| # taz.de -- Bebauung am Berliner Molkenmarkt: Affront mit Ansage | |
| > Die Jury trifft keine Entscheidung. Blockiert Senatsbaudirektorin | |
| > Kahlfeldt eine nachhaltige Lösung für das größte Stadtentwicklungsprojekt | |
| > Berlins? | |
| Bild: Polarisiert: Berlins Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt | |
| Soll man es eine Überraschung nennen? Oder gleich als einen Affront | |
| bezeichnen? Am Molkenmarkt, Berlins größtem Stadtentwicklungsprojekt, wird | |
| so schnell nicht gebaut werden. Und selbst wenn, wüsste keiner, was da | |
| entstehen soll. Verantwortlich dafür könnte ausgerechnet jene Frau sein, | |
| die für das Bauen eigentlich verantwortlich ist: Berlins | |
| Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt. | |
| Mit großer Spannung war die finale Sitzung des Preisgerichts am Dienstag | |
| erwartet worden. [1][Zwei Entwürfe standen der Jury zur Auswahl]. Der | |
| Entwurf des dänischen Teams von OS Arkitekter aus Kopenhagen und der | |
| Czyborra Klingbeil Architekturwerkstatt aus Berlin atmet den Geist der | |
| Zeit: viel Grün, flexibles Bauen, Erhalt von möglichst viel Bestand. | |
| Klimagerechter Städtebau also, den der zweite Entwurf nicht vorweisen kann. | |
| Stattdessen orientiert sich das Büro Albers/Malcovati an der Idee einer | |
| städtebaulichen Rekonstruktion. Zukunftsweisend oder rückwärtsgewandt – das | |
| war die Frage, die die Jury zu entscheiden hatte. | |
| Am Ende blieb die Entscheidung aus. Wie es hieß, habe es in der Jury eine | |
| deutliche Sympathie für den Entwurf von OS Arkitekter gegeben. Ein | |
| entsprechendes Votum aber habe die Senatsbaudirektorin nicht zulassen | |
| wollen. „Dass es keine Entscheidung gibt, irritiert und wirft Fragen auf, | |
| die noch zu klären sind“, ärgerte sich der stadtentwicklungspolitische | |
| Sprecher der Grünenfraktion, Julian Schwarze. | |
| Auf einer Pressekonferenz am Mittwoch versuchte Kahlfeldt, das Problem | |
| herunterzureden. Eine Entscheidung sei gar nicht vorgesehen gewesen. „In | |
| einem Werkstattverfahren haben die Planerinnen und Planer uns in den | |
| Arbeitsphasen in unserer Auswahl bestätigt und wertvolle Diskussionsansätze | |
| mit auf den Weg gegeben“, [2][so die Senatsbaudirektorin.] Tatsächlich aber | |
| hieß es in der Auslobung des Werkstattverfahrens, dass „die Empfehlung | |
| eines der beiden Entwürfe als Grundlage einer Charta für die Entwicklung am | |
| Molkenmarkt“ dienen soll. | |
| ## Grüne und Linke sind sauer | |
| Entsprechend sauer war auch die linke Stadtentwicklungspolitikerin Katalin | |
| Gennburg. Es wäre „ein Skandal, wenn Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt | |
| entgegen dem Votum der Jurymehrheit eine eindeutige Empfehlung verhindert | |
| hat“, sagt Gennburg. Sie fordert eine Entscheidung des Abgeordnetenhauses | |
| über die geplante „Charta Molkenmarkt“. Das aber will die Senatsverwaltung | |
| für Stadtentwicklung offenbar verhindern. Stattdessen solle die Charta, die | |
| bis Ende des Jahres vorliegen soll, vom Senat beschlossen und dem Parlament | |
| lediglich zur Kenntnis vorgelegt werden. Vor einem Jahr allerdings hatte | |
| ein Abteilungsleiter der Verwaltung sehr wohl von einer Entscheidung des | |
| Abgeordnetenhauses gesprochen. [3][Darüber berichtet der Tagesspiegel]. | |
| Zurück auf Start also. Von einer Verzögerung will die Senatsbaudirektorin | |
| allerdings nichts wissen. Sie verweist auf archäologische Grabungen auf dem | |
| Areal, die ohnehin bis 2025 dauern würden. Anfang 2026 soll dann mit dem | |
| Bau begonnen werden. | |
| Ob dann auch die Grünflächen realisiert werden, die beide Architektenteams | |
| vorgesehen haben? Kahlfeldt jedenfalls hatte diese als nicht zeitgemäß | |
| kritisiert. Das wiederum brachte den Grünen Julian Schwarze erst recht auf | |
| die Palme. „Frau Kahlfeldt träumt immer noch von einer Stadt aus Stein und | |
| Beton. Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr Grünflächen am | |
| Molkenmarkt.“ | |
| Der Molkenmarkt, haben Beobachter immer wieder, gesagt, sei die erste große | |
| Herausforderung für Kahlfeldt, deren Nominierung durch Bausenator Andreas | |
| Geisel (SPD) von [4][lautstarken Protesten begleitet worden war.] Sowohl | |
| die Architektenkammer als auch ein Bündnis aus [5][hunderten Fachleuten] | |
| hatten ein transparentes Verfahren gefordert. | |
| Transparenz hätte auch der Entscheidung am Molkenmarkt gut getan. Insofern | |
| lautet die Antwort auf die Eingangsfrage: Überraschung, ja. Mehr noch aber | |
| Affront. Ein Affront mit Ansage. | |
| 16 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://molkenmarkt.berlin.de/werkstattverfahren/ | |
| [2] https://www.stadtentwicklung.berlin.de/aktuell/pressebox/archiv_volltext.sh… | |
| [3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/zuruck-auf-start-am-molkenmarkt-es-ist-v… | |
| [4] /Neue-Senatsbaudirektorin-in-Berlin/!5823959 | |
| [5] https://archplus.net/de/offener-brief-zur-neubesetzung-des-senatsbaudirekto… | |
| ## AUTOREN | |
| Uwe Rada | |
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