# taz.de -- Neue Gesetze im neuen Jahr: Was ändert sich 2023? | |
> Bürgergeld, Steuerfreibeträge, Midijobs, Gaspreisbremse – das sind viele | |
> Erleichterungen, aber die Inflation bleibt belastend. | |
Bild: Es wird jedenfalls teurer | |
1 Was ändert sich, wenn Sie Empfänger:in von Hartz-IV-Leistungen sind? | |
Seit dem 1. Januar heißt die Grundsicherung für Arbeitssuchende, [1][bisher | |
„Hartz IV“ genannt], „Bürgergeld“. Dabei steigt der Regelbedarf für | |
alleinstehende oder alleinerziehende Leistungsberechtigte von 449 Euro auf | |
502 Euro im Monat. Auch für Partner:innen und Kinder in | |
Bedarfsgemeinschaften steigen die Regelsätze entsprechend. Hinzu kommt die | |
Erstattung von sogenannten angemessenen Wohnkosten. Um das Bürgergeld zu | |
bekommen, ist kein neuer Antrag nötig, wenn man schon Hartz-IV-Leistungen | |
bezieht. | |
Wer erstmals einen Antrag auf Bürgergeld stellt, für den übernimmt das | |
Jobcenter für ein Jahr die Wohnkosten in tatsächlicher Höhe, es gibt in | |
dieser Karenzzeit keine „Angemessenheitsprüfung“ der Wohnkosten. In den | |
ersten zwölf Monaten des Leistungsbezugs bleibt zudem ein Vermögen bis zu | |
40.000 Euro für die erste Person der Bedarfsgemeinschaft geschützt, für | |
jede weitere Person erhöht sich der Freibetrag um jeweils 15.000 Euro. | |
Danach gilt nur noch ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro für jede | |
Person der Bedarfsgemeinschaft. | |
Sanktionen, die zuletzt während der Corona-Pandemie ausgesetzt waren, sind | |
ab Januar wieder möglich, wenn Bürgergeld-Empfänger:innen ihren | |
„Mitwirkungspflichten“ nicht nachkommen oder nicht zu Terminen erscheinen. | |
Dann kann der Regelsatz zunächst um 10 Prozent, später bis zu 30 Prozent | |
gekürzt werden. Es gelten mit dem Bürgergeldgesetz etwas höhere | |
Einkommensfreibeträge für Erwerbstätige, die ihren Lohn mit der | |
Sozialleistung „aufstocken“. Diese Regelung der höheren Freibeträge tritt | |
aber erst im Juli in Kraft. | |
2 Was ändert sich für Sie als erwerbstätige Steuer- und Beitragszahler:in? | |
Es gibt Erleichterungen und neue Belastungen. Der steuerliche | |
Grundfreibetrag erhöht sich ab Januar auf 10.908 Euro im Jahr. Auch der | |
Spitzensteuersatz von 42 Prozent wird dann erst bei höheren Einkommen als | |
bisher fällig. | |
Es steigen gleichzeitig die gesetzlichen Krankenkassenbeiträge. Sie legen | |
2023 im Durchschnitt voraussichtlich um 0,3 Prozentpunkte auf | |
durchschnittlich 16,2 Prozent des Bruttolohnes zu, die | |
Arbeitnehmer:innen zahlen davon die Hälfte. Auch die | |
Beitragsbemessungsgrenzen, also die maximal möglichen Beiträge für die | |
gesetzlichen Krankenkassen werden erhöht. Für Beschäftigte mit einem | |
Bruttoeinkommen von unter 2.000 Euro gilt allerdings ab Januar die | |
sogenannte Midijob-Regelung, damit zahlen sie etwas weniger | |
Sozialversicherungsbeiträge als bisher. | |
Die Süddeutsche Zeitung hat diese Wechselwirkungen ausrechnen lassen. | |
Danach haben Singles mit einem Bruttoeinkommen von 7.000 Euro im Monat im | |
Jahr 2023 rund 995 Euro mehr netto in der Tasche. Wer als Single 1.500 Euro | |
brutto im Monat verdient, kommt auf ein Plus von jährlich 510 Euro. | |
3 Was ändert sich für Sie als Eltern? | |
Das Kindergeld steigt zum Januar einheitlich auf 250 Euro pro Monat und | |
Kind, das sind zum Beispiel für das erste und das zweite Kind jeweils 31 | |
Euro mehr im Monat. Die steuerlichen Kinderfreibeträge werden ebenfalls | |
angehoben. | |
4 Was ändert sich für Sie als Rentner:in? | |
Rentner:innen sollen im kommenden Jahr ab Juli voraussichtlich wieder | |
eine Rentenerhöhung bekommen, und zwar nach vorläufigen Zahlen rund 3,5 | |
Prozent mehr im Westen und gut 4,2 Prozent im Osten. Wer als Rentner:in | |
nebenbei arbeiten will, kann dies auch bei vorgezogenen Altersrenten | |
anrechnungsfrei tun: Die Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen | |
Altersrenten, also bei Renten vor Erreichen der Regelaltersgrenze, werden | |
ersatzlos gestrichen. Auch die jährlichen Hinzuverdienstgrenzen für Renten | |
wegen voller Erwerbsminderung werden 2023 angehoben, dann darf man rund | |
18.000 Euro im Jahr anrechnungsfrei hinzuverdienen. | |
5 Was ändert sich, wenn Sie Grundsicherung im Alter bekommen? | |
Die Regelsätze bei der Grundsicherung im Alter steigen genauso wie bei den | |
Empfänger:innen von Bürgergeld, also auf 502 Euro für Alleinstehende. | |
Senior:innen mit Grundsicherung im Alter dürfen im Unterschied zu | |
Bürgergeld-Empfänger:innen nur ein Schonvermögen von 10.000 Euro behalten. | |
Die Anrechnung von Hinzuverdiensten ist bei Bezieher:innen von | |
Grundsicherung im Alter zudem erheblich strenger als bei | |
Bürgergeld-Empfänger:innen: Wer als Senior:in Grundsicherung bekommt, | |
darf vom Nebenverdienst nur 30 Prozent behalten und dies auch nur bis zu | |
einer Höhe von 251 Euro im Monat. | |
6 Was könnte sich ändern, wenn Ihnen die Mietkosten über den Kopf wachsen? | |
Versuchen Sie, Wohngeld zu beantragen. Die Zahl der Haushalte im | |
Wohngeldbezug soll [2][durch das neue „Wohngeld plus“] auf 2 Millionen | |
ansteigen, im Schnitt soll es für diese Haushalte 370 Euro monatlich an | |
Zuschuss geben. Man beantragt Wohngeld bei der örtlich zuständigen | |
Wohngeldbehörde. Mit [3][dem Wohngeldrechner des Bundesbauministeriums] | |
kann man sich eine erste Orientierung verschaffen. Die Kommunen haben schon | |
signalisiert: Die Bewilligung wird dauern, das Geld gibt es dann aber | |
rückwirkend. | |
7 Was ändert sich durch die Preisbremsen für Gas und Strom und durch die | |
Inflation? | |
[4][Preisbremsen für Energiekosten] treten formal im März 2023 in Kraft, | |
sollen dann aber rückwirkend ab 1. Januar gelten. Für 80 Prozent des | |
Vorjahresverbrauchs gelten dann Preisdeckelungen für Gas, Strom und | |
Fernwärme, nur für den darüber liegenden Verbrauch muss der dann meist | |
deutlich höhere, gültige Vertragspreis gezahlt werden. | |
Auch an den staatlichen Energiepreisbremsen liegt es, dass die Bundesbank | |
für 2023 mit einem Rückgang der allgemeinen Inflation von 8,6 Prozent auf | |
7,2 Prozent rechnet, was immer noch eine deutliche Mehrbelastung ist. Die | |
[5][Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen geht davon aus], dass die | |
Lebensmittelpreise erst mal hoch bleiben und Konsument:innen damit | |
rechnen müssen, zukünftig einen höheren Anteil ihres Einkommens für | |
Lebensmittel auszugeben. | |
2 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Vor-der-Einfuehrung-des-Buergergeldes/!5900367 | |
[2] /Bundestag-beschliesst-Wohngeld-Plus/!5889318 | |
[3] https://www.bmwsb.bund.de/Webs/BMWSB/DE/themen/stadt-wohnen/wohnraumfoerder… | |
[4] https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/vertraege-reklamation… | |
[5] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelprodukti… | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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