# taz.de -- Schuldenreport 2023: Höhere Schulden im globalen Süden | |
> Zinszahlungen fressen zunehmend die Etats von armen Ländern auf. Ghana, | |
> Guinea-Bissau, Malawi sind laut Schuldenreport besonders betroffen. | |
Bild: Malawi ist eines der Länder mit den höchsten Schulden | |
BERLIN taz | Die weltweite [1][Verschuldung] bleibt auf einem kritischen | |
Niveau – und belastet Wirtschaft und Gesellschaft vor allem im globalen | |
Süden zunehmend. Laut dem [2][Schuldenreport 2023], den die NGOs Misereor | |
und Erlassjahr.de am Donnerstag vorstellten, ist die Verschuldungssituation | |
in 136 von 152 untersuchten Ländern kritisch, in 40 davon sogar sehr | |
kritisch – das ist eine Verdreifachung im Vergleich zur Zeit vor Ausbruch | |
der Coronapandemie. | |
„Pandemie, die Klima- und Ernährungskrise und der Krieg in der Ukraine | |
befeuern die Schuldenspirale im globalen Süden“, sagte Klaus Schilder, | |
Experte für Entwicklungsfinanzierung bei Misereor bei der Vorstellung des | |
Berichts in Berlin. | |
Leicht entspannt habe sich die Lage etwa in Europa und Zentralasien. | |
Besonders verschlimmert hat sich laut Bericht die Verschuldung von Ghana, | |
Guinea-Bissau, Malawi, Oman und Ruanda. Besonders der globale Süden ist | |
betroffen, in der Region „Subsahara-Afrika“ etwa verschlechterte sich die | |
Lage in 78 Prozent der Staaten. | |
Allerdings basieren die Analysen auf Daten bis Dezember 2021. Die | |
Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind noch nicht | |
einberechnet. Derzeit zeichnet sich ab, dass sich die Ukraine immer höher | |
verschuldet. Neben dem Einbruch der Wirtschaft hat das Land bis Januar 2023 | |
neue Kredite im Umfang von 41,7 Milliarden US-Dollar angenommen. | |
## Zinserhöhung trifft arme Länder | |
Der Krieg hat auch globale Auswirkungen: Durch den russischen Angriff auf | |
die Ukraine sind Preise für Lebensmittel und Energie weltweit gestiegen – | |
und befeuern vielerorts die Inflation. Die von den Zentralbanken weltweit | |
deshalb erhöhten Zinsen haben die Verschuldung zahlreicher | |
Entwicklungsländer weiter verschärft. | |
Einerseits verlieren ihre Währungen und Staatsanleihen im Verhältnis zum | |
US-Dollar an Wert: Die Länder bekommen deshalb schwerer neues Kapital, um | |
Kredite zurückzuzahlen. Gleichzeitig müssen sie hohe Zinsen zahlen – was | |
die Verschuldung verschärft. | |
„Kritisch verschuldete Länder wenden mehr als 20 Prozent ihrer Einnahmen | |
für Zinszahlungen auf“, sagt Kristina Rehbein, Politische Koordinatorin des | |
deutschen Entschuldungsbündnisses erlassjahr.de. In Pakistan seien es sogar | |
knapp 40 Prozent. | |
Laut dem Report liegt der geschätzte Schuldendienst von Ländern mit | |
niedrigem und mittlerem Einkommen auf dem höchsten Niveau seit Ende der | |
1990er Jahre. „Die Frage nach dem Ausweg aus der Verschuldungsspirale | |
stellt sich 2023 daher dringender denn je“, so Rehbein. | |
Um Schulden abzubauen, kürzen viele Länder dort, wo Investitionen | |
eigentlich am dringendsten gebraucht werden, bei Gesundheit oder Bildung | |
etwa. Das liegt auch am Sparkurs, der von [3][Gläubigern wie dem | |
Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgegeben] wird. Es wirke | |
krisenverschärfend, dass viele kritisch verschuldete Länder trotz ihrer | |
desolaten Lage davor zurückscheuten, Umschuldungen frühzeitig in Angriff zu | |
nehmen – auch aus Angst vor negativen Reaktionen der Gläubiger, sagt | |
Misereor-Experte Schilder. | |
Gespräche zu einer Umstrukturierung von Schuldenerlassen auf multilateraler | |
Ebene sind bisher allerdings gescheitert, auch bei Verfahren zur | |
Umschuldung gibt es Blockaden. Häufig sind eine Vielzahl von Gläubigern | |
beteiligt: Entwicklungsbanken, private und bilaterale Gläubiger. Die NGOs | |
erwarten mehr Engagement von Deutschland sich für Schuldenerlass und | |
Umschuldungsverfahren im IWF und Weltbank einzusetzen und etwa private | |
Gläubiger aus Deutschland stärker in die Pflicht zu nehmen. | |
30 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Schuldenreport-2022/!5827566 | |
[2] https://www.misereor.de/informieren/schuldenkrise | |
[3] /Energie--und-Lebensmittelpreise/!5848235 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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