# taz.de -- Bundespräsident Steinmeier besucht Japan: Kishidas verzögerte Auf… | |
> Sicherheitspolitik stand oben in Steinmeiers Plan. Japans | |
> Regierungspartei will die Militärausgaben verdoppeln – aber der Premier | |
> schwächt das ab. | |
Bild: Frank-Walter Steinmeier und der japanische Ministerpräsident Fumio Kishi… | |
TOKIO taz | Während Bundeskanzler Olaf Scholz nach China fährt, besucht | |
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier Japan und Südkorea. Das dürfte ein | |
Zufall sein, aber die Ostasienreisen der zwei Sozialdemokraten beleuchten | |
die Parallelen Deutschlands und Japans im künftigen Umgang mit China – | |
Russlands „engstem Freund“. | |
Deutschland und Japan sind wirtschaftlich ähnlich stark abhängig von China | |
und suchen beide einen pragmatischen Mittelweg, um einerseits die eigenen | |
Lieferketten zu stärken und andererseits das China-Geschäft nicht allzu | |
sehr einzuschränken. Die angespannte Sicherheitslage im Indopazifik und das | |
zunehmend autoritär auftretende China standen auf Steinmeiers Tagesordnung | |
in Tokio ganz oben. Vor dem Treffen mit Premier Fumio Kishida ließ er sich | |
von fünf japanischen Außenpolitik- und Militärexperten briefen. | |
Ähnlich wie Scholz in Berlin gilt Premier [1][Fumio Kishida (LDP)] in Tokio | |
als Regierungschef, der China eher mit Samthandschuhen anpackt. Die gegen | |
China gerichtete Sicherheitspolitik seines Vorgängers Shinzō Abe setzt er | |
nur halbherzig fort. Ein starkes Wort wie „Zeitenwende“ vermied er. Und bei | |
Chinas Militärmanövern nach dem Besuch der US-Politikerin Nancy Pelosi in | |
Taiwan versuchte Kishida erkennbar, Spannungen abzubauen. | |
Die Rechtskonservativen in Kishidas Partei drängen hingegen auf eine engere | |
Militärallianz mit den USA zur Abwehr einer chinesischen Annexion von | |
Taiwan. Sie wollen die Verteidigungsausgaben auf 2 Prozent der | |
Wirtschaftsleistung verdoppeln und Angriffswaffen anschaffen. | |
## Aufrüstung in Japan | |
Verteidigungsminister Yasukazu Hamada hat dafür auch schon einen | |
Zwei-Phasen-Plan: Zunächst soll Japan 2023 Angriffsdrohnen kaufen und 2026 | |
seegestützte Marschflugkörper einführen, gefolgt von einer selbst | |
entwickelten Mittelstreckenrakete mit 1.000 Kilometer Reichweite. | |
Doch Kishida bezeichnet die 2-Prozent-Marke nur als „Referenzpunkt“. | |
Darüber hinaus plant er offenbar einen geänderten Budgetrahmen, durch den | |
die Ausgaben auf dem Papier höher aussehen, als sie sind. | |
Kishida rüstet so vorsichtiger auf, als es der Mehrheit in seiner Partei | |
lieb ist. Die kleine Koalitionspartnerin in seiner Regierung, die | |
buddhistische Komei-Partei, unterstützt ihn aber dabei. Sie argumentiert: | |
Sollte Japan in der Lage sein, mit [2][präventiven Schlägen feindliche | |
Raketenbasen] auszuschalten, dann könnten regionale Feindseligkeiten leicht | |
eskalieren. | |
Im Kontext der pazifistischen Verfassung Japans sind Angriffswaffen sowohl | |
rechtlich als auch in der Bevölkerung umstritten. Einer Umfrage zufolge | |
unterstützt nur ein Drittel der Japaner eine massive Aufrüstung. | |
Liberale Experten warnen davor, mit den USA einen Handelskrieg gegen China | |
zu führen. Die Konfrontation wäre teuer: Laut einer Schätzung der | |
Waseda-Universität würde Japans Wirtschaftsleistung um 10 Prozent | |
schrumpfen, falls 80 Prozent der Importe aus China zwei Monate lang | |
ausfielen. | |
2 Nov 2022 | |
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[1] /Japans-designierter-Ministerpraesident/!5804842 | |
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## AUTOREN | |
Martin Fritz | |
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