# taz.de -- Frühjahrstagung von Weltbank und IWF: Grüner Anstrich gesucht | |
> Die Weltbank soll grüner und nachhaltiger werden. Doch wie viel | |
> Klimaschutz und Menschenrechte stecken in den Reformplänen wirklich? | |
Bild: Die Politik von IWF und Weltbank ist immer wieder Anlass für Proteste, h… | |
BERLIN taz | Am Sonntag endete die einwöchige Frühjahrstagung der beiden | |
Entwicklungsinstitutionen Weltbank und des Internationalen Währungsfond | |
(IWF) in Washington. Ein Thema stach besonders hervor: die Finanzierung von | |
Maßnahmen gegen den Klimawandel. Darum soll es auch in einer Reform der | |
Weltbank gehen. Wie viel Klimaschutz und Menschenrechte stecken in den | |
Plänen? | |
Angestoßen von den USA und Deutschland, forderten einige Anteilseigner der | |
Weltbank im Herbst 2022 eine Reform der größten globalen Entwicklungsbank. | |
Ziel: Die Weltbank soll sich statt staatlicher Unterstützung von | |
Entwicklungsplänen bei der Bewältigung globaler Herausforderungen wie dem | |
Klimawandel einbringen. Kurz: Die Weltbank soll mehr Geld zur Verfügung | |
stellen. | |
Auf der Frühjahrstagung einigten sich die Anteilseigner auf [1][erste | |
Schritte]. Diese sollen 50 Milliarden US-Dollar mehr freigeben über die | |
nächsten zehn Jahre. Zum Beispiel will die Weltbank das Verhältnis von | |
Eigenkapital zu Krediten von 20 auf 19 Prozent senken, um mehr Geld | |
ausgeben zu können. Auch sollen mehr Garantien für bilaterale Investitionen | |
gegeben werden. | |
Das meiste Geld soll durch private Investoren herangezogen werden, erklärte | |
Weltbankchef David Malpass. Das Bundesentwicklungsministerium wertete die | |
Schritte als Erfolg. Bis zur nächsten Jahrestagung im Oktober sollen | |
weitere Reformschritte kommen. Die ersten Schritte sind jedoch beschaulich | |
und die angesetzte Summe im Gegensatz zu den Billionen, die im Vorfeld im | |
Gespräch waren, nur ein moderater Aufschlag. Die Vereinten Nationen | |
berechnen, dass [2][allein für die Energiewende 2,4 Billionen Dollar in | |
sieben Jahren benötigt] würden. | |
Forderungen nach einer Reform der Weltbank gibt es schon lange. Allerdings | |
ging es dabei bis dato eher um das koloniale Erbe der sogenannten | |
Bretton-Woods-Institutionen. Ein Kritikpunkt: Die Leitung der Institutionen | |
wird traditionell von den USA für die Weltbank und von der EU für den IWF | |
bestimmt. | |
## Kritik an der Besetzung | |
So lief es auch ab, als Weltbankpräsident David Malpass im Februar seinen | |
Rücktritt ankündigte. US-Präsident Joe Biden ernannte den indischstämmigen | |
US-Unternehmer Ajay Banga als Nachfolger, der im Gegensatz zu Malpass | |
Engagement für Klimaschutz bekundet hat. Das Verfahren wird dennoch | |
vielfach als undemokratisch und intransparent kritisiert. | |
Auch auf der Frühjahrstagung in Washington war das Thema. „Da die | |
Entwicklungsländer eine immer wichtigere Rolle in der Weltwirtschaft | |
spielen, ist es notwendig, ihre Vertretung in der Führung internationaler | |
Institutionen zu erweitern und zu stärken“, forderte etwa die | |
stellvertretende UN-Generalsekretärin Amina Mohammed. | |
Siddharth Akali von der Coalition of Human Rights in Development | |
kritisierte in einem Nebenevent die Ernennung von Banga „hinter | |
verschlossenen Türen“ als Signal, dass Reformen „mehr vom Gleichen“ sein | |
werden: „nämlich neoliberale, marktorientierte Ansätze, die sich an den | |
internationalen Kapital- und Rohstoffmärkten orientieren, anstatt an den | |
Bedürfnissen der Menschen in den Bereichen Gesundheit, Bildung und soziale | |
Sicherheit“. | |
Investorenfreundliche Reformvorgaben und Sparmaßnahmen sind weitere Punkte, | |
die in der Kritik stehen: Als Bedingung für Finanzspritzen oder | |
Umschuldungsverfahren, verlangt der IWF Sparmaßnahmen, die dann häufig zu | |
Kürzungen in der Bildung oder Gesundheit führen. Aber auch außerhalb dieser | |
Sparmaßnahmen fordern die Finanzinstitute Reformen von den Kreditnehmern, | |
festgehalten etwa im Weltbank Ease of Doing Business Ranking. | |
Dort geht es um Maßnahmen wie den Bürokratieabbau. Zivilgesellschaften | |
kritisieren, dass die Finanzinstitutionen Reformen vorantreiben, wie etwa | |
zur Exportausrichtung, Privatisierungen öffentlicher Güter und Unternehmen, | |
geringere Unternehmensteuern oder Lockerungen der Landrechte zugunsten von | |
Unternehmen und zulasten von Gemeinschaften. Ebenso stehen Naturzerstörung | |
und die Ausbeutung von Ressourcen, um Wachstum zu schaffen, in der Kritik. | |
## Wohin fließt das Geld? | |
Auch finanziert die Weltbank weiterhin fossile Energien. Nach | |
[3][Recherchen von der NGO Urgewald] hat die Bank nach Verabschiedung des | |
Pariser Klimaabkommens (2016–2020) mehr als 12 Milliarden Dollar in fossile | |
Energien in über 35 Ländern investiert. Nicht einberechnet ist hier | |
indirekte Finanizierung, „zum Beispiel an staatlicher | |
Haushaltsfinanzierung, Handelsfinanzierung, Kapitalbeteiligungen und | |
politische Reformen, wie Steuererleichterungen und höhere Energietarife“, | |
sagte Heike Mainhardt von Urgewald der taz. | |
Dazu stehe nichts in den Reformplänen der Weltbank, kritisiert sie. Solange | |
die Weltbank „fossile Brennstoffe nicht auf ihre Ausschlussliste setzt, | |
wird die Roadmap der Bank auch mehr Finanzmittel für fossile Brennstoffe | |
freisetzen und uns weiterhin weit über 1,5° C Erwärmung hinaus treiben“. | |
Gleichzeitig gibt es Bedarf an Kapital für Investitionen gegen den | |
Klimwandel, Anpassungmaßnahmen oder soziale Sicherungsysteme. Die Betonung | |
von Investition in Soziales und Naturschutz ist anzuerkennen, da sie zum | |
größten Teil eben keine Kapitalrenditen erhoffen lassen. Umso mehr schürt | |
dies [4][Befürchtungen, dass Finanzierung in Form von Krediten, die | |
Schuldenkrise in vielen Ländern verstärken wird]. | |
Auf der Frühjahrstagung wurde auch über globale Umschuldungsverfahren und | |
Schuldenerlasse diskutiert. Beim Runden Tisch mit privaten Investoren und | |
bilateralen Kreditgebern gab es allerdings wenig Fortschritt. Gegenüber der | |
Presse betonte Malpas die Rolle von China, das sich bislang schwer mit | |
Schuldenerlassen tut. Das Land ist mittlerweile größer bilateraler | |
Kreditgeber. NGOs fordern, die Weltbank und G7-Staaten sollten nicht auf | |
China warten, um selbst Schuldenerlasse vorzunehmen. | |
„Die ärmsten Länder der Welt sind so hoch verschuldet wie nie zuvor in der | |
Geschichte – sechs von zehn Ländern sind in Not und müssen sich | |
entscheiden, ob sie ihre Gläubiger bezahlen oder die Menschen ernähren. Ein | |
umfassender Schuldenerlass ist dringend erforderlich, um den Erfordernissen | |
der COVID-19-Erholung, klimaresistenter Ernährungssysteme und der Ziele für | |
nachhaltige Entwicklung gerecht zu werden“, sagte Lim Li Ching, | |
Co-Vorsitzende des International Panel of Experts on Sustainable Food | |
Systems der taz. | |
Darüber hinaus fordern Entwicklungsorganisationen Reparationszahlungen, um | |
mehr Geld für öffentliche Güter bereitzustellen. Industrieländer sollten | |
sie als Ausgleich der kolonialen Verbrechen der Vergangenheit und den durch | |
ihre Industrialisierung vorangetriebenen Klimawandel zahlen. | |
16 Apr 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://www.worldbank.org/en/news/speech/2023/04/13/spring-meetings-2023-pr… | |
[2] https://www.ipcc.ch/sr15/chapter/spm/ | |
[3] https://www.urgewald.org/medien/weltbank-jahrestagung-bank-investiert-seit-… | |
[4] /IWF-und-Weltbank-auf-Fruehjahrstagung/!5924846 | |
## AUTOREN | |
Leila van Rinsum | |
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