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# taz.de -- Krise in der Bildung: Nur ein halber Gipfel
> Ministerin Stark-Watzinger lädt nach Berlin, um über Wege aus der
> Bildungskrise zu reden. Was bringt das, wenn die meisten Länder nicht
> dabei sind?
Bild: Ministerin Bettina Stark-Watzinger lädt am 14. März zum Bildungsgipfel …
Berlin taz | Man kann nicht behaupten, dass es für Bettina Stark-Watzinger
in diesem zweiten Ampeljahr prächtig läuft. Beim Dreikönigstreffen der FDP
hat ihr Parteifreund Christian Lindner gleich mal eine Obergrenze für
anstehende Investitionen in ihrem Ressort („Bildungsmilliarde“) eingezogen.
Die Einmalzahlung für Studierende, die nach Monaten des Wartens noch im
März ausbezahlt werden soll, hat Stark-Watzingers Glaubwürdigkeit als
beherzte Macherin angekratzt. Und nun stellt sich ihr lang beworbener
Bildungsgipfel als Spießrutenlauf heraus.
Nur zwei der 16 Bildungsminister:innen sind der Einladung gefolgt, um
diesen Dienstag und Mittwoch mit Stark-Watzinger und Vertreter:innen
aus Kommunen, Wissenschaft, Schüler- und Lehrerverbänden über die Probleme
an den Schulen zu sprechen. Allen voran den [1][eklatanten
Lehrkräftemangel], die stockende Digitalisierung, die fehlende
Chancengleichheit oder zu viele Schulabbrecher:innen. Gekommen sind
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe und die Präsidentin der
Kultusministerkonferenz (KMK), Berlins Bildungssenatorin Astrid-Sabine
Busse (beide SPD).
Die übrigen Länder bleiben dem Treffen fern, weil sie im Vorfeld inhaltlich
nicht einbezogen worden seien, teilen die Ministerien auf Anfrage mit. Es
gäbe aus diesem Grund „keine gemeinsame Arbeitsgrundlage“, heißt es
beispielsweise aus dem Schulministerium von Nordrhein-Westfalen. „Weder der
Termin noch Format und Inhalte waren mit uns abgesprochen“, begründet
Hessens Bildungsminister Alexander Lorz (CDU) sein Fehlen. Außerdem, ätzte
Lorz, solle sich Stark-Watzinger in die Angelegenheiten der Länder „lieber
nicht einmischen und uns in Ruhe arbeiten lassen“. Ähnlich spitz äußerte
sich Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU).
Für Bettina Stark-Watzinger ist der Quasiboykott ein Problem. Sie hat für
die zweitägige Konferenz „bildungspolitische Spitzengespräche“ versproche…
die es nun nur teilweise gibt. Die Panels aber sollen Impulse für eine neue
„Taskforce Bildung“ geben, wie Stark-Watzinger am Dienstag ankündigte. Das
neue Gremium solle zu den verschiedenen Problemen „konkrete
Arbeitsaufträge“ für Bund, Länder und Kommunen erarbeiten, so
Stark-Watzinger. Die FDP-Politikerin wiederholte in ihrer Eröffnungsrede
ihren Wunsch, zu einer „neuen Form der Zusammenarbeit“ kommen zu wollen.
Der Bildungsgipfel sei dazu nur der Auftakt.
## „Wir haben keine Zeit für Uneinigkeit“
Auf wie viel Anerkennung dieser Prozess stoßen wird, ist jedoch offen. „Von
den Ideen der Bundesbildungsministerin habe ich aus Medienberichten
erfahren“, sagte Karin Prien im Gespräch mit der taz. Die neue Task Force
hält sie für überflüssig. „Es gibt genügend Gremien, in denen wir reden
können.“ So kämen Stark-Watzinger und die Bildungsminister:innen
beispielsweise am Donnerstag beim KMK-Treffen zusammen.
Beim Bildungsgipfel waren dann trotzdem versöhnliche Töne zu hören. Die
KMK-Vorsitzende Busse lobte das Treffen als Auftakt, „in einen intensiven
Austausch zu gehen, um die Herausforderungen gemeinsam zu meistern“. Einen
bissigen Kommentar über ihre schwänzenden Kolleg:innen konnte sich Busse
aber nicht verkneifen. Die gemeinsame Zusammenarbeit gelinge nicht, wenn
sich einige Akteure „in persönlichen Profilierungsversuchen verlieren“, so
Busse. So ähnlich formuliert es auch Stark-Watzinger: „Wir haben keine Zeit
für Uneinigkeit.“ Es wäre ein gutes Signal, wenn die Politik nicht über
Befindlichkeiten reden würde, sondern über die Probleme im Land. „Das
erwarten die Menschen von uns.“
Ein Anspruch, den auch viele Panelist:innen am ersten Tag des
Bildungsgipfels teilten. Einig waren sich GEW-Chefin Maike Finnern,
Lehrerverbandschef Heinz-Peter Meidinger und Wiebke Maibaum von der
Bundesschülerkonferenz aber in ihrer Beobachtung, dass die Politik ein
Umsetzungsproblem habe. „Wir müssen als Gesellschaft doch mal anerkennen,
dass die Chancenungleichheit das größte Problem ist“, sagte
Gewerkschafterin Finnern. Geld für Ausstattung [2][und Personal] fehle aber
ausgerechnet an den Schulen, die es besonders nötig haben. Auch Hamburgs
Schulsenator Rabe pflichtet bei: „Wir müssen ins Handeln kommen.
## Finanzierung ist ein Streitpunkt
Doch wie genau die Lösungen aussehen sollen, ist teils sehr umstritten.
Besonders gut lässt sich das beim Startchancenprogramm beobachten, einem
Versprechen aus dem Ampel-Koalitionsvertrag. 4.000 Schulen in sozial
benachteiligter Lage sollen zusätzliche Mittel und
Schulsozialarbeiter:innen bekommen. Im kommenden Jahr soll es
starten. Bislang konnten sich die Länder bislang nicht einigen, wie Mittel
verteilt werden sollen. Vor allem Bayern und Sachsen pochen auf den
Königsteiner Schlüssel, der Mittel nach Wirtschaftskraft und Einwohnerzahl
bemisst. Würden die Mittel jedoch anhand der Quote der bedürftigen Schulen
verteilt, wie das auch die Ampelregierung möchte, bekämen Hamburg, Berlin
oder Bremen deutlich mehr Geld. Einen Kompromiss haben die Länder bisher
noch nicht gefunden.
Vor allem aber die Finanzierung ist ein Streitpunkt.
Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger geht davon aus, dass die von
Lindner in Aussicht gestellte „Bildungsmilliarde“ eine
„Startchancenmilliarde“ ist, also komplett in das Programm fließen wird.
Auf dem Bildungsgipfel nahm sie aber auch die Länder in die Pflicht: „Bei
einem gemeinsamen Programm müssen wir auch gemeinsam finanzieren.“ Sprich:
Die Länder sollen selbst eine weitere Milliarde drauflegen. Die Länder
hingegen fordern eine stärkere Beteiligung des Bundes. „Bisher wissen wir
noch nicht mal, ob der Bund eine Milliarde zur Verfügung stellt oder
nicht“, kritisiert Bildungsministerin Prien aus Schleswig-Holstein. Deshalb
müssten jetzt alle Beteiligten verbindliche Zusagen machen und miteinander
reden – auch „wenn beim Bildungsgipfel viel Porzellan zerschlagen wurde“.
14 Mar 2023
## LINKS
[1] /Lehrkraeftemangel-in-Sachsen-Anhalt/!5911996
[2] /Teilzeitquote-an-Schulen/!5908091
## AUTOREN
Ralf Pauli
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Bildungssystem
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