# taz.de -- Fahrräder auf Parkplätzen: Mehr Stress wagen | |
> Dass Fahrradfahrer animiert werden, ihre Räder auf Parkplätzen | |
> abzustellen, wird zu Konflikten führen. Genau diese braucht es für die | |
> Verkehrswende. | |
Bild: Öffentlichen Raum sinnvoll nutzen | |
Das wird Stress geben: Mit der vom Senat beschlossenen [1][Änderung der | |
Parkgebührenordnung], die Fahrräder, Motorräder oder E-Roller explizit von | |
der Gebührenpflicht in Zonen der Parkraumbewirtschaftung ausnimmt, werden | |
deren Nutzer:innen animiert, Autoparkplätze zu nutzen. Dass das | |
Abstellen der Räder dort schon immer möglich war – wenn auch zumindest | |
theoretisch gebührenpflichtig –, dürfte den meisten unbekannt gewesen sein. | |
Ab dem neuen Jahr sind Parkplätze damit erstmals nicht allein für Autos | |
reserviert. | |
Und vermutlich werden viele von dieser Möglichkeit auch Gebrauch machen. | |
Auf Twitter zirkulieren bereits Aufforderungen, alte Schrottfahrräder zu | |
sammeln, um diese auf Parkplätzen abzustellen. Für alle Kämpfer:innen | |
gegen den motorisierten Individualverkehr heißt das: Sie können nun ihr | |
Engagement ganz neu ausgestalten. Andere Motivationen kommen hinzu: So | |
könnte es für Restaurantbetreiber:innen, deren Tische auf den Gehwegen | |
hinter riesigen SUVs verschwinden, eine Option sein, die | |
Aufenthaltsqualität durch ein, zwei abgestellte Fahrräder vor ihren Läden | |
zu verbessern. | |
Genauso ist absehbar, dass sich viele Autofahrer:innen auf | |
Parkplatzsuche das nicht einfach gefallen lassen. Sie werden schreien und | |
zetern, aussteigen und Fahrräder umsetzen. Die Einsicht, dass öffentlicher | |
(Park-)Raum nicht ihnen allein zusteht, wird sich nach all den Jahrzehnten | |
der Gewohnheit sicher nicht von allein einstellen. | |
Es liegt also nahe zu sagen, der Senat schaffe neue Probleme im | |
Straßenraum, ohne Lösungen anzubieten. Das jedoch ist einseitig, denn das | |
Ziel der Maßnahme ist ja ein anderes: Gehwege von dort abgestellten | |
Fahrrädern und Motorrädern zu befreien, die dort erstens nichts zu suchen | |
haben und zweitens für viele ein Hindernis darstellen, man denke nur an | |
Geh- und Sehbehinderte. Dafür ist die neue Möglichkeit tatsächlich eine | |
Lösung. | |
Der Zwist, der daraus erwachsen dürfte, ist aber durchaus zu begrüßen. Eine | |
Gesellschaft am Rand des Klimakollaps, eine Stadt, die unfähig ist, die | |
Vorherrschaft der Autos zu brechen, braucht den Stress. Eine lebenswerte | |
Zukunft, klimaneutral, ohne Luftverschmutzung und sicher für alle, die | |
nicht in Straßenpanzern sitzen, ist nur ohne Autos denkbar. Jede Maßnahme, | |
die dazu führt, das Autofahren unattraktiver zu machen, ist daher zu | |
begrüßen. Die Revolution im Straßenverkehr ist nicht konfliktfrei zu haben. | |
1 Dec 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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