# taz.de -- Fahrräder auf Parkplätzen: Platz an der Straße | |
> Berlin ändert seine Parkgebühren-Ordnung. Während für Autos das Parken | |
> teurer wird, dürfen Fahrräder nun auf Parkplätzen abgestellt werden. | |
Bild: Konkurrenz bei der Parkplatzsuche | |
BERLIN taz | Dass die Senatsverwaltung für Mobilität für eine Maßnahme | |
umgehend ein klares Lob vom Verein Changing Cities kassiert, ist eher die | |
Ausnahme. Am Dienstagabend war es mal wieder so weit: Von einem „soliden | |
Schritt hin zu mehr Flächengerechtigkeit“, sprach | |
Changing-Cities-Sprecherin Ragnhild Sørensen. „Endlich bekommen die | |
Fußgänger*innen das, was ihnen vielerorts am allermeisten fehlt: mehr | |
Platz und mehr Sicherheit.“ | |
Gemeint war die zuvor von der Landesregierung auf Vorlage von | |
Mobilitätssenatorin [1][Bettina Jarasch] (Grüne) beschlossene „Fünfte | |
Verordnung zur Änderung der Parkgebühren-Ordnung“. Was in erster Linie die | |
Realisierung des Versprechens aus dem Koalitionsvertrag war, die | |
Gebührenstufen für Kurzzeitparkende um je einen Euro pro Stunde zu erhöhen, | |
enthält noch ein paar andere Aspekte – darunter die Privilegierung von | |
Carsharing, für das die alten Gebühren (1, 2 oder 3 Euro je nach Zone) | |
weiterhin gelten oder sogar nur die Hälfte davon, wenn es sich um E-Auto | |
handelt. | |
Was die Mobilitätslobby von [2][Changing Cities] so sehr begeistert, ist | |
jedoch ein neuer Passus in der Ordnung, der Fahrräder, Motorräder und | |
Elektrokleinstfahrzeuge (also E-Roller) erstmals explizit von der | |
Gebührenpflicht in Zonen der Parkraumbewirtschaftung ausnimmt. Das soll | |
dazu dienen, „die Nutzer*innen dieser Fahrzeugarten zu einer verstärkten | |
Inanspruchnahme dieser Verkehrsflächen zu animieren“, wie es in der | |
entsprechenden Pressemitteilung heißt. Die Gehwege würden dadurch | |
entlastet, die Sicherheit des Fußverkehrs erhöht. | |
## Signalwirkung der Änderung | |
Damit werde es zukünftig deutlich einfacher, Fahrräder und Lastenräder zu | |
parken, lobt Sørensen den Vorstoß. Und: „In der Folge wird die oft | |
unüberwindbare Kfz-Barriere durchlässiger für den Fußverkehr.“ | |
Aber ist es für Fahrradfahrende wirklich eine gute Idee, ihr Gefährt ganz | |
nonchalant zwischen parkende Autos am Straßenrand zu stellen? Nicht | |
unbedingt wegen der Gefahr spontaner Umsetzungsversuche durch | |
Kfz-Inhaber*innen, sondern in erster Linie, weil sich dort – zumindest im | |
Szenario, um das es hier geht – keine Fahrradbügel befinden. | |
„Das ist sicher für manche wegen der Diebstahlgefahr keine gute | |
Möglichkeit“, räumt auch Ragnhild Sørensen ein. Sie verweist auf die | |
deutlich massiveren [3][Lastenräder]: „Für sie kann es eine echte | |
Erleichterung werden.“ Entscheidend sei aber auch die Signalwirkung, die | |
von der Änderung ganz allgemein ausgehe: „Auf einmal wird explizit | |
kommuniziert: Dieser Ort gehört allen, nicht nur dem Kfz-Verkehr. Viele | |
Menschen denken, sie haben ein Recht auf einen Kfz-Parkplatz vor der Tür.“ | |
Ein Recht, das es nicht gebe. | |
Zuständig für die Kontrolle des ruhenden Verkehrs sind in Berlin die | |
bezirklichen Ordnungsämter. Was sagen die dazu, dass sie sich schon bald | |
selbstbewussten Radparker*innen und fassungslosen Autofahrer*innen | |
gegenübersehen werden? | |
Im Bezirksamt Mitte ist man der Ansicht, dass [4][Fahrräder] schon immer | |
parkgebührenpflichtig waren, wenn sie am Fahrbahnrand abgestellt wurden – | |
nur habe es keine Möglichkeit der Sanktionierung gegeben: „Die Verfolgung | |
der Verkehrsordnungswidrigkeit bei einem Fahrrad, das keine Parkgebühr | |
entrichtet hat und über kein Kennzeichen verfügt, wäre sinnfrei“, teilt die | |
Pressestelle mit. Mit der Neuerung wäre dann dieses ohnehin sehr | |
theoretische Dilemma auch nominell abgeschafft. | |
Die bundesweit gültige [5][Straßenverkehrsordnung] (StVO) erlaubt ebenfalls | |
schon immer das Abstellen von Zweirädern auf dem Fahrbahnrand – allerdings | |
mit dem Zusatz, diese dürften dort bei Dunkelheit „nicht unbeleuchtet | |
stehen gelassen werden“. Die Senatsverwaltung teilt dazu auf Anfrage mit, | |
dies gelte nur für das Parken am Rand von „normalen“ Fahrbahnen: „Sobald | |
eine Parkfläche besonders markiert ist, ist die Beleuchtungspflicht nicht | |
mehr gegeben.“ | |
1 Dec 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Bettina-Jarasch/!t5015642 | |
[2] /Changing-Cities/!t5640791 | |
[3] /Lastenrad/!t5016300 | |
[4] /Fahrrad/!t5007577 | |
[5] /Strassenverkehrsordnung/!t5025839 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
Fahrrad | |
Verkehr | |
Straßenverkehrsordnung | |
Verkehrswende | |
Verkehrswende | |
Schwerpunkt Wahlen in Berlin | |
Verkehrswende | |
Radverkehr | |
Sternfahrt | |
Friedrichshain-Kreuzberg | |
Hamburg | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Verkehrswende in den Niederlanden: Mehr Platz für Fahrräder | |
Die niederländische Hauptstadt bekommt eine spektakuläre neue Tiefgarage, | |
nur für Räder. Das ist nachhaltig, bringt aber auch einige Regeln mit sich. | |
Berlin wandelt sich: Was ist neu im neuen Jahr? | |
Einiges ändert sich zum Jahresbeginn: Nahverkehr wird günstiger, | |
kostenfreies Parken für Fahrräder, die Solarpflicht kommt. Mehr Mehrweg | |
gibt es auch. | |
Satirische Jahresvorschau: Das Jahr, in dem wir keine Wahl haben | |
Berlin bleibt chaotisch, sei es in Sachen Verkehr, Politik oder Sport. | |
Daran wird sich 2023 nichts ändern, weiß unser Autor. Und der muss es | |
wissen. | |
Fahrradstadt als Zukunft: Gent macht „autofrei“ vor | |
In Gent ist sie zuständig für die Verkehrswende: Ann Plas erklärt den | |
Aachnern, wie man zu einer autofreien Stadt kommt. | |
Fahrräder auf Parkplätzen: Mehr Stress wagen | |
Dass Fahrradfahrer animiert werden, ihre Räder auf Parkplätzen abzustellen, | |
wird zu Konflikten führen. Genau diese braucht es für die Verkehrswende. | |
Rad-Sternfahrt in Berlin: „Den Autos den Platz wegnehmen“ | |
Am Sonntag werden Radfahrende für mehr Sicherheit auf der Straße | |
demonstrieren. Die Zahl der Autos muss schnell sinken, sagt ADFC-Chef Frank | |
Masurat. | |
Stadträtin zur Verkehrswende: „Vieles geht nicht schnell genug“ | |
Die Grüne Annika Gerold ist neue Stadträtin in Friedrichshain-Kreuzberg. | |
Zur Verkehrswende zählt für sie, Parken kostenpflichtig zu machen. | |
Frei Parken für Lastenräder in Hamburg: „Rechtlich unstrittig“ | |
Lastenräder dürfen in Hamburg kostenlos auf der Straße oder dem | |
Seitenstreifen abgestellt werden – auch in Anwohnerparkgebieten. |