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# taz.de -- Abschaffung des Paragraf 219a: Das Patriarchat muss einstecken
> Der Bundestag berät den Gesetzentwurf zur Aufhebung des Paragrafen 219a.
> Von der Linken kommt Zustimmung, die Opposition zeigt sich empört.
Bild: Die Union, zusammen mit der AfD, lehnt den Gesetzentwurf der Ampel ab
Berlin taz | Es ist ein wichtiger Schritt, um Schwangerschaftsabbrüche zu
entkriminalisieren. Am Freitag debattierte der Bundestag in erster Lesung
über den Gesetzentwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a, der das
sogenannte Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche regelt. In besagtem
Paragrafen heißt es, dass alle Menschen, die Schwangerschaftsabbrüche
anbieten oder Informationen dazu veröffentlichen, mit einer Freiheitsstrafe
von „bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft“ werden.
Die Bundesregierung begründet die [1][Streichung des 219a] damit, dass
Ärzt:innen eingeschränkt seien, wenn sie Schwangere über
Schwangerschaftsabbrüche informieren wollen. So erschwere der Paragraf
einerseits den ungehinderten Zugang zu fachlichen Informationen sowie „das
Auffinden einer geeigneten Ärztin oder eines geeigneten Arztes“. Zu diesen
Informationen zählen die sachliche Aufklärung über Methodik und Risiken,
aber auch Praxen und Ärzt:innen, die einen solchen Abbruch durchführen.
Derweil sei der neue Gesetzentwurf der Regierung mit der „Schutzpflicht für
das ungeborene Leben vereinbar“.
Bundesjustizminister [2][Marco Buschmann] (FDP) sprach von einer
„Fortschrittskoalition“ und betonte, dass eine Aufklärung eine Abtreibung
nicht wahrscheinlicher, „sondern die Entscheidung der Frau informierter“
mache. Er erklärte, dass es „jedem Verschwörungstheoretiker“ erlaubt sei,
„Unsinn über Schwangerschaftsabbrüche zu verbreiten“, nur Ärzt:innen
nicht – und, dass der Gesetzentwurf nichts am Schutz des ungeborenen Lebens
ändere.
Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zeigte sich erfreut und erklärt, dass
es „um existenzielle Fragen“ ginge, da reproduktive Rechte „leider nicht
selbstverständlich“ seien. „Es ist schlicht zynisch, dass Ärztinnen dafür
Strafverfolgung fürchten müssen“, so Paus – eine Anspielung auf die
Gießener [3][Ärztin Kristina Hänel], die sich mehreren Strafanzeigen und
Ermittlungsverfahren stellen musste.
## Streichung war „längst überfällig“
Auch die Bundestagsabgeordnete Schahina Gambir (Grüne) zeigte sich der
gegenüber der taz erfreut. „Auf diesen Gesetzentwurf mussten wir lange
warten und doch kommt er genau zur richtigen Zeit“, erklärte sie mit der
Begründung, wie Frauen weltweit für das Recht auf Selbstbestimmung kämpfen
müssen. So zeigen „die bedrohlichen Entwicklungen in Ländern wie
Afghanistan oder auch den USA“, wie sehr Schwangere unter Druck stehen. Der
freie Zugang zu Informationen sei für Betroffene aber notwendig, um
„selbstbestimmt eine Entscheidung treffen zu können“.
Die Union, zusammen mit der AfD, lehnt den Antrag der Bundesregierung ab.
Als Begründung erklärte Katja Leikert (CDU) der taz, dass es bei dem
Paragrafen darum ginge, eine Balance zwischen dem Recht auf Information und
„die Würde des ungeborenen Lebens“ zu finden. So wolle die Union mit ihrem
eigenen Antrag Ärzt:innen „Raum zur Information geben, ohne dass dieser
als Deckmantel für eine ausufernde Werbung missbraucht“ werde.
Gegen eine solche „Blockadehaltung der Union“ habe Gülistan Yüksel (SPD)
lange gekämpft. Der taz gegenüber erklärt Yüksel, dass nun endlich Realität
werde, „was längst überfällig war“. Ferner ergänzt sie, dass es ein „…
Tag für das Recht der Frauen auf körperliche Selbstbestimmung“ sei.
## Neue Kommission für reproduktive Rechte
In ihrer Bundestagsrede erwähnten sowohl Lisa Paus als auch die linke
Abgeordnete Heidi Reichinnek eine neue Kommission, die einen Fokus auf
reproduktive Rechte haben wird. Eine Sprecherin des
Bundesfamilienministeriums ergänzte auf Nachfrage der taz, dass es gemäß
des Koalitionsvertrags eine „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung
und Fortpflanzungsmedizin“ geben soll.
Die Kommission soll auch die „Möglichkeiten zur Legalisierung der
Eizellspende und der altruistischen Leihmutterschaft“ prüfen. Noch wurde
die Kommission nicht eingesetzt, da die Art, Zusammensetzung sowie
Arbeitsfragen geprüft werden. Die Führung wird das
Bundesgesundheitsministerium übernehmen.
13 May 2022
## LINKS
[1] /Streichung-des-Paragrafen-219a/!5826226
[2] /Streichung-des-Paragrafen-219a/!5826339
[3] /Kristina-Haenel-ueber-ihr-219a-Urteil/!5745523
## AUTOREN
Shoko Bethke
## TAGS
Schwerpunkt Paragraf 219a
§219a
Schwerpunkt Abtreibung
GNS
Reproduktive Rechte
Schwangerschaft
Eizellspende
Kristina Hänel
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Frauen
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