# taz.de -- Geplantes Verbrenner-Aus ab 2035: Alles andere als ehrgeizig | |
> Die EU täuscht mit dem angekündigten Verbot von Verbrennern eine echte | |
> Klimapolitik nur vor. Kund:innen und die Industrie sind längst viel | |
> weiter. | |
Bild: Einmal volltanken, bitte: Elektroauto lädt an einer Ladestation | |
Es ist ein besonderer Ausdruck von Weltabgewandtheit: Die Autolobby schreit | |
nach der Entscheidung des Europäischen Parlaments, [1][im Jahr 2035 die | |
Zulassung neuer Pkw mit Benzin- oder Dieselantrieb zu verbieten], Zeter und | |
Mordio. Auto-Cheflobbyistin Hildegard Müller und sieht in dem | |
Abstimmungsergebnis allen Ernstes ein Votum gegen die Bürger:innen und | |
gegen den Markt, gegen Innovation und gegen moderne Technologien. Das ist | |
einfach falsch. Dass auch FDP-Bundesverkehrsminister Volker Wissing mit | |
ähnlichen Argumenten gegen das Verbrenner-Aus für 2035 ist, macht es nicht | |
besser. | |
Viel mehr Menschen wollen ein E-Auto kaufen, als Fahrzeuge verfügbar sind; | |
die Autobranche geht die Umstellung auf E-Mobilität längst an. Die | |
Autobauer haben sich weltweit für E-Mobilität entschieden, der | |
Wasserstoffantrieb ist für sie im Pkw-Bereich keine Alternative. | |
Synthetische oder Agrarkraftstoffe sind aus vielen Gründen ein Irrweg, | |
unter anderem weil sie viel zu teuer sind. | |
Mit der Ladeinfrastruktur wird es ausgehen wie mit den Corona-Impfstoffen: | |
Es wird nicht lange dauern, dann ist das Angebot größer als die Nachfrage. | |
An Autobahnen in Ballungsgebieten entstehen große Schnellladeparks, | |
Supermärkte und Unternehmen locken mit Angeboten zum Stromtanken. Mehr | |
Bürger:innen wollen bei sich zu Hause eine Ladestation einrichten, als | |
Technik und Handwerker:innen verfügbar sind. | |
Aber auch die Vorstellung einiger Grüner, dass durch die Entscheidung des | |
EU-Parlaments eine E-Auto-Revolution in Gang kommt, ist falsch. [2][Diese | |
Revolution hat längst begonnen], aber weder die EU noch die deutsche | |
Ampelregierung stellen sich an ihre Spitze. | |
## Unambitionierte Ziele | |
Der Zulassungstopp für fabrikneue Autos mit Benzin- oder Dieselmotor im | |
Jahr 2035 ist alles andere als ehrgeizig. Der größte europäische Autobauer | |
Volkswagen hat sich schon längst entschieden, zu diesem Zeitpunkt für den | |
EU-Markt keine Verbrenner-Pkw mehr herzustellen, andere steigen viel früher | |
aus. Das Europäische Parlament hat mit der Festlegung auf das Ausstiegsjahr | |
2035 darauf verzichtet, diesen längst begonnenen Prozess zu beschleunigen. | |
Autos haben eine durchschnittliche Lebensdauer von 15 Jahren, manche fahren | |
noch viel länger. Das Zulassungsverbot von neuen Verbrennern bedeutet also | |
nicht das Ende von Diesel- und Benzin-Pkw. Würde die EU früher als 2035 das | |
Verbot erlassen, würde sie mehr Wucht in den Transformationsprozess | |
bringen. So aber dackelt sie der Entwicklung nur hinterher. | |
Und mit ihr die [3][Ampelregierung in Deutschland]. Sie hat mit Hinweis auf | |
die Entscheidungen in der Europäischen Union kein Datum für das Aus von | |
Verbrennerautos in Deutschland festgelegt. Ihr Ziel, dass bis 2030 15 | |
Millionen E-Autos auf deutschen Straßen fahren sollen, ist ambitionslos – | |
dass es so kommt, [4][regelt der Markt von allein]. | |
Die EU und die deutsche Regierung täuschen eine klimagerechte Autopolitik | |
nur vor. Ihre Verzögerungstaktik ist fatal. Angesichts der Klimakrise | |
müssen sie mehr Tempo machen und nicht Druck aus dem Kessel nehmen. | |
9 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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