# taz.de -- Militärpolitik in Nordostasien: Japans Aufrüstung empört Nachbarn | |
> China, Nordkorea und Russland kritisieren die von Tokio verkündete | |
> „Zeitenwende“, die den japanischen Pazifismus der Nachkriegszeit beendet. | |
Bild: Japanische F-2-Jets und F-16-Jets der USA bei einer gemeinsamen Übung im… | |
TOKIO taz | Mit scharfer Kritik haben Japans Nachbarn auf Tokios | |
Kursänderung in der Verteidigungspolitik reagiert. Chinas Botschaft in | |
Tokio erklärte, Japans Vorgehen provoziere regionale Konfrontationen. | |
Peking verlangt von Japan, die „chinesische Bedrohung“ nicht mehr als | |
Vorwand für die eigene militärische Expansion zu benutzen. | |
In seiner neuen Sicherheitsdoktrin von Mitte Dezember bezeichnet Japan das | |
Gebaren Chinas in der Region als „größte strategische Herausforderung“ und | |
übernahm damit eine Formulierung des Sicherheitspartners USA. | |
Nordkorea warf Tokio vor, mit dem Kursschwenk eine ernste Sicherheitskrise | |
auf der koreanischen Halbinsel und in Ostasien zu verursachen. Der | |
„Kriegsverbrecherstaat“ Japan verstoße mutwillig gegen die UN-Charta, | |
erklärte das Außenministerium in Pjöngjang. Die Aufrüstung diene einer | |
erneuten Invasion Koreas. Darauf werde man mit nicht näher präzisierten | |
„Maßnahmen“ reagieren. | |
Dieser Kritik schloss sich Russland an. Japan ersetze seine jahrzehntelange | |
pazifistische Politik durch „ungezügelten Militarismus“, erklärte das | |
Außenministerium in Moskau. Der Schritt provoziere „unweigerlich“ neue | |
Sicherheitsherausforderungen und erhöhe die regionalen Spannungen. | |
## Tokio will bis 2027 den Wehretat verdoppeln | |
China und Nordkorea reagierten auf die zwei Änderungen in Japans | |
Sicherheitspolitik. Premierminister Fumio Kishida will zum einen den | |
Wehretat bis 2027 auf zwei Prozent des Bruttoinlandproduktes verdoppeln. | |
Bislang galt ein Prozent als inoffizielle Obergrenze. | |
In den nächsten fünf Jahren nimmt Tokio umgerechnet 305 Milliarden Euro in | |
die Hand, um neue Kampfflugzeuge zu entwickeln sowie Drohnen, U-Boote, | |
Langstreckenraketen und Kriegsschiffe anzuschaffen. Durch die neuen | |
Vorgaben würde Japan in der Höhe seines Verteidigungshaushaltes die globale | |
Nummer drei hinter den USA und China. | |
Zum anderen strebt Japan erstmals die militärische Fähigkeit an, | |
Raketenstellungen auf feindlichem Territorium auszuschalten. Diese | |
„Gegenschlagfähigkeit“ betrachtete man zwar schon länger als zulässige F… | |
der Selbstverteidigung. Aber bisher verzichtete Japan darauf, die | |
entsprechenden Waffen anzuschaffen, weil sie sich auch für Angriffe nutzen | |
ließen und dem Kriegsverbot der pazifistischen Nachkriegsverfassung | |
widersprechen könnten. | |
Lieber verließ man sich in Tokio bisher auf den atomaren Schutzschild, den | |
die USA über Japan aufspannen. Aber diese Zurückhaltung gibt Japan nun auf, | |
weil China seine Besitzansprüche auf Taiwan sowie die von Japan verwalteten | |
Senkaku-Inseln (chinesisch: Diaoyutai) immer stärker militärisch | |
untermauere. | |
## Japan will 500 Marschflugkörper in den USA kaufen | |
Ungeachtet der Vorwürfe seiner Nachbarn beteuert Tokio, man wolle keine | |
Militärmacht werden, sondern es gehe nur um Selbstverteidigung. Vorbeugende | |
Gegenschläge sollen nur bei einem Angriff auf Japan erfolgen, wenn ein | |
Angriff auf eine befreundete Nation das eigene Überleben bedroht oder es | |
keine anderen geeigneten Mittel gibt. Dafür will Japan von den USA 500 | |
Marschflugkörper kaufen. | |
Diese Bewaffnung dient inoffiziell wohl auch dazu, einen Angriff Chinas | |
abzuschrecken, falls die USA bei einem Krieg mit China um Taiwan ihre | |
japanischen Militärbasen nutzen. | |
Doch Japans Argumente überzeugten selbst den nächsten Nachbarn und | |
Mitverbündeten Südkorea nicht. Die Regierung von Präsident Yoon Suk-yeol | |
verlangte, Tokio müsste sich mit Seoul in allen Sicherheitsfragen beraten, | |
die die koreanische Halbinsel beträfen. | |
Die Korea Times äußerte in einem Kommentar den Verdacht, rechtsgerichtete | |
Gruppen wollten den früheren Einfluss Japans in Asien wiederherstellen. | |
27 Dec 2022 | |
## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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