| # taz.de -- Politwissenschaftler Werz zur Klimakrise: „Europa muss sich entsc… | |
| > Die Folgen der Erderwärmung sind oft mitverantwortlich für Kriege und | |
| > Migration. Was tun? Ein Gespräch mit Konfliktforscher Michael Werz. | |
| Bild: Boko Haram und der Kampf um fruchtbares Land im Norden Nigerias | |
| taz: Herr Werz, wenn sich in der Außenpolitik über Sicherheit unterhalten | |
| wird, ist meist von militärischer Abschreckung und Krisendiplomatie die | |
| Rede. Die Klimakrise kommt oft gar nicht vor. Dabei lassen sich soziale und | |
| politische Probleme, Migration und militärische Konflikte ohne sie doch | |
| kaum verstehen. | |
| Michael Werz: Korrekt, denn die Zweidimensionalität des Kalten Kriegs ist | |
| definitiv vorbei. Früher ging es darum, Nuklearsprengköpfe zu zählen und | |
| dann zu entscheiden, wer einflussreicher ist. Heute müssen wir lernen, ein | |
| dreidimensionales Schachspiel zu spielen. Das bedeutet auch, uns von der | |
| Illusion zu verabschieden, man könne Außen-, Sicherheits- und | |
| Entwicklungspolitik trennen. | |
| Was bedeutet das: sich von dieser Illusion zu verabschieden? | |
| Bisher haben wir es mit einer politischen Arbeitsteilung zu tun, in der | |
| Verteidigungs-, Umwelt- und Außenministerium nicht über die notwendigen | |
| Querverstrebungen verfügen. Die Arbeitsebenen der Ministerien müssen viel | |
| stärker miteinander verschränkt werden. In den USA nennen wir das | |
| sustainable security strategy. Das ist leicht gesagt und schwierig | |
| umzusetzen, weil es natürlich im Entwicklungsbereich legitime Vorbehalte | |
| gibt, sicherheitspolitische und militärische Diskussionen mitzuführen. Und | |
| im diplomatischen Bereich wird richtigerweise immer auf die zivile Hoheit | |
| in den Entscheidungsprozessen gepocht, auch wenn das Militär involviert | |
| sein sollte. | |
| Das ist jetzt noch sehr abstrakt formuliert. Können Sie an einem Beispiel | |
| skizzieren, welche Konflikte aus der Klimakrise resultieren oder durch sie | |
| verschärft werden? | |
| In Bangladesch ist gut ein Viertel des Landes durch Zyklone und den | |
| ansteigenden Meeresspiegel bedroht, es gibt dort Nahrungsmittelknappheit, | |
| den Verlust von Anbauflächen und eine massive Migration vom Land in die | |
| großen Metropolen. Das wird verschärft durch [1][die Flüchtlingsbewegung | |
| der Rohingya] nach den Verfolgungen in Myanmar. Mehrere hunderttausend | |
| Menschen sind vertrieben worden und sitzen jetzt in Flüchtlingslagern unter | |
| elenden Bedingungen im Westen des Golfs von Bengalen fest. | |
| Klimawandel und Kriegsführung produzieren eine explosive Mischung … | |
| Genau. Oder nehmen Sie die Sahelzone: Dort fallen viele bäuerliche | |
| Ackerflächen der Verwüstung anheim. Es gibt mehrere hundert Dörfer, die | |
| inzwischen im Norden von Niger, Mali und dem Tschad versandet sind. | |
| Klimawandel bedeutet fehlende Wasserressourcen, weniger Niederschläge und | |
| wenn es dann etwa in der Gegend um Agadez regnet, kommt es häufig zu Fluten | |
| und Zerstörung. | |
| Wo ist hier der Zusammenhang mit der Sicherheitsdimension? | |
| Die Situation wird unter anderem durch Migrationsbewegungen aus | |
| Zentralafrika in Richtung Europa verschärft. Klimakrise, Migration und | |
| bestehende Konflikte überschneiden sich: i[2][m Norden von Nigeria mit Boko | |
| Haram] oder in Niger, wo mit den Berbern und den Konflikten um Rohstoffe | |
| und Selbstbestimmungsrechte ohnehin schon schwierige politische Situationen | |
| bestehen. Man kann anhand dieser und anderer Beispiele zeigen, dass sich in | |
| instabilen Staaten und schwachen Regierungen bestehende Konflikte durch den | |
| Klimawandel weiter verschärfen und im Extremfall zu einem Zusammenbruch von | |
| Staatlichkeit beitragen können. | |
| Den Zusammenbruch von Staatlichkeit konnte man auch vor rund elf Jahren | |
| [3][im Arabischen Frühling] beobachten. Sehen Sie auch hier Zusammenhänge | |
| mit dem Klimawandel? | |
| Das ist schwieriger zu argumentieren, aber man sollte nicht vergessen, dass | |
| auf der ersten Demonstration in Tunis die Leute mit Baguettes herumgelaufen | |
| sind. Das hatte einen konkreten Grund, nämlich die Tatsache, dass sich im | |
| Sommer 2011 die Weizenpreise vervielfacht hatten. 2010 und 2011 gab es | |
| verheerende Überschwemmungen in Südchina, massive Regenfälle im Norden | |
| Kanadas, große Brände in Russland, Dürren in den Vereinigten Staaten. Eine | |
| besondere klimatische Situation führte dazu, dass der Weizenpreis weltweit | |
| explosionsartig anstieg. In den Ländern, die massiv von Importen abhängig | |
| waren, kam es zu Finanz- und Versorgungskrisen. | |
| Auf dem Tahrir-Platz in Kairo protestierte zum Beispiel auch ein Mann, der | |
| sich aus Fladenbrot einen Helm gebaut hatte. Die Omnipräsenz von | |
| Weißmehlprodukten war ein wichtiges Merkmal der Proteste – nicht der | |
| auslösende, aber doch ein beschleunigender Faktor des Arabischen Frühlings. | |
| Mit dem Abkommen von Paris gibt es die Selbstverpflichtung, die | |
| Erderhitzung auf 1,5 oder höchstens 2 Grad im Vergleich zur | |
| vorindustriellen Zeit zu begrenzen, aber alles hängt davon ab, wie sehr | |
| sich die Staaten wirklich bewegen. Klar ist aber: Das fossile Zeitalter | |
| wird enden, also das Zeitalter der Erdölförderung. Was heißt das für die | |
| Stabilität der Golfstaaten? | |
| In Washington wird in diesem Kontext immer ein Witz erzählt. Eine arabische | |
| Führungspersönlichkeit kommt nach Washington. Ein Mitglied der US-Regierung | |
| sagt ihr: „Wenn ihr so weitermacht wie bisher, dann werdet ihr in 50 Jahren | |
| wieder da sein, wo ihr vor 100 Jahren wart. Ihr werdet in Zelten leben, in | |
| der Wüste.“ Der Vertreter von der arabischen Halbinsel antwortet: „Tell me | |
| something I don’t know.“ | |
| Falls das nun heißen soll, dass die Golfstaaten längst vorbereitet sind, | |
| verbergen sie ihren Willen zur Veränderung recht gut. | |
| Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate lassen sich etwa auf der | |
| Münchner Sicherheitskonferenz durch eloquente Regierungsmitglieder | |
| vertreten, die auf beeindruckende Weise über Nachhaltigkeit und | |
| Klimaprojekte sprechen. Aber wenn eine Nachhaltigkeitsstrategie von der | |
| Demokratisierung politischer Verhältnisse entkoppelt ist, dann ist das die | |
| denkbar unfruchtbarste Grundlage für irgendeine Form von Modernisierung. | |
| China ist neben Russland und den USA die aufstrebende Großmacht. Noch | |
| bestimmen militärische Stärke und vor allem Wirtschaftskraft die globale | |
| Konkurrenz. Wird sich das im Zuge der Klimakrise ändern? | |
| Es gibt ja einen Grund, warum das Marx’sche Argument von der | |
| Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Entwicklung nach wie vor tragfähig | |
| ist. Es gibt keine lineare Entwicklung hin zu einem ökonomischen | |
| Idealzustand. China wird in den nächsten 20 bis 30 Jahren ungeheure | |
| Herausforderungen erleben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich in | |
| Hongkong, in den uigurischen Regionen und in Tibet die Leute völlig | |
| unterwerfen. Und China ist inzwischen mit einer demografischen Entwicklung | |
| konfrontiert, die genauso schlecht wie die Deutschlands ist. | |
| Worauf wollen Sie hinaus? | |
| Es wird in absehbarer Zeit an Arbeitskräften fehlen. Und das ist für China | |
| ein zentrales Moment. Das Prinzip, das die chinesische ökonomische | |
| Entwicklung über lange Zeit hinweg geprägt hat, ist der Überfluss an | |
| Arbeitskräften. Wie China mit der Situation umgeht, wenn das Land in 20 | |
| Jahren unter Umständen darauf angewiesen ist, dass auch Menschen aus dem | |
| Ausland viel stärker Funktionen in der chinesischen Gesellschaft | |
| wahrnehmen, die bisher mit über 90 Prozent Han-Chinesen sehr homogen und | |
| oft fremdenfeindlich ist – das ist noch nicht ausgemacht. | |
| Das ist jetzt wieder die sozio-ökonomische Perspektive auf die innere | |
| Stabilität. Aber die ökonomische Perspektive ist doch untrennbar mit dem | |
| Verlauf der Klimakrise verbunden. | |
| China hat eine ganze Reihe von Klima-Hotspots. Das uigurische | |
| Siedlungsgebiet ist zum Beispiel extrem von Versteppung, Luft- und | |
| Wasserverschmutzung betroffen. Dort stecken nicht nur über eine Million | |
| Menschen in Umerziehungslagern, sondern die Region hat durch den | |
| Klimawandel auch mit Nahrungsmittelknappheit zu kämpfen. | |
| Das Gleiche gilt für viele Flussläufe in den östlichen Landesteilen, die | |
| vom ansteigenden Meeresspiegel und erhöhter Flutgefahr betroffen sind. Der | |
| Klimawandel steht daher in direktem Zusammenhang mit der Stabilität des | |
| chinesischen Modells. Ob die kapitalistisch gewendete Kommunistische Partei | |
| die Menschen davon zu überzeugen vermag, dass sie die Probleme lösen kann, | |
| bleibt abzuwarten. | |
| Drehen wir die Perspektive doch einmal um: Die Sahara zum Beispiel hat das | |
| Potenzial, künftig große Mengen Solarenergie zu liefern, an der andere | |
| Staaten Interesse haben dürften. Das könnte im Umkehrschluss bedeuten, dass | |
| die Klimakrise und das Ende des fossilen Zeitalters in einer Region wie | |
| Nordafrika mehr Stabilität und Sicherheit bringt. | |
| Das Potenzial von Solarenergie ist enorm. Nur hängt eben alles an moderner | |
| Technologie und politischer Stabilität. Man kann inzwischen über weite | |
| Entfernungen Strom mit relativ geringen Verlusten transportieren. | |
| Solarenergie verlangt aber ein hohes Maß technologischen Wissens und | |
| moderneres Management als die archaische Technik, Öl aus dem Boden zu | |
| pumpen. Das Potenzial wird durch die schwierigen politischen Verhältnisse | |
| in Ländern wie Algerien und Marokko blockiert. Gerade das Königshaus in | |
| Marokko hat sich unter guten Bedingungen mit recht hohem Bildungsstand im | |
| Land sowie einer recht offenen religiösen Orientierung als erstaunlich | |
| reformunwillig gezeigt. | |
| Trotz aller Ressourcen ist das keine aufstrebende Weltregion des | |
| postfossilen Zeitalters? | |
| Auch Marokko und Algerien haben mit dem steigenden Meeresspiegel im | |
| Mittelmeer zu kämpfen, insbesondere in den landwirtschaftlichen Zonen im | |
| Norden. Das führt zur Versalzung des Bodens. Hinzu kommen zunehmend | |
| unregelmäßiges Wetter und klimatische Bedingungen, die die Eigenversorgung | |
| mit Nahrungsmitteln einschränken. Beide Länder sind von Weizenimporten | |
| abhängig. Die Chancen der Solarenergie könnten dabei, wenn die Ressourcen | |
| richtig genutzt werden, zu einer stärkeren und wünschenswerten Integration | |
| von Nordafrika und Europa führen. | |
| Im Mittelmeer treffen klassische Sicherheitspolitik und Klimakrise bisher | |
| aber brutal aufeinander. Das Meer dient zur Abschottung gegen diejenigen, | |
| die auch vor den Folgen des Klimawandels fliehen. Sind die Aussichten nicht | |
| eher so, dass wir noch mehr Abschottung gegen die größten Verlierer der | |
| Klimakrise sehen werden? | |
| Natürlich muss kritisch diskutiert werden, was die europäische | |
| Grenzsicherung durch Frontex im Mittelmeer tut – teils auch unter | |
| deutlicher Übertretung des gesetzlichen Rahmens. In Europa muss man sich | |
| endlich der Diskussion stellen und nicht nur Besorgnis äußern: Allein im | |
| vergangenen Jahr starben mindestens 4.400 Migranten im Mittelmeer, ein | |
| neuer Höchstwert. Soll das so weitergehen? | |
| Es ist eine schwierige Situation, denn viele Untersuchungen belegen, dass | |
| in vielen afrikanischen Staaten ein Großteil der gebildeten jüngeren | |
| Bevölkerung gern nach Europa kommen würde – mit dem Verlust dieser | |
| Bildungsressourcen für Afrika und den erwartbaren politischen Konflikten in | |
| der EU. Es ist eine Gratwanderung, aber die Europäer müssen diese | |
| politischen Herausforderungen angehen. | |
| Ich kann dazu nirgendwo einen Willen erkennen. Sehen Sie Ansätze dazu? | |
| Ich habe dafür auch keine Lösung. Aber es gibt den Migrationsdruck in | |
| afrikanischen Regionen und eine negative demografische Entwicklung Europas. | |
| Allein Deutschland braucht jedes Jahr 400.000 Arbeitsmigranten, | |
| qualifizierte wie unqualifizierte, von der Gartenarbeit bis zum Schieben | |
| des Rollstuhls. Die Leute werden in zehn Jahren nicht mehr aus Osteuropa | |
| kommen. In einem ressourcenarmen, exportorientierten Innovationsland wie | |
| Deutschland braucht man diese Menschen, um auch in 20 Jahren noch in der | |
| Lage zu sein, genug Kapital zu erwirtschaften, um den unglaublich hohen | |
| Lebensstandard zu halten. | |
| Die Europäer müssen sich zwei Dinge vergegenwärtigen. Nämlich dass sie | |
| Nachbarn Afrikas sind, und dass sie, vielleicht etwas flapsig formuliert, | |
| bis zum Ende des Jahrhunderts eine Entscheidung treffen müssen: ob sie | |
| aussterben oder sich mischen wollen. Und es ist nicht ausgeschlossen, dass | |
| einige europäische Länder das Aussterben bevorzugen. | |
| Sie hatten die Münchner Sicherheitskonferenz bereits angesprochen. Mein | |
| Eindruck war zuletzt, dass dort unter dem Thema Sicherheit und Klima eher | |
| der Treibstoffverbrauch von Panzern durchdekliniert wurde. | |
| Die Münchner Sicherheitskonferenz hat in den vergangenen Jahren endlich | |
| Themen nachhaltiger Sicherheit ernster genommen und es gab einige | |
| interessante Veranstaltungen dazu. Aber auch die Treibstoff-Frage sollte | |
| man nicht verlachen. Das Pentagon verbraucht etwas über ein Prozent der | |
| gesamten US-Energie. In Afghanistan war der Energieverbrauch einer der | |
| Schlüsselmomente. Jede Gallone – also vier Liter – Diesel, die man zu einem | |
| vorgeschobenen Außenposten transportierte, um Strom zu erzeugen und die | |
| Fahrzeuge mobil zu halten, kostete, bis sie dort ankam, 400 Dollar. | |
| Die USA haben beim Lkw-Transport zu den Außenposten viele Soldatinnen und | |
| Soldaten verloren. Und das hat beim Pentagon dazu geführt, dass man sich | |
| überlegt hat, wie man sich von dieser Energieabhängigkeit und ihren | |
| Problemen unabhängiger machen kann. Das eröffnet die Möglichkeit, im | |
| Pentagon diese Diskussion strategisch neu zu positionieren. Man kann sagen: | |
| Das ist jetzt nur militärisches Eigeninteresse. Das ist es natürlich auch, | |
| aber es eröffnet Diskussionen, die Chancen bieten. | |
| Können Sie noch ein Beispiel nennen? | |
| Zum Beispiel die Tatsache, dass eine der wichtigsten Landebahnen für B-2 | |
| Bomber auf Diego Garcia, einer kleinen Insel im Indischen Ozean, wegen des | |
| steigenden Meeresspiegels immer öfter überflutet wird. Solche operativen | |
| Probleme haben Auswirkungen darauf, wie die Air Force über Klimawandel | |
| nachdenkt. Man kann aus Sicht eines Friedensbewegten sagen: Ist doch gut, | |
| wenn B-2 Bomber nicht als strategische Langstreckenbomber eingesetzt werden | |
| können. Ein legitimes Argument, aber das bedeutet nicht, dass das nicht | |
| auch Einfluss darauf hat, wie ein Militär über den Klimawandel denkt. | |
| Bisher war das US-Militär eher dafür bekannt, der Spur des Erdöls zu | |
| folgen. Dass jetzt an Benzin gespart wird und eine neue Bomber-Basis | |
| gesucht wird, zeugt noch nicht wirklich von gewandeltem Bewusstsein. | |
| Die USA werden doch in jedem Konflikt und bei jeder Katastrophe der Welt | |
| sofort gefragt. Dabei geht es immer öfter um konkrete Hilfestellungen. Das | |
| US-Militär ist mit seinen 750 Militärbasen weltweit präsent und erfährt in | |
| Mali, in Nigeria, in Niger, in Myanmar, an der chinesischen Peripherie, im | |
| pazifischen Raum oder in Lateinamerika aus erster Hand, dass Klimawandel | |
| ernst genommen werden muss. | |
| Es ist beeindruckend, zu sehen, wie stark die Diskussionen zum Zusammenhang | |
| von Klimakrise und Sicherheitspolitik die strategische Planung und auch das | |
| Denken der US-Marine prägen. Das sind keine Leute, denen etwa konservative | |
| Politiker vorwerfen können, dass es irgendwelche treehugger seien, die die | |
| Bäume umarmen wollen. Im Gegenteil, Klimawandel betrifft zentrale | |
| sicherheitspolitische Interessen. Ein ehemaliger Drei-Sterne-General sagte | |
| vor Kurzem sinngemäß: Jeden Dollar, den wir für Entwicklungshilfe ausgeben, | |
| brauche ich später nicht für Patronen auszugeben. | |
| Zeitigt das auch politische Folgen? | |
| 2010, in seinem zweiten Amtsjahr, kam von US-Präsident Barack Obama die | |
| Devise: Wir müssen den Klimawandel strategisch durchdenken. Im gleichen | |
| Jahr wurde in der strategischen Bestandsaufnahme des US-Militärs | |
| Klimawandel zum ersten Mal als Bedrohung eingeordnet. Im November 2013 | |
| hielt der damalige US-Verteidigungsminister Chuck Hagel auf dem Halifax | |
| International Security Forum eine Grundsatzrede über Klima und Sicherheit. | |
| Ich werde das nie vergessen, weil ich zwischen einem französischen und | |
| einem arabischen Militärfunktionär saß, die sich beide über den | |
| US-Verteidigungsminister amüsiert haben. Sie fanden das possierlich. Hagels | |
| Mitarbeiter:innen mussten in den Folgetagen ungeheuer viel | |
| Aufräumarbeiten verrichten, um vielen doktrinären Militärtraditionalisten | |
| zu erklären, dass das ein Zukunftsthema ist. | |
| Die Nato hat sich bereits ein Klima-Aktionsprogramm verordnet. | |
| Generalsekretär Jens Stoltenberg war bei beiden internationalen | |
| Klimagipfeln in Paris und in Glasgow. Wird die Nato künftig eine | |
| Entwicklungshilfeorganisation? | |
| Nein, so weit wird es nie kommen. Und man wird, wie wir wissen, Wladimir | |
| Putin auch nicht mit der Yogamatte von der nächsten Invasion abhalten. Es | |
| gibt leider auch weiterhin die harten Konflikte, etwa die aktuelle | |
| russische Aggression. Diesen müssen sich die Europäer stellen und | |
| glaubwürdig machen, dass die nächste Landnahme von Putin dramatische | |
| Konsequenzen haben wird. Aber die Nato hat auch eine wichtige Rolle bei der | |
| Klimadebatte. Nicht zuletzt, weil die Diskussion in den USA weiter | |
| fortgeschritten ist als in Europa. Es wird interessant sein, zu sehen, ob | |
| diese notwendige Debatte transatlantisch jetzt eine neue Dynamik gewinnen | |
| kann. | |
| Die neue deutsche Außenministerin Annalena Baerbock hat immerhin auch den | |
| Anspruch auf internationale Klimapolitik erhoben. Kann Deutschland da etwas | |
| entscheidend verändern? | |
| Deutschland hat im Bereich Klima viel vorzuweisen. Das Land ist | |
| entwicklungsmäßig, technologisch und bei den industriellen Standards vielen | |
| anderen Regionen weit voraus. Das bedeutet zweierlei: zum einen eine | |
| beträchtliche Option für die deutsche Industrie, im Rahmen der großen | |
| globalen Infrastrukturprogramme Geld mit Technologien und Strategien zu | |
| verdienen, die uns helfen werden, den Energieverbrauch zu reduzieren und | |
| uns den Klimaschutzzielen anzunähern. | |
| Gleichzeitig hat die Außenministerin die einmalige Chance, eine | |
| internationale Diskussion zu beginnen, welche Stabilitätsbeiträge die | |
| einzelnen Länder global leisten, für die Nato, Klimadiplomatie und auch | |
| Entwicklungshilfe. Das wäre ein großer Schritt auf dem Weg zu einem | |
| nachhaltigen Sicherheitsbegriff. | |
| 16 Jan 2022 | |
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