# taz.de -- EU-Kommission rügt Autokonzerne: Millionenstrafe für VW und BMW | |
> Erstmals hat die EU-Kommission ein rein technisches Kartell bestraft. | |
> Gemeinsame Absprachen über Tankgrößen kosten die Autokonzerne nun 875 | |
> Millionen Euro. | |
Bild: Trafen Absprachen über die Größe von Tanks: VW und BMW | |
MÜNCHEN rtr | Absprachen über die Größe von Tanks für den Kraftstoffzusatz | |
„AdBlue“ kosten die deutschen Autobauer BMW und Volkswagen zusammen 875 | |
Millionen Euro Geldbuße. Die EU-Kommission verhängte damit am Donnerstag | |
erstmals [1][Bußen für rein technische Absprachen], bei denen es nicht um | |
Preise oder die Aufteilung von Märkten geht. | |
[2][EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager] warf BMW, VW und Daimler | |
vor, sie hätten mit den Gesprächen „einen Wettbewerb darüber vermieden, das | |
volle Potenzial dieser Technologie (zur Abgasreinigung von Schadstoffen) zu | |
nutzen“. Daimler hatte die – nach Angaben der Autobauer nie umgesetzte – | |
Vereinbarung an die EU gemeldet und ersparte sich damit eine Kartellstrafe | |
von 727 Millionen Euro. VW halbierte die Strafe als zweiter Kronzeuge um | |
mehr als die Hälfte auf 502 Millionen Euro. | |
Die Ingenieure der drei Autobauer hatten sich über mehr als fünf Jahre | |
immer wieder getroffen, um über die Entwicklung der SCR-Technologie zu | |
sprechen, mit der Diesel-Abgase über einen Harnstoffzusatz („AdBlue“) | |
sauberer werden sollten. | |
Dabei ging es um den erwarteten Verbrauch des Zusatzes und die Größe des | |
Tanks, die darüber entschied, ob die Fahrer den Stoff selbst nachfüllen | |
müssen oder ob das bei der Inspektion in der Werkstatt geschehen könnte. | |
Laut EU waren sie sich dabei einig, die politischen Vorgaben für die | |
Stickstoff-Emissionen nicht übererfüllen zu wollen. „Damit schränkten sie | |
den Wettbewerb um für Kunden relevante Produktmerkmale ein“, erklärte die | |
EU-Kommission. | |
## EU lässt andere Vorwürfe fallen | |
BMW hatte ein Schuldeingeständnis vorab verweigert, will die Buße von 373 | |
Millionen Euro aber akzeptieren. Man habe bei den Gesprächen „ein zu hohes | |
Maß an Transparenz hergestellt“, räumte der Autobauer ein. Die Münchner | |
hatten zunächst 1,4 Milliarden Euro für drohende Kartellbußen | |
zurückgestellt, die Summe aber bereits im Mai auf 400 Millionen reduziert. | |
Die EU-Kommission habe einen Großteil der ursprünglichen Vorwürfe | |
fallengelassen, betonte BMW. Zunächst hatte im Raum gestanden, dass die | |
drei Autobauer gemeinsam eine Software zur Dosierung von „AdBlue“ | |
entwickelt und die Einführung eines Partikelfilters für Benzinmotoren | |
verzögert hätten. | |
Das hatte in der Debatte um die Manipulation von Abgaswerten für Aufsehen | |
gesorgt. Die EU-Kommission betonte nun aber: „Es gibt keine Hinweise | |
darauf, dass die Parteien Absprachen über die Verwendung illegaler | |
Abschalteinrichtungen zur Manipulation von Abgastests getroffen haben.“ | |
Volkswagen erwägt dagegen, bei den europäischen Gerichten gegen die Höhe | |
der Geldbuße zu klagen. Eine Entscheidung muss bis Mitte September fallen. | |
Die EU-Kommission habe mit der Buße „juristisches Neuland“ betreten. „St… | |
eines Bußgeldes wäre für die Automobilindustrie der Erlass klarer | |
Richtlinien zielführender gewesen, wie Kooperationen im Rahmen der | |
Forschung und Entwicklung (…) kartellrechtskonform ausgestaltet werden | |
können“, erklärte VW. | |
8 Jul 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://ec.europa.eu/competition/cartels/overview/factsheet_fines_de.pdf | |
[2] /EU-Kommission-will-erneut-Milliarden/!5579462 | |
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