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# taz.de -- Hamburg bekommt Lobbyregister: Wer Einfluss will, muss sich outen
> Wer organisierte Interessen gegenüber den Hamburger Senat oder der
> Bürgerschaft vertritt, soll sich eintragen müssen. Rot-Grün plant ein
> Gesetz dazu.
Bild: So transparent wie die Seifenblasen vorm Rathaus soll die Gesetzgebung si…
Hamburg taz | Die rot-grüne Koalition in Hamburg will ein Lobbyregister
ein- führen. Zudem will sie nachvollziehbar machen, wer wie auf
Entscheidungen der Legislative oder Exekutive Einfluss genommen hat. Einen
entsprechenden Antrag wollen die beiden Fraktionen nächste Woche in die
Bürgerschaft einbringen. Das Register solle verhindern, dass auch nur der
Verdacht entsteht, „dass aufgrund des Austausches zwischen Politik und gut
organisierten Interessenvertretungen [1][Partikularinteressen zu Lasten des
Gemeinwohls durchgesetzt werden]“.
Mit dem Antrag reagiert die Koalition auf eine Initiative des
Landesverbandes Mehr Demokratie und der Organisation Transparency
International, die Ende vergangenen Jahres [2][einen Gesetzentwurf dazu
vorgelegt haben]. Im Raum stand, dass daraus ein Volksentscheid hätte
werden können. Nach Verhandlungen mit Mehr Demokratie und Transparency ist
das nun abgewendet.
Bernd Kroll von Mehr Demokratie ist sich sicher, dass eine Volksinitiative
Erfolg gehabt hätte, allein schon wegen der in Hamburg nicht zur Ruhe
kommenden Cum-Ex-Affäre. Dabei geht es um Vorsprachen von Vertretern der
Warburg-Bank bei Bürgermeister Olaf Scholz mit dem Ziel, Steuerzahlungen zu
vermeiden. Ohne die öffentlich gewordenen Tagebucheinträge des Bankiers
Christian Olearius wären sie wohl nicht ans Licht gekommen.
„Durch eine Volksinitiative hätten alle Parteien Schaden genommen“, sagt
Kroll. Es wäre dem Bürger ja schwer zu vermitteln gewesen, warum sich die
Politik gegen ein solches Register sperren sollte. Stattdessen haben die
Regierungsfraktionen das Anliegen nun aufgegriffen. Das ist auch nur
konsequent: Schließlich haben sie sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf
festgelegt, die [3][Einführung eines Lobbyregisters auf Bundesebene] zu
unterstützen.
## Der Norden steht schlecht da
[4][Im 2022er Lobby-Ranking von Transparency International] stehen die
norddeutschen Bundesländer nicht gut da. Die Beurteilung richtet sich nicht
nur danach, ob es ein Lobbyregister gibt, sondern auch danach, ob
Verhaltensregeln für Politiker und Beamte vorgesehen sind sowie
Karenzzeiten bis zum Wechsel in die Wirtschaft. Dazu kommt der sogenannte
legislative Fußabdruck, das heißt, ob das Zustandekommen eines Gesetzes
dokumentiert wird.
Im Norden schneidet Mecklenburg-Vorpommern am besten ab, das 34 Prozent der
möglichen Punktzahl erreicht, dicht gefolgt von Schleswig-Holstein.
Niedersachsen und Hamburg sind nur halb so gut, Bremen ist weit
abgeschlagen. Der Bund erreicht 62 Prozent der Punkte. Ansätze eines
Lobbyregisters gibt es unter den Nord-Ländern nur in
Mecklenburg-Vorpommern, Ansätze eines legislativen Fußabdrucks zudem noch
in Schleswig-Holstein.
Kroll ist „sehr zufrieden“ mit dem Antrag der Koalitionsfraktionen, greift
er doch zentrale Vorschläge aus dem Gesetzentwurf der Initiative auf. Der
Antrag sieht eine öffentlich einsehbare Datenbank vor, in die sich Akteure
verpflichtend eintragen müssen. Wer sich nicht daran hält, wird
sanktioniert. Die Datenbank soll maschinenlesbar sein, der Zugriff darauf
unentgeltlich.
Das Gesetz soll auch „die mittelbare Staatsverwaltung und niedrigere
Hierarchiestufen berücksichtigen“. Kroll findet das besonders wichtig, denn
das betreffe die Bezirksämter, also die Ebene, auf der etwa die meisten
Bebauungspläne beschlossen und sehr konkrete Interessen verhandelt werden.
Erfahren zu können, wer welche Unterlagen, Gutachten oder Stellungnahmen
verfasst hat – sprich: der administrative Fußabdruck – macht das politische
Handeln erst transparent.
## Unbürokratisch und anwendungsfreundlich
Als die Initiative mit ihrem Vorschlag im Dezember an die Öffentlichkeit
trat, hatten Vertreter von SPD und Grünen die Befürchtung geäußert, dass
die Berichtspflichten zu umfangreich ausgestaltet würden. Eva Botzenhart
von den Grünen sprach von einem „bürokratischen Ei“, das sich die
Bürgerschaft womöglich ins Nest legen werde.
In einer aktuellen Stellungnahme stellt sie das Lobbyregistergesetz wie
auch ihr Kollege Urs Tabbert von der SPD in eine Reihe mit dem 2012
beschlossenen Transparenzportal, das die Dokumente der Verwaltung
zugänglich macht. „Hamburg ist schon jetzt Vorreiterin im Bereich
Transparenz und Informationsfreiheit“, sagt Botzenhart. „Doch darauf ruhen
wir uns nicht aus.“
Der Austausch mit Verbänden sei eine wichtige Grundlage politischer
Entscheidungen, findet Botzenhart. „Ihr Fachwissen kann Gesetzesvorhaben
inhaltlich voranbringen.“ Zu zeigen, wer an Gesetzgebungsprozessen
beteiligt war, erhöhte die Akzeptanz politischer Entscheidungen. Jetzt sei
es wichtig, ein unbürokratisches und anwendungsfreundliches Gesetz zu
machen, ergänzt ihr SPD-Kollege Tabbert. Bernd Kroll geht davon aus, dass
der Gesetzentwurf der Initiative Pate stehen wird.
16 May 2023
## LINKS
[1] /Lobbyismus-und-Korruption/!5797198
[2] /Lobbyregister-fuer-Hamburg/!5896755
[3] /Einflussnahme-im-Bundestag/!5873724
[4] https://lobbyranking.de/
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
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