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# taz.de -- Schuldenreport 2022: 135 Länder kritisch verschuldet
> Immer mehr Staaten stehen kurz vor dem Bankrott. Für den Schuldendienst
> kürzen sie Ausgaben in der Pandemie- und in der Klimakrise.
Bild: Colombos Finanzdistrikt: Sri Lanka hat sich stark verschuldet
Berlin taz | Die gute Nachricht vorweg: Die zu Beginn der Coronapandemie
befürchtete „Welle von bankrotten Staaten“ ist ausgeblieben. Das war es
dann aber auch schon. Denn verbessert hat sich die weltweite
Staatsverschuldung nicht. Im Gegenteil zeigt der [1][„Schuldenreport 2022“
von Misereor und Erlassjahr.de], dass inzwischen 39 Länder im Globalen
Süden „besonders akut von Überschuldung bedroht“ sind.
„Das sind dreimal so viele wie noch vor der Pandemie“, sagt Kristina
Rehbein, Koordinatorin von erlassjahr.de. Dabei gehe es nicht nur um
einkommensschwache Staaten. Ebenso betroffen seien kleine Inselstaaten mit
höherem Einkommen, die aber vom Tourismus abhängig sind, wie Dominica, und
auch „fragile Entwicklungsökonomien“ wie Sri Lanka oder [2][Tunesien].
Insgesamt seien 135 von 148 untersuchten Staaten „kritisch verschuldet“.
Was die vermeintlich gute Nachricht noch mehr entwertet: Die meisten Länder
mussten kreativ werden, um einen akuten Notstand zu vermeiden – und schufen
sich damit neue Probleme. Sri Lanka etwa baute unter anderem seine
Devisenreserven so stark ab, dass es nun keine medizinischen Güter mehr
importieren kann.
## Nachhaltiger Schaden
Insgesamt 83 Staaten verschafften sich Liquidität für den Schuldendienst,
indem sie öffentliche Ausgaben zusammenstrichen, die sie eigentlich
dringend zur Bekämpfung von Covid-19 und für Maßnahmen in der Klimakrise
gebraucht hätten. Die Autor:innen des Reports betonen, dass es sich
dabei nicht um Einmalkürzungen handle – sie würden sich mindestens bis 2026
durchziehen.
„Die [3][bisherigen Maßnahmen der G20] haben keine substanziellen
Schuldenerlasse ermöglicht“, sagt Klaus Schilder von Misereor. Nur knapp
die Hälfte der kritisch verschuldeten Länder seien beispielsweise für das
von den wichtigsten Industrie- und Schwellenländern beschlossene Common
Framework zur Umschuldung qualifiziert. Es konzentriert sich auf
Niedrigeinkommensländer. „Damit sind mehr als Hälfte der besonders kritisch
verschuldeten Länder ausgeschlossen“, so Schilder.
Und das größte Problem sei der hohe Anteil privater Gläubiger wie Anleger
oder Banken, die sich bis heute nicht an Entschuldungsmaßnahmen
beteiligten. „Sie wälzen die Kosten der Krise auf öffentliche Haushalte
ab“, kritisierte Rehbein: Einen Großteil der Gelder, die den verschuldeten
Ländern durch das Schuldenmoratorium der G20 und Liquiditätshilfen zur
Verfügung gestellt wurden, nutzten diese, um private Forderungen zu
finanzieren.
Ändern könnten dies die Regierungen der G7-Staaten. Denn in denen sei der
Großteil der privaten Gläubiger niedergelassen. Sie könnten durch nationale
Gesetzgebung in die Pflicht genommen werden. Hier müsse die Bundesregierung
mit ihrem G7-Vorsitz in diesem Jahr die Verantwortung übernehmen.
26 Jan 2022
## LINKS
[1] https://erlassjahr.de/produkt/schuldenreport-2022/
[2] /Coronakrise-in-Tunesien/!5781633
[3] /Ex-Ministerin-zu-Covid-im-Globalen-Sueden/!5767168
## AUTOREN
Beate Willms
## TAGS
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