# taz.de -- Luftwaffen-Manöver in Japan: Deutsche Eurofighter über Fuji | |
> Deutsche Jets sind für Übungen in Tokio angekommen. Mit der Bedrohung | |
> durch China habe das nichts zutun, so die Deutschen. Die Japaner sehen | |
> das anders. | |
Bild: Am Mittwoch begrüßten sich der deutsche Luftwaffeninspekteur Ingo Gerha… | |
TOKIO taz | Deutsche Kampflugzeuge mit deutschen Piloten über Japan gab es | |
zuletzt im Zweiten Weltkrieg, als die beiden Länder als faschistische | |
Achsenmächte verbündet waren. Gemeinsame Luftmanöver gab es nie. Doch hier | |
kommt es nun zu einer Zeitenwende: Am Mittwoch begrüßten sich der deutsche | |
Luftwaffeninspekteur Ingo Gerhartz in einem Eurofighter und der japanische | |
Stabschef der Luftverteidigungsstreitkräfte, Shunji Izutsu, in einer | |
Mitsubishi F-2 nahe dem Berg Fuji und übten eine Formation von sechs | |
Maschinen. | |
Beide Offiziere saßen selbst in der Kanzel und verliehen der Begegnung | |
damit eine spezielle Bedeutung. 60 deutsche Soldatinnen und Soldaten | |
landeten auf der Luftwaffenbasis Hyakuri nahe Tokio. | |
Am Donnerstag kündigten die zwei Offiziere an, ihre Zusammenarbeit bei den | |
Manövern Talisman Sabre 2023 und Pitch Black 2024 in Australien | |
fortzusetzen. „Wir haben gezeigt, dass wir sowohl den NATO-Luftraum sichern | |
als auch unsere Flugzeuge schnell nach Asien verlegen können“, erklärte | |
Gerhartz. „Die Sicherheit in Europa und im Indopazifik sind untrennbar | |
miteinander verbunden“, bekräftigte sein Amtskollege Izutsu. Später joggten | |
die beiden Männer zusammen zum Kaiserpalast in Tokio. | |
Die Verlegung deutscher Kampfflugzeuge von Singapur nach Japan war Teil der | |
Militärübung „Rapid Pacific 2022“. Dabei flogen sechs deutsche Eurofighter | |
und je vier Transport- und Tankflugzeuge Mitte August zunächst nach | |
Singapur. Anschließend nahmen diese Maschinen an einem internationalen | |
Manöver mit 16 Nationen in Australien teil. | |
Der Formationsflug am Fuji war schon der zweite deutsche Militäreinsatz in | |
Japan nach dem Besuch der Fregatte „Bayern“ in Yokohama im November 2021. | |
Noch unter der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Deutschland sich | |
erstmals Leitlinien für eine eigene Indopazifik-Politik gegeben. | |
## Lange Flüge und keine Bordtoiletten | |
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) unterstrich im Interview | |
mit der Japan Times, Deutschland [1][wolle sich langfristig im Indopazifik | |
engagieren]. „Die militärische Aufrüstung in der Region nimmt an Fahrt auf, | |
die geopolitischen Spannungen verschärfen die Territorialkonflikte und die | |
Gefahr einer Eskalation nimmt zu“, zitierte die Zeitung Lambrecht. „Wir | |
sind uns bewusst, dass die euro-atlantische Sicherheit und die Sicherheit | |
im indopazifischen Raum miteinander verbunden sind.“ | |
Allerdings ordnen Deutschland und Japan diesen Schritt unterschiedlich ein. | |
Die japanische Seite sieht darin eine Reaktion auf [2][Chinas | |
Hegemoniestreben]. Peking nimmt den gleichen Blickwinkel ein: Dass die | |
alten Achsenmächte wieder zusammen trainieren, erzeuge Sorgen, schrieb die | |
Global Times, das Sprachrohr von Chinas KP, vergangene Woche. | |
Davon will Deutschland jedoch nichts wissen: „Unser Einsatz in Japan ist | |
kein Signal gegen irgendjemanden“, beteuerte Generalleutnant Gerhartz. „Wir | |
sind unbewaffnet auf internationalen Routen geflogen und haben niemanden | |
provoziert.“ | |
Solche Aussagen beäugen einige Analysten skeptisch. „Die deutsche | |
Indopazifik-Strategie wird zunehmend militarisiert und trägt wenig dazu | |
bei, [3][die Eskalationsrisiken der Region] zu entschärfen“, meint | |
Sicherheitsexperte Sebastian Maslow von der Shirayuri Frauenuniversität in | |
Sendai. | |
Auch der militärische Wert der Verlegung von deutschen Kampflugzeugen in | |
den Fernen Osten hält sich in Grenzen. Das Manöver stößt nämlich an | |
physische Grenzen: Auf den extremen Langstrecken zwischen Deutschland, | |
Singapur und Japan tragen die Piloten mangels Bordtoilette offenbar eine | |
Windel. „Der Geist ist stark, aber das Fleisch ist schwach“, belustigte | |
sich der Militärexperte Zahng Xuefeng in der Global Times. | |
29 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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