| # taz.de -- Generaldebatte im Bundestag: Müder Scholz, provokanter Merz | |
| > Bei einer Diskussion im Bundestag zeigt sich: Der Deal um das | |
| > 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr scheint kompliziert zu | |
| > werden. | |
| Bild: Firiedrich Merz ist rhetorisch bestens unterwegs | |
| Berlin taz | Der Kanzler hat am Donnerstag keinen guten Tag. Er liest seine | |
| Rede ab und verhaspelt sich ein paar Mal. Viele Neues ist der | |
| Regierungserklärung von Olaf Scholz auch nicht zu entnehmen. „Russland darf | |
| den Krieg nicht gewinnen, die Ukraine muss bestehen“, sagt er und | |
| rechtfertigt noch mal die Lieferungen schwerer Waffen. „Einem angegriffenen | |
| Land bei seiner Verteidigung zu helfen, ist keine Eskalation.“ Trotzdem | |
| müsse man die Ängste vor einer Eskalation ernst nehmen. | |
| Der Kanzler spielt die Rolle eines Mittlers – zwischen dem politischen | |
| Berlin, in dem es vielen mit Waffenlieferungen nicht schnell genug gehen | |
| kann, und einem großen Teil der Deutschen, die zögerlicher sind. Der | |
| Kanzler versucht beim 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr die | |
| Union zu umarmen. Er braucht sie für die Zweidrittelmehrheit. Er erinnert | |
| den „lieben Herrn Merz“ an die staatspolitische Verantwortung. Regierung | |
| und Opposition müssten gemeinsam handeln. Man sei in „guten Gesprächen“. | |
| Steht die Einigung beim Sondervermögen kurz bevor? | |
| Eher nicht. Denn danach hört Scholz mit versteinertem Gesicht Friedrich | |
| Merz zu. Der Fraktionschef von CDU/CSU brennt ein rhetorisches Feuerwerk | |
| ab. Er mokiert sich über Scholz’ unglückliche Äußerung, er halte nichts v… | |
| Leuten, die zu Fototerminen nach Kiew reisen. | |
| An wen, ätzt Merz, habe der Kanzler da gedacht? An Bundestagspräsidentin | |
| Bärbel Bas, [1][Außenministerin Annalena Baerbock] oder den | |
| UN-Generalsekretär? Die Union johlt vor Begeisterung. Der Kanzler wirkt | |
| etwas müde, der „liebe Herr Merz“ vibriert vor Angriffslust. Deutschland | |
| liefere praktisch keine Waffen. Den [2][Gepard-Panzer] habe die Ukraine gar | |
| nicht haben wollen, so Merz. Auch der Ringtausch – deutsche Waffen ersetzen | |
| Waffen in Ländern, die von dort in die Ukraine geliefert werden – | |
| funktioniere nicht. Scholz treibe ein doppeltes Spiel. | |
| Komplizierter Panzer-Tausch | |
| Faktencheck: Der im April angekündigte [3][Panzer-Ringtausch] mit Slowenien | |
| hakt, weil Slowenien die von Berlin angebotene Marder-Panzer nicht will, | |
| sondern moderne Waffen fordert. Faktisch hat Merz recht, allerdings liegt | |
| das nicht an Scholz, sondern an dem komplizierten Tausch. Berlin hat sich | |
| am Mittwoch mit Tschechien auf die Lieferung von 15 Leopard-Panzern an Prag | |
| geeinigt, das dafür Panzer in die Ukraine liefert. Und der Deal um das | |
| Sondervermögen? Es gebe Gespräche, ob die „gut sind, sei mal | |
| dahingestellt“, so Merz. Nebenbei forderte er die sofortige Entlassung von | |
| Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. | |
| Nach staatspolitischer Verantwortung klingt Merz nicht. Nach Einigung beim | |
| Sondervermögen auch nicht. Merz verlangt, dass die 100 Milliarden nur der | |
| Bundeswehr zukommen – die Ampel möchte, dass auch in kleinerem Umfang Geld | |
| für Cybersicherheit und zivile Prävention zur Verfügung steht. Nach Merz | |
| spricht die grüne Fraktionschefin Katharina Dröge. „Wieso beginnen ihre | |
| Debatten im Bundestag immer wie Bierzeltreden“, mahnte sie. Die | |
| Verhandlungen über das Sondervermögen werden, so scheint es, noch dauern. | |
| 19 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Stefan Reinecke | |
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