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# taz.de -- Bewältigung der Schuldenkrise: Verpasste Chance für arme Länder
> Deutschland blockiert beim IWF die Reform der Zinsaufschläge bei
> Schuldentilgungen. Das schadet besonders krisengebeutelten Ländern.
Bild: Die Umweltkatastrophen im Sommer dieses Jahres haben Pakistans Schuldenpr…
Berlin taz | Länder, die von Krisen geplagt sind, erhalten nur schwer
Kredite auf dem privaten Markt. Deswegen wenden sie sich – oft in letzter
Instanz – an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Wenn sie dann
überhaupt Geld bekommen, müssen sie sich Vorgaben zu ihrer Wirtschafts- und
Finanzpolitik machen lassen.
Dass der IWF also kein Instrument der Krisenbewältigung ist, zeigen für
viele Kritiker:innen auch die sogenannten Surcharges – Zinsaufschläge
von 1 bis 2 Prozent auf den Kredit, wenn die vereinbarte Tilgungszeit
überschritten wird. Diese Aufschläge müssen die Länder zusätzlich zahlen �…
in Zeiten, in denen sie bereits in der Krise stecken.
Bei der Vorstandssitzung des IWF am Montag standen die Zinsaufschläge auf
der Tagesordnung. [1][Argentinien], Pakistan und andere hochverschuldete
Länder forderten, sie abzuschaffen – oder zumindest vorübergehend
auszusetzen.
Eine Einigung gab es nicht, wie ein Sprecher des IWF auf Anfrage der taz
mitteilte: „Insgesamt gingen die Meinungen zu Änderungen der
Zuschlagspolitik weiter auseinander, auch zu den Vorzügen eines
vorübergehenden Verzichts auf Zuschläge.“
## „Länder in derKrise werden noch zusätzlich bestraft“
Die politische Koordinatorin des deutschen Bündnisses erlassjahr.de,
Kristina Rehbein, zeigte sich enttäuscht. Erlassjahr.de setzt sich seit
vielen Jahren für die Abschaffung der zusätzlichen Gebühren ein.
„Angesichts externer Schocks wie Ukrainekrieg und Coronapandemie hatten
viele Länder kaum andere Möglichkeiten, als beim IWF Kredite aufzunehmen“,
sagte sie der taz. „Sie werden für die [2][Krise, in der sie stecken,]
zusätzlich noch bestraft. Wir haben in verschiedenen Papieren aufgezeigt,
dass die zusätzlichen Gebühren die internen Krisen verschärfen.“
Dabei wäre die Abschaffung der Zinsaufschläge für den IWF relativ leicht in
Angriff zu nehmen und ein wichtiger erster Schritt. „Die Schuldenkrise wäre
dadurch natürlich noch nicht gelöst“, so Rehbein.
Durch die Pandemie, teure Energie im Zuge des Kriegs gegen die Ukraine und
vom Klimawandel ausgelöste Krisen wie die [3][Fluten in Pakistan] sind
viele Länder im Globalen Süden noch tiefer in die Schulden geschlittert.
## Deutschland und USA verhindern Abschaffung der Gebühren
Die Nachrichtenagentur [4][Reuters berichtete], dass sich neben den USA
auch Deutschland gegen die Abschaffung eingesetzt hatte. Für Deutschland
sitzt derzeit die Bundesbank im IWF-Vorstand. Ihre Positionen hat sie in
Abstimmung mit dem FDP-geführten Finanzministerium (BMF) entwickelt.
„Die Bundesregierung ist ein einflussreicher Anteilseigner im IWF und hat
entsprechend eine relativ hohe politische Wirkkraft im Vorstand. Wir hätten
uns gewünscht dass sie das nutzt, um sich, wie im Koalitionsvertrag
angekündigt, für eine gerechtere Schuldenpolitik einzusetzen, die
krisengeplagte Länder nicht weiter benachteiligt“, sagt Rehbein.
Auf dem Höhepunkt der Pandemie im November 2020 hatte sich IWF-Direktorin
Kristalina Georgieva zusammen mit Weltbankpräsident David Malpass [5][für
einen Schuldenerlass eingesetzt]. Gefruchtet hat das offensichtlich bislang
nicht. Ein Problem ist, dass eine Vielzahl von privaten und staatlichen
Gläubigern, allen voran China, an den Tisch kommen müssten. Gespräche zu
einer Umstrukturierung von Schuldenerlassen sind bisher allerdings
gescheitert, etwa auf dem G7-Gipfel im Juni oder beim Treffen der
G20-Finanzminister im Juli.
Rehbein fordert daher auch, dass der IWF die zentrale Rolle, die er im
derzeitigen System bei der Verhandlung von Schuldenerlassen spielt,
verantwortungsvoller ausübt. Denn die Institution ist der zentrale Player,
sie berechnet etwa, wie hoch nötige Schuldenerlasse sein müssten, und steht
in Kontakt mit den Gläubigern.
„Häufig rechnet der IWF die Schuldenerlässe zu klein und entmutigt Länder
so, Schuldenerleichterungen aufzunehmen, die sie eigentlich dringend
benötigen. Auch verlangt der IWF von ihnen Haushaltsreformen und
-einsparungen, aber macht keine entsprechenden Vorgaben an Gläubiger“, so
Rehbein.
13 Dec 2022
## LINKS
[1] /Argentiniens-Deal-mit-dem-IWF/!5832459
[2] /Globale-Schuldenkrise/!5868270
[3] /Verheerende-Ueberschwemmungen-in-Pakistan/!5881996
[4] https://www.reuters.com/world/imf-shareholders-deeply-divided-whether-suspe…
[5] /Entwicklungslaender-in-Coronakrise/!5715997
## AUTOREN
Leila van Rinsum
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
IWF
Schuldenkrise
Schulden
Globaler Süden
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Weltbank
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Zinsen
Inflation
G7-Gipfel in Elmau
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