rüstungsgüter stammen bisher aus Russland. | |
Der Krieg in der Ukraine hat Indiens Bestrebungen beschleunigt, sich | |
unabhängiger von Russland zu machen. Doch waren schon zuvor die | |
Rüstungseinfuhren von dort zurückgegangen. Auch gab es in letzter Zeit | |
immer öfter Schwierigkeiten bei der Lieferung von Ersatzteilen. | |
Indien rüstet zudem weiter auf und will 2024 sein zweites atomar | |
bewaffnetes und atomgetriebenes U-Boot aus heimischer Produktion in Dienst | |
stellen. In den Jahrzehnten nach seiner Unabhängigkeit hatte Indien wenig | |
in die Entwicklung seiner eigenen Rüstungsindustrie investiert. „Deshalb | |
sind wir zu einem der größten Waffenimporteure weltweit geworden und haben | |
damit ein großes Defizit für Indien geschaffen“, so Bhaskar. | |
Bei Mazagon Dock Shipbuilders wurden bereits in den 1980er Jahren zwei | |
U-Boote mit deutscher Lizenz von HDW gefertigt, dem Vorgänger von TKMS. | |
Zwei andere U-Boote kamen direkt von HDW aus Kiel. | |
## Berlin will mehr Präsenz in Asien zeigen | |
Indien hat derzeit insgesamt 18 U-Boote, darunter auch Modelle aus | |
Frankreich und Russland sowie zwei heimische Modelle. Der U-Boot-Deal steht | |
im Zusammenhang mit Indiens Stärkung seiner Flotte im Indischen Ozean, wo | |
es sich auch von China herausgefordert fühlt. Peking hat sich in Sri Lanka | |
einen Hafen gesichert und betreibt in Dschibuti seinen bisher einzigen | |
Militärstützpunkt im Ausland. China ist zudem eng mit Indiens Erzfeind | |
Pakistan verbündet. | |
Die deutsche Bundesregierung will im Rahmen ihrer Indo-Pazifik-Leitlinien | |
[2][mehr militärische Präsenz in Asien] zeigen. Dazu gehört auch, | |
gemeinsame Manöver auszubauen. Das nächste Treffen der beiden | |
Verteidigungsminister könnte schon 2024 bei der Münchner | |
Sicherheitskonferenz stattfinden. | |
7 Jun 2023 | |
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[1] /SOZ-Aussenministertreffen-in-Indien/!5928865 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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