| # taz.de -- China investiert in Sierra Leone: Vom Ökoparadies zum Fischerhafen | |
| > Für einen chinesischen Hafen sollen in Sierra Leone viele Naturschätze | |
| > weichen. Anwohner*innen wehren sich – und werden verhaftet. | |
| Bild: Vielen ist unklar, wieso aisgerechnet in Black Johnson ein Hafen gebaut w… | |
| Black Johnson taz | Eine Autostunde südlich von [1][Sierra Leones] | |
| Hauptstadt Freetown erstrecken sich gelb-goldene Sandstrände, gesäumt mit | |
| Palmen und Mangroven. Hier in Black Johnson betreibt das Ehepaar Gbandewa | |
| das Ecolodge Tito’s Paradise, eine Ferienunterkunft für Urlaubsgäste mit | |
| ökologischem Anspruch. Doch die Regierung hat andere Pläne: Die Idylle soll | |
| einem Fischereihafen weichen. | |
| Nachdem es jahrelang vor allem Spekulationen gab, soll das Projekt mit | |
| einer Teilfinanzierung aus China nun offenbar konkret werden. Es kam zu | |
| offenen Auseinandersetzungen zwischen Polizei, Militär und den Menschen vor | |
| Ort. | |
| „Jane Aspden Gbandewa wurde verhaftet“, berichtet Jonathan Kojo Mammah am | |
| Dienstag, der in Black Johnson mehrere Landbesitzer*innen vertritt. Es | |
| heißt, dass die Tourismus-Unternehmerin den Sicherheitskräften und einer | |
| Gruppe von Chinesen den Zutritt auf ihr Grundstück verweigert habe. Details | |
| sind nicht bekannt. Wann sie wieder freigelassen wird, ist ebenfalls | |
| unklar. | |
| Noch kurz zuvor schwärmte Jane Aspden Gbandewa von den verschiedenen | |
| Ökosystemen, die in Black Johnson zusammenkommen. Wale und Delfine lassen | |
| sich beobachten. Fünf verschiedene Meeresschildkrötenarten sind hier | |
| heimisch – und legen ihre Eier nachts in den Sand. Im Feuchtgebiet rasten | |
| Zugvögel. | |
| ## Spekulationen über Fischereihafen | |
| Noch 2020 hatte Umweltschutzminister Foday Moriba Jaward anlässlich des | |
| Welttages zum Schutz von Feuchtgebieten gesagt, die Regierung messe diesen | |
| große Bedeutung bei. Die Zerstörung durch Großbauprojekte und Abholzung von | |
| Mangrovenwäldern würde zur Wasserknappheit beitragen. Erhalte man sie | |
| hingegen, verbessere das die Lebensqualität der Bevölkerung und fördere den | |
| Tourismus. Nicht zuletzt sei Sierra Leone Unterzeichner der 1971 im Iran | |
| verabschiedeten Ramsar-Konvention zum Erhalt von Feuchtgebieten. | |
| Black Johnson ist allerdings kein offizielles Ramsar-Schutzgebiet. | |
| Spekulationen, dass hier ein Fischereihafen gebaut wird, gibt es seit | |
| Jahren. Im Mai 2021 sagte der Präsident schließlich bei der | |
| Parlamentseröffnung, der chinesische Staat bezuschusse den Bau mit 55 | |
| Millionen US-Dollar als [2][Teil ihrer internationalen | |
| Infrastruktur-Strategie] namens „Neue Seidenstraße“. | |
| Grundstückseigentümer*innen in Black Johnson sollen komplett | |
| entschädigt werden. Häufig ist die Rede von 100 Hektar für das | |
| Hafenprojekt. | |
| Jane Aspden Gbandewa kennt ein Schreiben des Fischereiministeriums, in dem | |
| stehe, dass der Hafen Platz für mindestens zehn Fischfangboote haben soll, | |
| die hauptsächlich Thunfisch fangen werden. Auch heißt es, dass ein | |
| Delfinarium gebaut werden soll. Doch viele Fragen bleiben ungeklärt. Die | |
| Anwohner*innen würden kaum informiert werden und Treffen im Vorfeld | |
| nicht angekündigt. | |
| „Von Anfang an wollte die Regierung uns nicht einbeziehen“, kritisiert Jane | |
| Aspden Gbandewa. Bei einer kurzfristig einberufenen Versammlung im April | |
| habe ihr Mann Tito nicht einmal sprechen dürfen. „Ihm wurde gedroht, ihn in | |
| Handschellen abzuführen, falls er doch spreche.“ Wenige Tage später sei | |
| schon einmal eine Gruppe von Chinesen gemeinsam mit zwei bewaffneten | |
| Polizisten den steilen Hang zum Strand hinuntergekommen. Niemand habe sich | |
| ausweisen können. Welchen Zweck der Besuch hatte, ist Gbandewa unklar. | |
| ## Warum ausgerechnet Black Johnson? | |
| Dass so vieles vage bleibt und nun zeitlich viel Druck gemacht wird, hat | |
| einen Grund, meint Daniel Sesay. Er arbeitet für die Organisation Namati, | |
| die unter anderem Dorfgemeinschaften in Landrechtsfragen berät. Das | |
| Vorgehen sei spezifisch für Investitionen aus China, sagt Sesay. Anders als | |
| beispielsweise bei Finanzierungen von der Europäischen Union würden | |
| Verfahren schnell durchgezogen werden. | |
| Auch sei es unklar, warum man ausgerechnet an Black Johnson festhalte: | |
| „Einen Fischereihafen kann man an vielen Stellen bauen.“ Die seien | |
| möglicherweise sogar besser geeinigt, weil sie tiefer sind. Zu diesem | |
| Ergebnis kommt auch eine Studie der Weltbank aus dem Jahr 2017, die die | |
| Hafengegner*innen zitieren. Der Traumstrand sei nicht geeignet für ein | |
| solches Projekt. In den vergangenen Jahren hat Jonathan Kojo Mammah häufig | |
| erlebt: Mit Sachargumenten oder juristischen Schritten erreichen die | |
| Anwohner*innen nichts. Seine Strategie: „Wir müssen weltweit so vielen | |
| Menschen wie möglich erzählen, was gerade in Black Johnson passiert.“ | |
| 17 May 2023 | |
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| [1] /Sierra-Leone-waehlt-Ende-Juni/!5933820 | |
| [2] /300-Milliarden-Plan-der-EU/!5815913 | |
| ## AUTOREN | |
| Katrin Gänsler | |
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