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# taz.de -- Lobbyismus und Korruption: Die Spur der Einflüsterer
> Lobbycontrol legt eine Bilanz der GroKo vor. In der wimmelt es von
> Skandalen. Immerhin gibt es jetzt ein Lobbyregister, doch der Biss fehlt.
Bild: Lobbycontrol beklagt beispiellose Skandale und gravierende Missstände
Berlin taz | In der zu Ende gehenden Regierungsperiode gab es etliche
Skandale um fragwürdige Einflüsse auf die Politik. So stellte der Lobbyist
und ehemalige CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Kontakte
für den Betrugskonzern Wirecard bis ins Bundeskanzleramt her. Ein rundes
Dutzend Parlamentarier von CDU und CSU vermittelte [1][teils im eigenen
finanziellen Interesse den Kauf von Coronamasken] unter anderem durch
Behörden.
Weitere Unionsabgeordnete gerieten in den Verdacht, [2][Lobbyismus für den
Staat Aserbaidschan zu betreiben]. Und die mecklenburgische
CDU-Nachwuchshoffnung Philipp Amthor setzte sich bei
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für die US-Firma Augustus
Intelligence ein – später erhielt er dort Aktienoptionen und einen Posten
als Direktor. Das alles hat die Organisation Lobbycontrol in ihrem Report
2021, einer Bilanz der Legislaturperiode, zusammengestellt und mit ihren
Schlussfolgerungen versehen.
Diese fallen teilweise durchaus positiv aus. „Klare Fortschritte“ sieht
Lobbycontrol-Campaigner Timo Lange im Umgang mit Lobbyismus, vor allem weil
Union und SPD als Reaktion auf die Skandale [3][das Lobbyregister
eingeführt haben]. „Transparenz und Integrität in der Politik wurden
dadurch gestärkt“, betonte Geschäftsführerin Imke Dierßen. Wobei es noch
„Lücken“ gäbe, durch die gerade Wirtschaftsinteressen unbemerkt Einfluss
nehmen könnten.
Wenn Verbände, Initiativen oder auch Unternehmen ihre Interessen an die
Politik herantragen, kann das der demokratischen Willensbildung dienen.
Problematisch wird es allerdings, wenn einflussreiche Leute politische
Entscheidungen mit Geld beeinflussen und über privilegierte oder verdeckte
Zugänge verfügen. Trotz der Skandale und Beschwerden legte Dierßen jedoch
Wert auf die Feststellung: „Die große Mehrheit der Politiker:innen ist
integer.“
## Die „Abkühlphase“ bleibt kurz
Die Hürden für schädlichen Lobbyismus wurden 2021 deutlich erhöht. Das
Lobbyregister gilt für Bundestag und Bundesregierung: Wer dort
außerparlamentarische Interessen vertritt, muss sich in das öffentlich
einsehbare Register eintragen, die Auftraggeber und Budgets nennen.
Erfolgsabhängige Honorare sind nun explizit verboten. Sanktionen stehen
ebenfalls im Gesetz. Lobbycontrol beklagt allerdings „zu weitgehende
Ausnahmen für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und Kirchen“.
Außerdem kritisiert die Organisation, dass die Dokumentation der
„Lobby-Fußspur“ fehlt. Soll heißen: Anhand des Registers lässt sich nicht
nachvollziehen, wie externe Interessen den Inhalt von Gesetzen
beeinflussen. Auch müssen Regierungsmitglieder bisher nicht offenlegen, mit
welchen Lobbyisten sie sich treffen.
Laut Medienrecherchen konferierte beispielsweise CSU-Verkehrsminister
Andreas Scheuer während dieser Legislaturperiode 80 Mal mit
Vertreter:innen der Autoindustrie, aber nur ein Mal mit den
Umweltverbänden. Derart unausgewogener Zugang kann Nachteile etwa in der
Klimapolitik verursachen.
Fortschritte brachte diese Legislaturperiode nach Ansicht von Lobbycontrol
auch bei den verschärften Regeln für Bundestagsabgeordnete. Diesen ist
bezahlte Lobbytätigkeit künftig ausdrücklich verboten. Vortragshonorare mit
Bezug zum Mandat sind ebenfalls untersagt. Nebeneinkünfte müssen sie genau
angeben, Firmenbeteiligungen ab 5 Prozent und Aktienoptionen offenlegen.
Zudem wurde ein höheres Strafmaß für Abgeordnetenbestechung vereinbart.
Unerfüllt blieben laut Lobbycontrol bisher dagegen Forderungen, die
„Abkühlphase“ beispielsweise für Minister:innen zu verlängern. Bisher
müssen sie bis zu zwölf, manchmal auch 18 Monate warten, bis sie von ihrem
politischen Amt etwa in eine Wirtschaftstätigkeit wechseln und ihre
Kontakte dort zu Geld machen dürfen.
Auch eine grundsätzliche Reform der Parteienfinanzierung stehe noch aus.
Die Organisation forderte eine Begrenzung der Spenden auf 50.000 Euro pro
Sponsor, Partei und Jahr. Mit über drei Millionen Euro hätten die Grünen
die Union bei den „Großspenden“ 2021 übrigens erstmals überholt, errechn…
die Organisation.
8 Sep 2021
## LINKS
[1] /Nikolas-Loebel-freigesprochen/!5781504
[2] /Doku-ueber-Aserbaidschan-Affaere/!5778976
[3] /Neues-Lobbyregister/!5750842
## AUTOREN
Hannes Koch
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