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# taz.de -- Neues Lobbyregister: Wer mit wem
> Die Finanzbranche ist die größte Lobbygruppe im Bundestag, zeigt das neue
> Lobbyregister. Das Register ist ein Fortschritt – könnte aber strenger
> sein.
Bild: Fassade im Regierungsviertel. Gut zu wissen, wer sich miteinander trifft
Cum-Ex, Wirecard – das waren die großen Finanzskandale in Deutschland in
den letzten Jahren. Milliardenminus für den Staat inklusive. Bei den
[1][Cum-Ex-Geschäften] zum Beispiel ließen sich Unternehmen die
Kapitalertragssteuer doppelt erstatten, zahlten sie aber nur einmal. Banken
im In- und Ausland machten mit und verursachten dem Fiskus rund 10
Milliarden Euro Schaden. Die Finanzfirma [2][Wirecard] machte sich derweil
in den Büchern ein paar Milliarden reicher, fälschte Bilanzen, damit die
Investitionen weiter fließen.
In beiden Fällen spielte eine entscheidende Rolle: Lobbyismus. Wirecard
etwa hatte direkten Kontakt zu führenden Politiker:innen, die damalige
Kanzlerin persönlich warb in China für das Unternehmen.
Und im Cum-Ex-Komplex verzichteten Hamburger Behörden 2016 und 2017 auf
Steuerrückforderungen in Höhe von 90 Millionen Euro an die Warburg Bank.
Bundeskanzler Scholz, damals Hamburgs Bürgermeister, traf sich kurz vorher
mit Warburg-Chef Christian Olearius. Warum? Daran erinnert er sich laut
eigener Aussage im Cum-Ex-Untersuchungsausschuss nicht.
Solche Verbindungen zwischen Politik und Lobbyisten transparenter machen,
das soll das Lobbyregister des Deutschen Bundestags. Dieses gibt es nun
seit einem Jahr, es führt über 5.500 Interessenvertreter im Deutschen
Bundestag. Das Register ist ein großer Erfolg, lange wurde seine Einführung
blockiert.
## Nicht nur „wer“ – auch „wann“ und „über was“
Noch ist es weniger streng als andere. In der EU beispielsweise müssen
Politiker genau dokumentieren, mit wem sie sich wann treffen. Im deutschen
Register müssen sich lediglich alle Interessengruppen eintragen – als
Voraussetzung dafür, dass sie Gespräche mit Poliker:innen ersuchen
dürfen. Die Lobbyisten geben zudem an, wie viel Geld sie etwa im Jahr für
Lobbyismus ausgeben und wie viele Personen für sie im Bundestag tätig sind.
Außerdem legen sie ihre Netzwerke offen, etwa Mitgliedschaften in
Verbänden.
Die [3][Bürgerbewegung Finanzwende] hat nun die Daten vom ersten Jahr
ausgewertet. Und bestätigt: Am meisten Geld für Einflussnahme in der
Bundespolitik gibt die Finanzlobby aus. Mehr als 42 Millionen Euro ließen
die 10 größten Akteure sich das im vergangenen Jahr kosten. Spitzenreiter,
vor den anderen großen Bankenverbänden und Banken, ist der Gesamtverband
der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) – mit 15 Millionen Euro
Ausgaben und etwa 141 bis 150 Lobbyist:innen. Drei für jedes Mitglied des
Finanzausschuss im Bundestag, rechnet Finanzwende vor. Die Finanzbranche
sei somit der Zivilgesellschaft finanziell und auch im Netzwerken weitaus
überlegen, sagt die Organisation.
Dennoch gäben die Zahlen nur einen kleinen Einblick in die Lobbyarbeit der
Finanzunternehmen. Das Register habe viele Lücken. „Gerade die Finanzlobby
profitiert erheblich davon, dass sie ihren Einfluss im Verborgenen ausübt“,
sagt Daniel Mittler, Geschäftsführer von Finanzwende. In einer Petition
fordert der Verband daher Nachbesserungen. Lobbyisten sollen künftig genau
angeben müssen, für wen sie arbeiten.
Finanzwende fordert außerdem die Einführung einer „legislativen Fußspur“,
die die Ampel bereits im Koalitionsvertrag angekündigt hatte. Damit soll
festgehalten werden, von wem Vorschläge für konkrete Punkte in Gesetzen
stammen. Für vielbeschäftigte Politiker:innen, gerade solche mit großen
Gedächtnislücken besonders beim Thema Finanzlobbyismus, könnte ein solches
strengeres Transparenzregister Abhilfe leisten.
In einem Lobbyregister nach EU-Vorbild etwa hätte [4][Scholz seine Termine
mit dem Warburg-Chef] eintragen müssen – inklusive einiger Stichworte zum
Thema der Gespräche. Und könnte nun dort nachschlagen, um sich auf die
Sprünge zu helfen.
Aber beim Lobbyregister geht es um viel mehr als nur um Betrugsfälle. Ein
gut geführtes Register könnte etwa helfen nachzuvollziehen, welchen
Einfluss Finanzunternehmen auf die generelle Daseinsvorsorge nehmen – die
Rente etwa. Welche Unternehmen haben sich beispielsweise für die
Riesterrente eingesetzt und profitieren davon? Wer finanziert
[5][Lobbyismus gegen die Finanztransaktionssteuer]?
4 Jan 2023
## LINKS
[1] /Kanzleramtschef-im-Cum-Ex-Ausschuss/!5885016
[2] /Beginn-des-Wirecard-Prozesses/!5897127
[3] https://www.finanzwende.de/themen/finanzlobbyismus/was-das-lobbyregister-ue…
[4] /Cum-Ex-Steuerraub/!5833685
[5] /Gruener-ueber-Finanztransaktionssteuer/!5638247
## AUTOREN
Leila van Rinsum
## TAGS
Lobbyismus
Schwerpunkt Finanzkrise
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