| # taz.de -- Neues Stadtquartier am Molkenmarkt: Senat beschließt Rahmenplan | |
| > Schwarz-Rot will Berlins ältesten Platz am Roten Rathaus bis 2028 | |
| > bebauen. Grüne befürchten ein „weiteres Luxusquartier“ | |
| Bild: Die Baustelle trügt: Hier werden aktuell nur Ausgrabungen durchgeführt | |
| Berlin taz | Bei einer [1][von Berlins umstrittensten Flächen], dem | |
| Molkenmarkt zwischen dem Roten Rathaus und dem Stadthaus, ist die Planung | |
| für die voraussichtlich 2028 fertiggestellte Bebauung eine Stufe weiter. | |
| Denn der schwarz-rote Senat stimmte am Dienstag einem Rahmenplan zu, den | |
| Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) vorgelegt hatte. Nächste | |
| Schritte sollen ein Gestaltungshandbuch und Wettbewerbe zur konkreten | |
| Gestaltung des Markts sein, der mit seiner 800-jährigen Geschichte Berlins | |
| ältester Platz ist. | |
| Wer eine Runde um das abgezäunte Areal dreht, könnte kurzzeitig an der | |
| Reihenfolge von Gaeblers Plan zweifeln, denn auf dem Platz sind bereits | |
| intensive Bodenarbeiten im Gange. Wie kann das gehen: erst mit den Arbeiten | |
| beginnen, dann einen Plan beschließen? Doch auch wenn sie imposant wirken, | |
| handelt es sich dabei lediglich um die 2019 begonnenen archäologischen | |
| Grabungen, wie Gaebler ausführte – immerhin ist der Molkenmarkt ein [2][Ort | |
| der Berliner Stadtgründung]. Bis ins Jahr 2024 würden sie noch dauern. Die | |
| parallelen Arbeiten sollen an der Grunerstraße bis Ende des Jahres | |
| abgeschlossen sein. | |
| Nach Angaben des Senators sind neben gewerblicher und kultureller Nutzung | |
| 450 Wohnungen geplant, die größtenteils die landeseigenen | |
| Wohnungsbaugesellschaften Degewo und WBM errichten sollen. Nach den | |
| Vorgaben des Senats soll die Hälfte davon mietpreisgebunden sein. Nach | |
| seinen Worten sollen auch gemeinwohlorientierte Bauherren dort tätig werden | |
| können. Das sollen vorrangig Genossenschaften sein, aber auch private | |
| Unternehmen, die entsprechendes Engagement unter Beweis stellen. | |
| Für die Initiative Offene Mitte Berlin, die dem Rahmenplan „einige positive | |
| Ansätze“ zubilligt, ist vor allem der Begriff [3][„gemeinwohlorientierte | |
| Bauherren“] besonders problematisch. „Angesichts der wirtschaftlichen | |
| Zwänge, denen auch gemeinwohlorientierte Bauherren unterliegen, ist es sehr | |
| unwahrscheinlich, dass diese am Molkenmarkt bezahlbare Wohnungen | |
| errichten“, äußerte sich die Initiative in einer Pressemitteilung. | |
| ## Luxusquartier befürchtet | |
| Auch die Grünen im Abgeordnetenhaus reagierten sehr skeptisch: „Am | |
| Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier ohne bezahlbare Wohnungen“, so | |
| ihr stadtentwicklungspolitischer Sprecher Julian Schwarze in einer | |
| Pressemitteilung. Senator Gaebler räumte mögliche Preissteigerungen ein, | |
| gab sich aber zuversichtlich, dass dennoch bezahlbarer Wohnraum entstehen | |
| könne. | |
| Umstritten ist beim Molkenmarkt seit jeher, ob es zu einer | |
| wiederaufgebauten Altstadt – Kritiker sprechen von „Historisierung“ – o… | |
| einer modernen Bebauung kommt. Laut Gaebler wird es „historische Bezüge“ | |
| geben, aber „keine historische Rekonstruktion“. Der Senator wies Vorwürfe | |
| zurück, internationale Architekten würden verprellt die Stadt verlassen: | |
| „Ich kann das nicht feststellen.“ Aus seiner Sicht ist es gerade Aufgabe | |
| von Architekten, historische Bezüge und aktuelle Entwicklungen | |
| zusammenzubringen. Gaebler erwähnte auch Stimmen, „die die ganze Bebauung | |
| nicht wollen“. | |
| In der Kritik stand dabei oft Gaeblers Staatssekretärin, | |
| [4][Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt]. Über sie sagte der | |
| Grünen-Bauexperte Schwarze im Januar in der taz: „Ihr geht es darum, von | |
| oben herab zu entscheiden, und zwar nach ihrem Gusto.“ Senator Gaebler | |
| hingegen widersprach am Dienstag Vorwürfen, in den Rahmenplan sei zu wenig | |
| aus Juryüberlegungen in einer vorigen Stufe der Molkenmarkt-Diskussion | |
| eingeflossen. | |
| Nach seinem Plan entsteht nächstes Jahr ein „Gestaltungshandbuch“. Von 2025 | |
| bis 2028 gibt es dann schrittweise mehrere Wettbewerbe zur genauen | |
| Gestaltung von Gebäuden und Freiflächen. „Dann werden die Planungen ein | |
| richtiges Gesicht bekommen“, so Gaebler, der 2026 mit einem Baubeginn | |
| rechnet und für 2028 erste fertige Häuser erwartet. | |
| 22 Aug 2023 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Bebauung-am-Berliner-Molkenmarkt/!5881876 | |
| [2] https://molkenmarkt.berlin.de/ | |
| [3] /Stadtumbau-in-Berlin/!5882329 | |
| [4] /Stadtumbau-in-Berlin/!5907755 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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