| # taz.de -- Gedanken zum Klimaaktivismus: Empowerment ist kein Schulfach | |
| > #LütziBleibt – nicht. Protest bringt eh nichts, könnte man da sagen. | |
| > Dabei lehrt einen der Aktivismus mehr fürs Leben als Uni oder Schule. | |
| Bild: Hat es was gebracht? Klimaaktivisten am Tagebau Garzweiler | |
| [1][Lützerath wurde geräumt], [2][RWE hat gewonnen] und die Politik macht | |
| faule Kompromisse. Da könnte man fragen: Hat der ganze Klimaaktivismus | |
| überhaupt etwas gebracht? | |
| Ich finde: ja. Denn nichts ist sinnstiftender als Aktivismus und nichts | |
| empowert junge Menschen mehr, als gemeinsam die Welt zu verändern. Ohne | |
| Klimaaktivismus wäre ich heute weder Kommunalpolitiker*in noch | |
| Autor*in. Ohne all die Aktionen würde ich in zwei Wochen auch nicht mein | |
| erstes Musikprojekt veröffentlichen. | |
| Kann ich wirklich Kommunalpolitik machen? Wie schreibt man ein Buch? Wie | |
| gründe ich ein Unternehmen? Das sind Fragen und Fähigkeiten, die | |
| Selbstbewusstsein erfordern. Studium oder Schule haben mich darauf nicht | |
| vorbereitet. Erst der Klimaaktivismus hat mir das Gefühl gegeben, dass ich | |
| das Recht habe, politische Teilhabe einzufordern – und dass ich das kann. | |
| Bei [3][Fridays for Future] habe ich Dutzende junge Menschen in ganz | |
| Deutschland kennengelernt. Die meisten waren damals, so wie ich, gerade mal | |
| 18 und steckten zwischen Schule und Ausbildung. Die wenigsten wussten, wie | |
| man Pressearbeit macht oder einen Bus von Mainz nach Lützerath organisiert. | |
| Heute haben wir eins gemeinsam: Die Dinge, die wir tun, würden wir nicht | |
| machen, wenn wir keine Klimaktivist*innen wären. Warum? Weil das | |
| Engagement bei Fridays for Future etwas schafft, woran unser Schulsystem | |
| scheitert – echtes Empowerment. | |
| 2020 haben wir in Mainz eine Demo angemeldet, zu der nur 700 Menschen | |
| zugelassen wurden. Das war unfair, also wollten wir klagen. Das Gespräch | |
| mit dem Ordnungsamt hat sich angefühlt, als säßen wir als | |
| Fünftklässler*innen beim Rektor. Der Leiter der Versammlungsbehörde gab | |
| uns zu verstehen, dass er persönlich gekränkt sei. Fragte, was wir uns | |
| erlauben würden, seine Entscheidung anzuzweifeln, und überhaupt, Fridays | |
| for Future, die wären doch immer so kooperativ gewesen. | |
| Ich habe mich erniedrigt gefühlt, er hat uns klein gemacht. Aus unserer | |
| Euphorie, zu klagen, wurde Unsicherheit und Angst. Was, wenn wir verlieren? | |
| Als Gruppe waren wir mutig genug und haben trotzdem geklagt. Im Rückblick | |
| wirkt das fast lächerlich – vor allem, weil das Verwaltungsgericht noch am | |
| selben Abend unserem Eilantrag recht gab. Das war ein ermutigender Moment, | |
| den ich so in keiner Schulstunde und in keiner Vorlesung erlebt habe. | |
| ## Mutige Persönlichkeiten | |
| Oft heißt es, dass junge Menschen Politik uninteressant finden oder dass | |
| die Jugend immer unselbstständiger wird. Aber wer mit 18 fast das ganze | |
| Land in Bewegung gesetzt, Demonstrationen organisiert und Busse gechartert | |
| hat, der lernt nicht nur viel in diesen konkreten Momenten, sondern wird | |
| auch im späteren Leben eher sagen: Ich mache das jetzt. | |
| Im besten Fall kann man mit Klimaaktivismus die Welt verbessern. Im | |
| zweitbesten Fall entwickeln sich junge Menschen zu Persönlichkeiten, die | |
| mutiger durchs Leben gehen und die Dinge umsetzen, auf die sie Lust haben. | |
| Auf Youtube erzählt der Neoliberalismus jungen Menschen, „Macher*innen“ | |
| wären diejenigen, die im Ralph-Lauren-Hemd Sportwagen fahren und ihr Geld | |
| mit [4][Krypto] verdienen. Natürlich wissen viele, dass das Quatsch ist und | |
| der Begriff „Macher*in“ mindestens ein bisschen cringe. Aber sind | |
| Macher*innen nicht eigentlich diejenigen, die in ihrer Jugend | |
| Klimakongresse organisieren, Proteste planen und dabei versuchen, einen | |
| Großkonzern daran zu hindern, die Kohle aus dem Boden zu holen? | |
| 5 Feb 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Maurice Conrad | |
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