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# taz.de -- Entwurf für Transparenzgesetz: Staat soll Infos proaktiv liefern
> Neun NGOs haben einen Entwurf für ein Transparenzgesetz vorgelegt.
> Behörden und Ministerien sollen Informationen besser zugänglich machen.
Bild: So kommt man auch an Informationen ran – es ist nur etwas umständlich
Die Bürger müssen nicht mehr fragen, sondern der Staat muss aktiv
Informationen liefern. Das ist der Grundgedanke eines Transparenzgesetzes,
das von einem breiten NGO-Bündnis um das [1][Netzwerk Recherche]
vorgeschlagen wird. Das Transparenzgesetz soll das bisherige
Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ersetzen.
Als das IFG 2005 von SPD und [2][Grünen] als Bundesgesetz beschlossen
wurde, war es durchaus revolutionär. Jede:r sollte Bundesbehörden nach
dort vorliegenden Informationen fragen können – auch ohne eine persönliche
Betroffenheit nachzuweisen. Allein im Jahr 2021 gab es 14.616 IFG-Anfragen
an Bundesministerien und zugeordnete Bundesbehörden.
Doch schon lange wird über Verbesserungen des IFG diskutiert. Es gibt zu
viele Ausnahmen, etwa für die [3][Sicherheitsbehörden]. Die erhobenen
Gebühren wirken abschreckend und man muss oft lange warten, bis die
Informationen geliefert werden. Außerdem gibt es für Umweltinformationen
ein separates Gesetz, was unübersichtlich ist.
Das vorgeschlagene Transparenzgesetz bekommt nun aber mehr als einen neuen
Namen, es verkörpert eine neue Philosophie. Der Staat soll nicht nur auf
Bürgerfragen antworten müssen. Er soll möglichst viele Informationen schon
[4][proaktiv] veröffentlichen, so dass sie leicht gefunden werden können.
## Hamburg geht mit gutem Beispiel voran
Einen entsprechenden Gesetzentwurf haben neun Organisationen der
Zivilgesellschaft vor wenigen Tagen vorgestellt. Neben dem Netzwerk
Recherche gehören auch Transparency International, [5][Mehr Demokratie und
das Portal Frag den Staat zu den Initiatoren].
Im Zentrum des vorgelegten Transparenzgesetzes steht ein Transparenzportal,
das von den Bundesministerien und -behörden mit Informationen gefüllt
werden soll, zum Beispiel mit Materialien zur Gesetzgebung oder
Statistiken. Was bisher freiwillig und lückenhaft auf den Webseiten der
Ministerien veröffentlicht wird, soll künftig vollständig und obligatorisch
auf dem Transparenzportal zu finden sein. Der Anspruch der Bürger:innen,
dass konkrete Anfragen beantwortet werden müssen, soll daneben bestehen
bleiben. Auch das bisher separate [6][Umweltinformationsgesetz] (UIG) würde
integriert.
Die NGOs wollen mit dem Transparenzgesetz die aktive Teilhabe der
Bevölkerung unterstützen und so Staatsverdrossenheit zurückdrängen. Auch
soll staatliches Handeln besser kontrolliert und Korruption verhindert
werden. Die vorgeschlagene Transparenzoffensive soll sogar einen
Innovationsschub bei der öffentlichen Verwaltung auslösen.
Schließlich können auf dem Transparenzportal ja nur Informationen
veröffentlicht werden, die digital vorliegen. Auf den ersten Blick rennen
die NGOs mit ihrem Gesetzentwurf offene Türen ein.
Denn auch im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition heißt es: „Die
Informationsfreiheitsgesetze werden wir zu einem Bundestransparenzgesetz
weiterentwickeln.“ Innenministerin [7][Nancy Faeser] (SPD) will Eckpunkte
hierfür noch dieses Jahr vorlegen.
Es geht also weniger darum, ob es ein Transparenzgesetz geben wird, sondern
wie es aussehen soll. Die NGOs setzen mit ihrem Gesetzentwurf nun
ehrgeizige Standards, an denen sich die Bundesregierung dann messen lassen
muss. So wollen die NGOs auch private Organisationen wie die Deutsche Bahn
AG zur Transparenz verpflichten, wenn diese öffentliche Aufgaben erfüllen.
Verträge des Staates sollen veröffentlicht werden, wenn es um mehr als
100.000 Euro geht.
Fragen der Bürger:innen sollen künftig kostenlos beantwortet werden, die
Antwort soll in der Regel binnen 15 Tagen (statt binnen Monatsfrist)
erfolgen. Ausnahmen für Verfassungsschutz und das Bundeskriminalamt sind
nicht vorgesehen. Es soll zwar keinen generellen Anspruch auf
Veröffentlichung privater Daten und von Geschäftsgeheimnissen geben, doch
sollen diese Interessen laut NGO-Entwurf in jedem Einzelfall mit dem
Informationsinteresse der Öffentlichkeit abgewogen werden.
Auf Landesebene war [8][Hamburg] der Vorreiter. Dort gibt es schon seit
2012 ein Transparenzgesetz. Rheinland-Pfalz und Thüringen folgten. In
Sachsen wird zum 1. Januar 2023 ein Landestransparenzgesetz in Kraft
treten. Es gibt also durchaus einen Trend zu solchen Gesetzen. Entscheidend
ist dann aber die Ausgestaltung.
18 Oct 2022
## LINKS
[1] https://netzwerkrecherche.org/handwerk/informationsfreiheit-und-auskunftsre…
[2] /Von-Notz-zur-kritischen-Infrastruktur/!5885412
[3] /Rassismus-bei-Sicherheitsbehoerden/!5868214
[4] https://www.duden.de/rechtschreibung/proaktiv
[5] https://www.mehr-demokratie.de/news/voll/zivilgesellschaftliches-buendnis-s…
[6] /Geheime-Corona-Erlasse-in-Niedersachsen/!5678738
[7] /Aufnahme-Gefluechteter-aus-Afghanistan/!5886494
[8] /Teures-Telefon-Monopol-in-der-Haft/!5814562
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Europäische Union
Transparenzgesetz
Informationsfreiheitsgesetz
Informationsfreiheit
Schwerpunkt Künstliche Intelligenz
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Entwicklungspolitik
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