# taz.de -- Neue Enthüllungen zu Dieselgate: „Ergebnis einer Auftragsarbeit�… | |
> Unterlagen des Bosch-Konzerns gewähren Einblick in die Abgasmanipulation | |
> der Autobauer. Offenbar wussten VW, BMW und Co. von Anfang an Bescheid. | |
Bild: Können die Gesundheit schädigen: Abgase eines Dieselmotors | |
Berlin taz | Neue Wendung im [1][Diesel-Abgasskandal]: Offenbar haben die | |
großen deutschen Autobauer beim Zulieferer Bosch gezielt Software bestellt, | |
um die Abgase bei Dieselmotoren zu manipulieren. „Es war ganz klar | |
angelegter Betrug“, sagt Axel Friedrich, Verkehrsexperte der Deutschen | |
Umwelthilfe (DUH). Er schätzt, dass es ähnliche Absprachen auch mit anderen | |
Zulieferern gab. | |
Interne Unterlagen von Bosch legen nahe, dass die Autobauer Audi, BMW, | |
Daimler und VW nicht nur seit September 2006 über illegale | |
Abgasmanipulationen ihrer Dieselmotoren Bescheid wussten, sondern sie sogar | |
gemeinsam in Auftrag gegeben haben. Zudem listet ein Papier 44 verschiedene | |
Methoden auf. Die Unterlagen erhielt die Umwelthilfe im Sommer aus der | |
Industrie zugespielt. „Dieselgate ist das Ergebnis einer Auftragsarbeit“, | |
sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Er sprach von einem Kartell der | |
vier Autohersteller. Bosch habe die illegalen Wünsche dann umgesetzt. | |
Die US-Umweltbehörde EPA berichtete 2015, dass in Diesel-Fahrzeugen von VW | |
eine illegale Abschalteinrichtung eingebaut war. Die Software konnte | |
zwischen einer Testsituation und dem Normalbetrieb unterscheiden. Die | |
Fahrzeuge hielten auf dem Prüfstand die Abgasgrenzwerte ein, bliesen im | |
realen Straßenbetrieb aber deutlich mehr Stickoxide in die Luft. | |
In der Folge musste VW Millionen Fahrzeuge in den USA [2][zurücknehmen und | |
ersetzen]. In Deutschland musste nachgerüstet werden. Der Konzern hat | |
insgesamt rund 33 Milliarden Euro zurückgestellt, um die Folgen des | |
Skandals tragen zu können. Zahlreiche Manager, darunter der ehemalige | |
Audi-Chef Rupert Stadler, müssen sich noch vor Gericht verantworten. Die EU | |
änderte im Zuge des Skandals den Autotestzyklus. Seither muss im realen | |
Straßenbetrieb gemessen werden. | |
## Manipulation auch bei weiteren Konzernen | |
Bisher, so schien es, war vor allem der VW-Konzern illegal vorgegangen. | |
Hinweise auf Abgasmanipulation gab es auch bei anderen Herstellern wie | |
Daimler und Fiat, die das von sich wiesen. Die jetzt veröffentlichten | |
Unterlagen zeigen ein anderes Bild. Demnach waren auch Hersteller, die | |
bisher nicht in den verschiedenen Prozessen auftauchten, Kunden für Boschs | |
technische Lösungen. Erwähnt werden unter anderem auch Toyota, PSA | |
(Peugeot, Citroën, heute Stellantis), Hyundai, Honda, Ford, Fiat. | |
Am 14. September 2006 trafen sich den Papieren zufolge Vertreter von Audi, | |
BMW, Daimler, VW, um über SCR-Funktionen zu reden. SCR bezeichnet die | |
Abgasbehandlung mit Harnstoff (AdBlue) bei Dieselfahrzeugen, um | |
Stickoxidmengen zu verringern. „Die vorgeschlagene Adaption ist eine | |
abgestimmte (VW, Audi, DC und BMW) Basis“, heißt es in dem Papier zu einem | |
Punkt. BMW hat den Einsatz derartiger Methoden bisher immer dementiert. | |
Drei Jahre später ist in einer Präsentation von „Alternativer Vorsteuerung�… | |
die Rede. Dort wird auch eine zusätzliche „Akustik Funktion“ erwähnt, | |
„welche zwischen Normalbetrieb und Abgasmeßzyklus unterscheiden kann“. Und | |
weiter: „Es besteht die Möglichkeit, dass diese Applikation Auswirkungen | |
auf die Einhaltung behördlicher Vorschriften haben kann.“ Etwas weniger | |
schwurbelig formuliert: Die Funktion ist illegal. Mit Akustik hat sie | |
übrigens nichts zu tun. | |
## Auch Benzinmotoren betroffen | |
In einer internen Vorlage vom 2. Oktober 2015, der Abgasskandal war da | |
gerade knapp zwei Wochen alt, listet Bosch insgesamt 44 verschiedene | |
Abschalteinrichtungen für Harnstoff auf, einige mit dem Hinweis versehen | |
„Reduzierung über Bauteilschutz hinaus“ oder „Mögliche Übertretung | |
OBD-Vorschriften“. Die Liste legt auch nahe, dass nicht nur bei Diesel-, | |
sondern auch bei Benzinmotoren getrickst wurde. | |
Die DUH hat die Unterlagen inzwischen der Staatsanwaltschaft Stuttgart | |
übergeben. Bosch erklärte, die aufgebrachten Punkte seien nicht neu und | |
allesamt aufgearbeitet. Das Verfahren gegen Bosch sei 2019 mit einem | |
Bußgeldbescheid abgeschlossen worden. „Dabei hat die Staatsanwaltschaft | |
festgestellt, dass die Initiative für Integration und Ausgestaltung von als | |
unzulässig vorgeworfenen Softwarestrategien jeweils von Mitarbeitern | |
anderer Unternehmen ausging.“ Bosch zahlte damals 90 Millionen Euro. | |
Die Umwelthilfe schätzt, dass weltweit immer noch 5 Millionen | |
Dieselfahrzeuge mit Euro-5- und früher Euro-6-Norm unterwegs sind, in denen | |
trotz aktualisierter Software immer noch Abschaltvorrichtungen laufen. Vor | |
dem Verwaltungsgericht Schleswig-Holstein klagt der Umweltverband wegen | |
illegaler Software in 119 Fahrzeugmodellen. Resch kündigte weitere Klagen | |
an. Ziel ist, dass das Kraftfahrtbundesamt als Zulassungsbehörde die | |
Modelle stilllegt oder die Hersteller zwingt, sie zu reparieren und den | |
Autobesitzern den Schaden vollständig zu ersetzen. Gute Chancen sieht die | |
DUH, weil in der vergangenen Woche der Europäische Gerichtshof zugunsten | |
des Verbands entschieden hat. | |
Mercedes-Benz wollte keine Stellungnahme abgeben. BMW wies die Vorwürfe | |
zurück. VW geht nach einer ersten Überprüfung eigenen Angaben zufolge davon | |
aus, dass die Dokumente keine neuen Erkenntnisse enthalten. (mit rtr) | |
17 Nov 2022 | |
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## AUTOREN | |
Björn Hartmann | |
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