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# taz.de -- Spannungen mit China: Taiwan verlängert die Wehrpflicht
> Aus Sorge vor China verlängert die Regierung in Taipeh die
> Pflichtdienstzeit für Männer beim Militär. Statt vier beträgt sie nun
> zwölf Monate.
Bild: Müssen jetzt länger zum Militär: Rekruten in Taiwan bei der Ausbildung
Taipeh taz | Taiwans [1][Präsidentin Tsai Ing-wen] hat im Rahmen eines
Treffens des nationalen Sicherheitsrats am Dienstag die Verlängerung der
Wehrpflicht von vier auf zwölf Monate verkündet. Im Zuge der Reform soll
auch die Kampfausbildung mit modernen Waffen ausgeweitet werden. So sollen
Soldaten unter anderem darin geschult werden, Flugabwehrraketen
einzusetzen.
Zudem werde jeder Rekrut im Laufe seines Wehrdienstes „nicht weniger als
800 Schuss“ scharfe Munition abfeuern. Der Monatssold erhöht sich von
umgerechnet 200 Euro auf 800 Euro pro Monat.
Auf einer Pressekonferenz in der Hauptstadt Taipeh erklärte Tsai, China
bedrohe den Frieden in der Region. Die Reform des Wehrdienstes sei daher
ein „unvermeidlicher Schritt, um das dauerhafte Überleben Taiwans zu
sichern.“
Außerdem verwies die Präsidentin auf die nun seit mehr als 300 Tagen
andauernde [2][russische Invasion in der Ukraine]: „Unser
freiheitsliebendes Volk ist tief berührt davon, wie die Ukrainerinnen und
Ukrainer ihr Land verteidigen.“
## Im Jahr 2013 wurde die Pflichtdienstzeit verkürzt
Taiwans vorherige Regierung unter der nationalistischen Kuomintang (KMT)
hatte die Pflichtdienstzeit 2013 von einem Jahr auf vier Monate verkürzt –
mit dem übergeordneten Ziel, die Landesverteidigung überwiegend auf Basis
einer Berufsarmee zu organisieren. Diese Reform macht Tsai mit ihrer
Demokratischen Fortschrittspartei (DPP) nun rückgängig.
Bei der KMT-Führung stößt dies im Hinblick auf die „Änderung der äußeren
Sicherheitslage“ sogar auf verhaltene Zustimmung. Gleichzeitig fordert die
KMT, die Besoldung von Rekruten weiter zu erhöhen und die Ausrüstung der
Armee zu verbessern.
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums kritisierte die
Verlängerung des Wehrdienstes am Mittwoch vor Journalisten in Peking. Die
Wiedervereinigung Taiwans und Festlandchinas sei weiter „der gemeinsame
Wille des chinesischen Volkes“. Die Mehrheit der Menschen in Taiwan
verstünden dies und würden nicht als „Kanonenfutter für die Verfechter der
taiwanesischen Unabhängigkeit“ herhalten, so der Sprecher.
Jüngsten Meinungsumfragen zufolge befürworten jedoch knapp drei Viertel der
Taiwaner*innen die jetzt verkündete Reform und erklärten, sie würden
selbst das Land gegen eine militärische Invasion verteidigen.
Laut Paul Huang von der Taiwanese Public Opinion Foundation ist die
Zustimmung für die Verlängerung des Militärdienstes mit rund 35 Prozent
jedoch am niedrigsten in der Altersgruppe von 20 bis 24, in der viele
Männer von der Wehrdienstverlängerung betroffen sind. China hatte erst
wieder am Montag in der Taiwanstraße mit 47 Militärflugzeugen gezeigt, dass
es die [3][Eroberung der Insel] vorbereitet.
Durch die Reform des Pflichtwehrdienstes wird sich Taiwans Truppenstärke
von derzeit 165.000 Mann um 60.000 bis 70.000 erhöhen. Die Verlängerung des
Wehrdienstes tritt Anfang 2024 in Kraft.
Entgegen einigen Forderungen aus der Gesellschaft müssen auch künftig nur
Männer Wehrdienst leisten. Gegen Wehrpflichtige, die den Dienst an der
Waffe verweigern, können Haftstrafen von bis zu fünf Jahren verhängt
werden. Es gibt in der Praxis jedoch meist lediglich Geldstrafen.
28 Dec 2022
## LINKS
[1] /Praesidentschaftswahl-in-Taiwan/!5655133
[2] /Die-Ukraine-als-moegliche-Blaupause/!5837829
[3] /China-droht-Taiwan/!5873874
## AUTOREN
Leonardo Pape
## TAGS
Taiwan
Tsai Ing-wen
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