# taz.de -- Berlin wandelt sich: Was ist neu im neuen Jahr? | |
> Einiges ändert sich zum Jahresbeginn: Nahverkehr wird günstiger, | |
> kostenfreies Parken für Fahrräder, die Solarpflicht kommt. Mehr Mehrweg | |
> gibt es auch. | |
Bild: Da kommt was auf uns zu | |
BERLIN taz | Diese Änderungen wurden schon im vergangenen Jahr – oder teils | |
noch davor – auf den Weg gebracht. Sie treten nun mit Jahresbeginn in | |
Berlin in Kraft. | |
## 9-Euro-Ticket | |
Das 9-Euro-Ticket kommt zurück, zumindest für | |
Sozialleistungsempfänger:innen. Statt monatlich 27,50 Euro wird der | |
Preis für das Berlin-Ticket-S auf 9 Euro gesenkt. Das Ticket gilt für die | |
Tarifbereiche A und B und kann von allen Menschen beantragt werden, die | |
Bürgergeld, Sozialhilfe, Grundsicherung, Wohngeld oder Leistungen nach dem | |
Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. | |
Die Freude währt jedoch nur kurz. Beschlossen ist die Preissenkung nur bis | |
April. Einen Monat länger können alle übrigen Berliner:innen mit dem | |
29-Euro-Ticket im Stadtgebiet unterwegs sein. | |
Wie lange genau, hängt – nach jetzigem Stand – davon ab, wie schnell es dem | |
Bund gelingt, das 49-Euro-Ticket an den Start zu kriegen, der 5,5-mal | |
[1][teurere Ersatz des einstigen 9-Euro-Tickets, das bundesweit gültig | |
sein] wird. (epe) | |
## Teurer parken | |
Gaaanz langsam zieht der Senat die Schraube bei den Parkgebühren an. Ab 1. | |
Januar kostet das Abstellen eines Autos pro Stunde einen Euro mehr – | |
jedenfalls in den bislang 61 Zonen, in denen die sogenannte | |
Parkraumbewirtschaftung herrscht. Schon jetzt fallen die Gebühren in drei | |
Stufen an: je zentraler und stärker frequentiert der Bereich, desto teurer | |
das Parken. | |
Auf den billigen Plätzen steigt der Preis nun von 1 auf 2 Euro, auf den | |
anderen von 2 auf 3 bzw. 3 auf 4 Euro. Unklar ist immer noch, wann die | |
Vignette teurer wird, die AnwohnerInnen von den Stundengebühren ausnimmt. | |
Der geltende Koalitionsvertrag verspricht für sie einen Preissprung von | |
10,20 auf 120 Euro p. a. „bis spätestens 2023“ – was auch eine Einführu… | |
zum nächsten Jahresende bedeuten kann. | |
Für kurzzeitige Aufregung sorgte, dass die neue Gebührenverordnung explizit | |
Räder und Roller von den Parkgebühren ausnimmt, wenn sie am Fahrbahnrand | |
abgestellt werden. [2][Warum das nicht nur für schlanke Fahrräder, sondern | |
auch für fette (und laute und schmutzige) Motorräder gilt, bleibt ein | |
Geheimnis]. (clp) | |
## Mehrweg to go | |
Vom Erreichen des selbstgesteckten Ziels „Zero Waste“ ist Berlin bis auf | |
Weiteres Lichtjahre entfernt. Immerhin einen kleinen Fortschritt gibt es im | |
neuen Jahr, allerdings durch eine bundesweite Regelung: Das | |
Verpackungsgesetz schreibt GastronomInnen – ob Restaurants, Caterer oder | |
Lieferdienste – dann vor, [3][Mehrwegbehälter als Option für den | |
To-go-Einkauf] bzw. die Zustellung anzubieten. | |
Allerdings werden die KundInnen weiterhin nicht auf Plaste, Pappe und | |
Styropor verzichten müssen. Und eine Ausnahme schränkt den Wirkungsgrad der | |
Neuregelung drastisch ein: Betriebe mit weniger als 80 Quadratmeter Fläche | |
und maximal fünf Beschäftigten – das sind die allermeisten Imbisse der | |
Stadt – bleiben von der Mehrweg-Angebotspflicht ausgenommen. | |
Sie müssen lediglich von KundInnen mitgebrachte Behälter mit Essen oder | |
Getränken befüllen und haben darauf auch hinzuweisen. (clp) | |
## Solarpflicht | |
[4][Im Juni 2021 vom Abgeordnetenhaus beschlossen, ab 1. Januar 2023 | |
gültig: das Solargesetz Berlin]. Eingeführt wird eine Pflicht zur | |
Installation von Photovoltaik-Anlagen für alle Neubauten, egal ob bei Wohn- | |
oder Gewerbehäusern. Die Pflicht greift auch bei wesentlichen Umbauten von | |
Dächern, also der Sanierung oder dem Ausbau. Ausnahmen gelten nur für | |
kleine Gebäude, deren Nutzfläche 50 Quadratmeter nicht übersteigt. | |
Die Bußgelder bei Verletzung dieser Pflicht reichen von 5.000 Euro beim | |
Einfamilienhaus bis zu 50.000 Euro bei Geschäftsgebäuden. Anders als | |
bislang dürfen bei neu installierten Anlagen bis zu einer Leistung von 10 | |
Kilowatt künftig mehr als 70 Prozent der Nennleistung ins öffentliche Netz | |
eingespeist werden. Zudem werden Anlagen bis 30 Kilowatt in Ein-oder | |
Zweifamilienhäusern und bis 15 Kilowatt je Wohnung in Mehrfamilienhäusern | |
von der Einkommensteuer befreit. (epe) | |
## „Saubere-Küchen-Gesetz“ | |
Für alle Neugierigen, die schon immer mal wissen wollten, wie es mit der | |
Sauberkeit in der Küche ihres Lieblingsrestaurants bestellt ist, gibt es | |
gute Nachrichten: Ab Jahresbeginn tritt in Berlin das | |
„[5][Saubere-Küchen-Gesetz]“ in Kraft. | |
Wobei der Name etwas irreführend ist: Es handelt sich nicht um schärfere | |
Hygienebestimmungen in der Gastronomie, sondern um ein Transparenzsystem, | |
mit dem Kund:innen sehen können, wie gut Restaurants bei den | |
Hygienekontrollen des Ordnungsamts abgeschnitten haben. | |
Künftig sollen die Ergebnisse sowohl vor Ort als auch auf einer | |
Online-Plattform in Form von farbigen Balkendiagrammen veröffentlicht | |
werden. Ob die Küchen dadurch wirklich sauberer werden, ist fraglich, denn | |
das Gesetz bietet schmuddeligen Gastronom:innen ein riesiges | |
Schlupfloch: Fällt das Ergebnis zu schlecht aus, kann kostenpflichtig eine | |
Nachkontrolle angefordert werden. Diese findet dann zwar unangekündigt, | |
aber innerhalb von acht Wochen statt. (wah) | |
## Elektronischer Krankenschein | |
Bettruhe ist im Falle einer Grippe bekanntlich die beste Medizin. [6][Und | |
spätestens seit Corona hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass man sich | |
mit hochansteckenden Viruskrankheiten nicht unnötig durch die | |
Öffentlichkeit bewegen sollte]. | |
Erfreulich ist es daher, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ab | |
dem nächste Jahr nicht mehr dazu verpflichtet sind, ihren Krankenschein bei | |
ihren Arbeitgeber:innen einzureichen. Grund ist die Umstellung auf ein | |
elektronisches Verfahren, das für Arztpraxen und Krankenkassen bereits seit | |
dem Jahr 2022 gilt. | |
Die Arbeitgeberin muss dann den Krankenschein selbst bei den Krankenkassen | |
anfordern – ohne Zutun der Arbeitnehmerin. Die Regelung gilt aber vorerst | |
nur für gesetzlich Versicherte. Privat Versicherte müssen mit dem | |
Papierschein vorliebnehmen. | |
Unverändert bleibt auch der Gang zum Arzt: In den meisten Fällen nach drei | |
Tagen erforderlich, besonders misstrauische Ausbeuter:innen können | |
schon nach dem ersten Krankheitstag einen Attest verlangen, wenn dies im | |
Arbeitsvertrag geregelt ist. | |
Unklar ist auch, inwiefern sich Unternehmen schon auf das elektronische | |
System eingestellt haben – im Zweifelsfall ist es erst mal wohl einfacher, | |
sich zusätzlich einen Papierschein ausstellen zu lassen, um ihn später | |
nachzureichen. (wah) | |
2 Jan 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Das-49-Euro-Ticket-kommt/!5889162 | |
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[4] /Forderung-der-Laenderenergieminister/!5877611 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
Claudius Prößer | |
Jonas Wahmkow | |
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