# taz.de -- Kampf gegen Korruption: Deutschland tut zu wenig | |
> Das Land gehöre auf die Schwarze Liste, finden Antikorruptionsverbände: | |
> Jedes Jahr gebe es kriminelle Finanztransaktionen über 100 Milliarden | |
> Euro. | |
Bild: Gegen Geldwäsche werde in Deutschland nicht genug vorgegangen, sagt Tran… | |
BERLIN taz | Maskenprovisionen für Politiker über karibische Fonds, | |
Briefkastenfirmen in Steueroasen, [1][Milliardentransfers aus dem | |
Wirecard-Vermögen] – die Liste dubioser Finanztransaktionen mit deutscher | |
Beteiligung ließe sich fortsetzen. Im Kampf gegen Geldwäsche und | |
Finanzschiebereien hat sich nach Einschätzung der | |
Antikorruptionsorganisation Transparency International (TI) noch viel zu | |
wenig getan. | |
„Der politische Wille ist das größte Problem“, sagte Christoph Trautvetter | |
vom Netzwerk Steuergerechtigkeit am Dienstag in Berlin. In der Politik | |
wachse das Problembewusstsein nur langsam. Er hat für TI in einer | |
[2][Studie] den Handlungsbedarf ermittelt. | |
TI schätzt das Volumen des jährlich gewaschenen illegalen Vermögens auf | |
rund 100 Milliarden Euro – [3][allein in Deutschland]. [4][EU-weit geht der | |
europäische Rechnungshof von rund 250 Milliarden Euro aus]. Die hierzulande | |
unzulänglichen Strukturen im Kampf gegen Geldwäsche lockten kriminelle | |
Gelder geradezu an. Ein Beispiel dafür ist der Berliner Wohnungsmarkt. Bei | |
jeder zehnten Wohnung ist der wirtschaftlich Berechtigte den Behörden laut | |
TI nicht bekannt. Das könnten etwa auch kriminelle Eigentümer | |
internationaler Fonds sein. | |
„Deutschland gehört eigentlich auf die Schwarze Liste“, sagte Trautvetter. | |
Das Land werde bei der im Herbst anstehenden Überprüfung der Aktivitäten | |
gegen Geldwäsche durch die Financial Action Task Force (FATF), einer von | |
den G7 gegründeten internationalen Organisation, nicht bestehen. Der Grund: | |
Es mangele an schlagkräftigen Strukturen. | |
## Hauskauf nicht mehr cash | |
Ein großer Schwachpunkt sind für Trautvetter die Zahlungen mit großen | |
Mengen Bargeld. TI fordert eine Obergrenze dafür. Normale Zahlungen mit | |
Scheinen und Münzen sollen davon nicht betroffen werden, wohl aber der Kauf | |
eines Hauses oder teurer Schmuckstücke. Die Forderung ist nicht neu, | |
scheitert aber bisher an politischem Widerstand. | |
Die von TI geforderte Radikalkur beginnt bereits bei der Bestandsaufnahme. | |
Exakte Daten zu Ausmaß und Praxis der Geldwäsche fehlen bisher in | |
Deutschland, etwa zu Eigentümerstrukturen auf dem Immobilienmarkt oder dem | |
Umfang von Bargeldgeschäften. | |
Zudem plädiert TI für eine bessere Personalausstattung der Behörden sowie | |
ein umfangreiches Transparenzregister. Damit will die Organisation die | |
Anonymität von Briefkastenfirmen beenden und die wirtschaftlichen | |
Eigentümer von Unternehmen oder Immobilien sichtbar machen. Zudem schlägt | |
TI eine Reform des Straftatbestands der Geldwäsche vor. Weiter sollen | |
illegal erworbene Vermögen verstärkt abgeschöpft werden. In Berlin und | |
München haben die Behörden bereits Immobilien wegen der sogenannten | |
„Clankriminalität“ eingezogen. Vor allem aber plädiert Trautvetter für m… | |
nationale wie internationale Vernetzung. „Es muss eine Finanzpolizei | |
geben“, sagte der Experte. | |
6 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Abschlussbericht-zum-Finanzskandal/!5780407 | |
[2] https://www.transparency.de/aktuelles/detail/article/neue-studie-zu-geldwae… | |
[3] /Studie-von-Transparency-International/!5557288 | |
[4] /Organisierte-Kriminalitaet/!5758918 | |
## AUTOREN | |
Wolfgang Mulke | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Korruption | |
Transparency International | |
Geldwäsche | |
EU-Rechnungshof | |
Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 | |
Geldwäsche | |
Banken | |
Schwerpunkt Korruption | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Recherche der Zeitung „Libération“: 325.000 Euro fiktive Miete | |
Eine Recherche bringt Klaus-Heiner Lehne (CDU) in Bedrängnis. Der Chef des | |
EU-Rechnungshofes soll bei Mietzuschüssen an sich selbst betrogen haben. | |
Lobbyismus und Korruption: Die Spur der Einflüsterer | |
Lobbycontrol legt eine Bilanz der GroKo vor. In der wimmelt es von | |
Skandalen. Immerhin gibt es jetzt ein Lobbyregister, doch der Biss fehlt. | |
Geldwäsche bekämpfen: Dicke Bündel nur noch im Film | |
EU-Kommission will Barzahlungen über 10.000 Euro untersagen. Deutsche | |
Verbraucherschützer sehen das kritisch. | |
Zunehmende Negativzinsen bei Banken: Symptom des Machtgefälles | |
Banken nutzen die Alternativlosigkeit von Kleinsparer:innen aus. Sie | |
verlangen Negativzinsen ab immer geringeren Einlagesummen. | |
Wirtschaftsinteressen und Politik: Deutsche befürchten Lobby-Einfluss | |
Fast zwei Drittel der Bürger:innen glauben, dass Wirtschaftsverbände | |
politische Entscheidungen steuern. Dennoch vertrauen fast 80 Prozent der | |
Bundesregierung. | |
Nach Karlsruher Urteil zum Klimaschutzgesetz: Union legt Umwelt-Turbo ein | |
Innerhalb einer Woche vollzieht die CDU/CSU eine Kehrtwende in Sachen | |
Klimapolitik. Die Konservativen stehen unter Druck. |