Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- +++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: 40 russische Diplomaten ausge…
> Berlin erklärt 40 Diplomaten aus Russland zu „unerwünschten Personen“.
> US-Präsident Biden will Putin vor Gericht stellen.
Bild: Die russische Botschaft in Berlin im Jahr 2021
## Russische Diplomaten müssen Deutschland verlassen
Die Bundesregierung hat 40 russische Diplomaten zu in Deutschland
„unerwünschten Personen“ erklärt. Die Bundesregierung habe am Montag
entschieden, „eine erhebliche Zahl von Angehörigen der russischen Botschaft
zu unerwünschten Personen zu erklären, die hier in Deutschland jeden Tag
gegen unsere Freiheit, gegen den Zusammenhalt unserer Gesellschaft
gearbeitet haben“, erklärte Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am
Montag in Berlin. „Dies werden wir nicht weiter dulden.“ Werden Diplomaten
zu unerwünschten Personen erklärt, kommt dies einer Ausweisung gleich.
Die Entscheidung sei dem russischen Botschafter Sergej Netschajew am
Montagnachmittag mitgeteilt worden, teilte Baerbock mit. Der Botschafter
war von Staatssekretär Andreas Michaelis ins Auswärtige Amt einbestellt und
über die Ausweisung informiert worden. Die betroffenen Personen haben fünf
Tage Zeit, um Deutschland zu verlassen. Bei den Russen handelt es sich nach
diesen Informationen um Personal, bei dem von einer Zugehörigkeit zu
russischen Nachrichtendiensten auszugehen ist. (dpa)
## Gazprom Germania kommt unter Treuhandverwaltung
Die Bundesnetzagentur wird nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister
Robert Habeck (Grüne) vorübergehend als Treuhänderin für die Gazprom
Germania eingesetzt. Wie Habeck in Berlin ankündigte, wird eine
entsprechende Anordnung noch am Montag im Bundesanzeiger veröffentlicht.
Hintergrund sind demnach unklare Rechtsverhältnisse sowie der Verstoß gegen
die Meldepflicht im Rahmen der Außenwirtschaftsverordnung.
Die Entscheidung sei „zwingend notwendig“, sagte Habeck. Die Gazprom
Germania GmbH betreibe in Deutschland kritische Infrastruktur und habe
damit eine „herausragende Bedeutung für die Gasversorgung“. Die Anordnung
der Treuhandverwaltung diene dem Schutz der öffentlichen Sicherheit und
Ordnung sowie „der Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit“. Die
Treuhandverwaltung durch die Bundesnetzagentur wird demnach auf Grundlage
des Außenwirtschaftsgesetzes bis zum 30. September 2022 angeordnet.
Der russische Energiekonzern Gazprom hatte am Freitag mitgeteilt, dass er
sich von seiner deutschen Tochterfirma getrennt habe. Gazprom ist
mehrheitlich im Besitz des russischen Staates und war bisher alleiniger
Eigentümer der Gazprom Germania. Über mögliche neue Eigentümer war am
Freitag aber zunächst nichts bekannt geworden.
Dem Bundeswirtschaftsministerium erklärte nun, dass dem Ministerium der
mittelbare Erwerb der Gazprom Germania durch die Unternehmen JSC Palmary
aus Russland und Gazprom export business services LLC zur Kenntnis gelangt
sei. Da die Gazprom Germania GmbH jedoch kritische Infrastruktur betreibe,
müsse jeder Erwerb durch einen Nicht-EU-Investor vom Ministerium genehmigt
werden. Unklar sei, wer wirtschaftlich und rechtlich hinter den beiden
genannten Unternehmen stehe. Zudem habe der Erwerber „die Liquidierung der
Gazprom Germania angeordnet, was, so lange der Erwerb nicht genehmigt ist,
nicht rechtmäßig ist“. (afp)
## Bundesnetzagentur übernimmt als Treuhänderin
Die Bundesregierung tue „das Notwendige, um die Versorgungssicherheit in
Deutschland zu gewährleisten“, erklärte Habeck. „Dazu zählt auch, dass w…
Energieinfrastrukturen in Deutschland nicht willkürlichen Entscheidungen
des Kremls aussetzen“, fügte er hinzu. Die ordnungsgemäße Wahrnehmung der
Geschäfte in Deutschland müsse gesichert sein.
Dies sei auch wichtig, „damit die Versorgung in europäischen Partnerländern
funktioniert“, fügte Habeck hinzu. „Die unklaren Rechtsverhältnisse,
Verstöße gegen die Meldepflicht und die Ankündigung der Liquidierung der
Gazprom Germania zwingen die Bundesregierung nun zu diesem Schritt“.
Die Bundesnetzagentur übernehme nun als Treuhänderin die Funktion einer
Gesellschafterin und könne „alle nötigen Maßnahmen ergreifen, um weiter die
Versorgungssicherheit zu gewährleisten“, führte Habeck weiter aus.
Gazprom Germania fungierte nach Angaben des Wirtschaftsministeriums bisher
„als Holding für Aktivitäten von Gazprom in Deutschland und anderen
europäischen Ländern, insbesondere auch beim Betrieb von kritischer
Infrastruktur“. Dazu zählten demnach auch der Energiehandel sowie der
Gastransport und Betrieb von Gasspeichern. Daher sei die Einsetzung eines
Treuhänders erforderlich, um die Geschäfte fortzuführen und so die
Versorgungssicherheit zu garantieren. Aktuell sei die Versorgungssicherheit
gewährleistet, betonte Habeck. (afp)
## Biden: Putin sollte Prozess gemacht werden
Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha hat US-Präsident Joe
Biden gefordert, den russischen Staatschef Wladimir Putin wegen
Kriegsverbrechen vor Gericht zu stellen. „Er sollte zur Rechenschaft
gezogen werden“, sagte Biden am Montag in Washington. „Dieser Kerl ist
brutal. Es ist abscheulich, was in Butscha passiert, und alle haben es
gesehen“, sagte Biden. Es handle sich um ein Kriegsverbrechen.
Untersuchungen müssten nun „alle Details“ dokumentieren, „damit es einen
Prozess wegen Kriegsverbrechen geben kann“, sagte Biden.
Der Präsident erklärte zudem, die USA würden ihre Sanktionen gegen Russland
wegen des Angriffskriegs in der Ukraine weiter verschärfen. „Ich werde
weiter Sanktionen hinzufügen“, sagte Biden. Zudem würden die USA die
Ukraine auch weiter mit Waffen für den Kampf gegen die russischen Angreifer
versorgen, sagte er. (dpa)
## USA wollen Suspendierung Russlands aus Menschenrechtsrat
Die USA haben einen zeitweisen Ausschluss Russlands aus dem
UN-Menschenrechtsrat gefordert. Es gebe immer mehr Berichte über
Menschenrechtsverletzungen russischer Invasionstruppen in der Ukraine,
sagte UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield am Montag. Russland solle
deshalb seinen Sitz im Menschenrechtsrat verlieren. Erst am Wochenende
hatte es Berichte gegeben, nach dem Abzug russischer Truppen aus der Stadt
Butscha seien dort Hunderte tote Zivilisten gefunden worden.
Der UN-Menschenrechtsrat hat 47-Mitgliedstaaten. Über eine Suspendierung
Russlands müsste die UN-Vollversammlung entscheiden. Deren Sprecherin
Paulina Kubiak sagte, das Gremium habe noch keinen Antrag für eine Sitzung
zu diesem Thema erhalten. (ap)
## Steinmeier: Fehleinschätzungen in der Russland-Politik
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und
Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. „Mein Festhalten an
Nord Stream 2, das war eindeutig ein Fehler. Wir haben an Brücken
festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere
Partner uns gewarnt haben“, sagte er am Montag in Berlin. Eine bittere
Bilanz sei auch: „Wir sind gescheitert mit der Errichtung eines gemeinsamen
europäischen Hauses, in das Russland einbezogen wird. Wir sind gescheitert
mit dem Ansatz, Russland in eine gemeinsame Sicherheitsarchitektur
einzubinden.“
Steinmeier war in den vergangenen Tagen dafür kritisiert worden, dass er
sich bislang nicht zu eigenen Fehleinschätzungen insbesondere in seiner
Zeit als Außenminister geäußert habe. Nun sagte er, die Verantwortung für
den Krieg liege bei Kreml-Chef Wladimir Putin. „Die sollten wir nicht auf
uns ziehen. Das heißt aber nicht, dass wir nicht einiges zu überdenken
haben, wo es unsererseits Fehler gegeben hat.“
Seine Einschätzung sei gewesen, dass Putin nicht den kompletten
wirtschaftlichen, politischen und moralischen Ruin seines Landes für seinen
imperialen Wahn in Kauf nehmen würde. „Da habe ich mich, wie andere auch,
geirrt.“ Der Bundespräsident betonte, mit einem Russland unter Putin werde
es „keine Rückkehr zum Status Quo vor dem Krieg geben“. (dpa)
## Ampel-Regierung will weiter Energie aus Russland beziehen
Nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha wird auch innerhalb
der Ampelkoalition wieder intensiv über einen sofortigen Stopp von
Energielieferungen aus Russland diskutiert. Die Bundesregierung bleibt
bislang bei ihrer Haltung, diesen Schritt aus Sorge vor den Folgen für
Wirtschaft und Gesellschaft nicht zu gehen. Entsprechend äußerten sich
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen und der
SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil.
Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses im
Bundestag, forderte erneut ein Embargo. Verteidigungsministerin Christine
Lambrecht (SPD) will zumindest mit den europäischen Partnern darüber
sprechen. Nach dem Abzug russischer Truppen aus Butscha waren in dem Vorort
von Kiew Dutzende tote Zivilisten entdeckt worden.
Lambrecht forderte eine schnelle Antwort der EU-Staaten. Diese müssten sich
schnellstmöglich über weitere Sanktionen gegen Russland austauschen, sagte
sie am Sonntag im „Bericht aus Berlin“ der ARD. Sie gehe davon aus, dass
auch über Energielieferungen gesprochen werde.
Nach Schätzung der Brüsseler Denkfabrik Bruegel geben die EU-Staaten
täglich rund 380 Millionen Euro für russisches Gas und etwa 360 Millionen
Euro für Öl aus. Kritiker sehen darin eine indirekte Mitfinanzierung des
Krieges in der Ukraine. (dpa)
## Habeck: „Tägliche Schritte“ in Richtung Embargo
Habeck sagte am Montag auf die die Frage, ob ein sofortiges Embargo
ausgeschlossen sei, egal was der russische Präsident Wladimir Putin tue:
„Wir arbeiten ja an der Unabhängigkeit von russischem Öl und von Kohle und
Gas.“ Deutschland habe die eigene Öl- und Gasförderung weitgehend
eingestellt, sich gegen andere Lieferanten als Russland und gegen
Energieterminals entschieden. „Das bauen wir jetzt alles zurück und drehen
es um“, sagte Habeck. Insofern gebe es jeden Tag Schritte zu einem Embargo.
Hofreiter sagte im Deutschlandfunk mit Blick auf Habecks Kurs: „Es gibt
einfach eine unterschiedliche Einschätzung. Ich bin der Meinung, gestützt
auf Unmengen Experten und nicht nur Wirtschaftswissenschaftlern, dass es
möglich ist.“ Ein Embargo wäre allerdings extrem schwierig. „Und es hat
Konsequenzen, denn wir brauchen dann ein Rettungspaket für die Industrie.
Wir brauchen wieder umfangreiches Kurzarbeitergeld.“
Klingbeil sagte am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“, er halte
trotz der schrecklichen Bilder von Butscha ein sofortiges Gas-Embargo aus
vielen Gründen für einen falschen Weg. Der bayerische Ministerpräsident
Markus Söder teilte diese Position und wies darauf hin, dass sich Russland
bereits andere Abnehmer suche, etwa Indien.
„Wir drehen gerade jeden Tag den Gashahn ein Stück weiter zu“, sagte
Klingbeil. Bei einem Stopp von heute auf morgen „müssen wir bei aller
Brutalität dieser Bilder und bei aller Emotionalität, die auch ich habe, da
müssen wir über die Konsequenzen reden, die das für uns in Deutschland
hätte“. Es gehe auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. (dpa)
## Selenski: Gespräche nach Butscha werden schwieriger
Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sieht nach den Vorkommnissen
in Butscha die Fortsetzung der Friedensverhandlungen mit Russland
erschwert. Es sei „schwierig“, die Gespräche jetzt weiterzuführen, sagt
Selenski bei einem Besuch in Butscha nordwestlich von Kiew. (rtr)
## Kosovo und Albanien fordern Ermittlungen zu Tötungen
Das Kosovo und Albanien haben die Tötungen von Zivilisten in zeitweise von
russischen Truppen besetzten Gebieten nahe der ukrainischen Hauptstadt Kiew
verurteilt. Die Bilder der in Butscha entdeckten Leichen erinnerten ihn an
vergleichbare Grausamkeiten während des Kosovokrieges zwischen serbischen
Truppen und albanischen Kämpfern, sagte der kosovarische Ministerpräsident
Albin Kurti am Montag. „Massengräber, brutal getötete Menschen, denen
Körperteile fehlen, niedergebrannte Häuser, in Trümmer verwandelte Städte
sind alles bekannte Auftritte völkermordender Regime“, twitterte er.
Der albanische Regierungschef Edi Rama nannte die Bilder nach dem Abzug
russischer Truppen aus Butscha „schockierend“ und verlangte eine
internationale Untersuchung. „Nichts kann jemals solche Grausamkeiten
entschuldigen“, twitterte er. „Welch ein Schmerz und welch eine Schande.“
Im überwiegend von ethnischen Albanern bewohnten Kosovo hatten die
serbische Armee und albanische Kämpfer 1998/99 einen blutigen Krieg
ausgefochten, bei dem mehr als 12.000 Menschen getötet wurden. Etwa 1.600
werden immer noch vermisst. 2008 erklärte sich die ehemalige serbische
Provinz für unabhängig, was Russland bis heute nicht anerkennt.
Nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft sind in Gebieten
außerhalb der ukrainischen Hauptstadt nach dem Rückzug russischer Truppen
die Leichen von mindestens 410 Zivilisten gefunden worden – viele mit
gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster Nähe und Anzeichen von
Folter. Die russische Regierung erklärte, das Ganze sei eine „inszenierte
Provokation“ der Ukraine, für die Russland nicht verantwortlich sei. (ap)
## EU arbeitet unter Hochdruck an neuen Russland-Sanktionen
Die EU arbeitet nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell unter
Hochdruck an neuen Strafmaßnahmen gegen Russland. „Wir sind solidarisch mit
der Ukraine und dem ukrainischen Volk in diesen düsteren Stunden“, teilte
der Spanier am Montag nach Berichten über Gräueltaten in der Stadt Butscha
mit. Die EU werde die Ukraine weiterhin nachdrücklich unterstützen und die
Arbeiten an zusätzlichen Sanktionen gegen Russland als dringende
Angelegenheit vorantreiben.
Was für Strafmaßnahmen vorbereitet werden und wann sie beschlossen werden
sollen, teilte Borrell nicht mit. Die Arbeiten an Sanktionen seien wie
immer vertraulich, sagte ein Sprecher am Mittag.
Über die aus befreiten ukrainischen Städten gemeldeten Gräueltaten zeigte
sich Borrell im Namen der Mitgliedstaaten bestürzt und sprach von
„Massakern“. „Die erschreckenden Bilder von zahlreichen zivilen Todesopfe…
und Verletzten sowie die Zerstörung ziviler Infrastruktur zeigen das wahre
Gesicht des brutalen Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine und ihr
Volk“, heißt es in der Erklärung. „Die Massaker in der Stadt Butscha und
anderen ukrainischen Städten werden in die Liste der Gräueltaten
aufgenommen werden, die auf europäischem Boden verübt wurden.“
Borrell machte zudem deutlich, dass aus Sicht der EU die russischen
Behörden für die während der Besatzung verübten Grausamkeiten
verantwortlich sind. Um die Täter und zuständigen Regierungsbeamten und
Militärs zur Rechenschaft zu ziehen, unterstütze man uneingeschränkt die am
Internationalen Strafgerichtshof eingeleiteten Ermittlungen sowie die
Arbeit der Untersuchungskommission des Hohen Kommissars der Vereinten
Nationen für Menschenrechte, teilte er mit. Auch helfe die EU dem
ukrainischen Generalstaatsanwalt und der Zivilgesellschaft bei der Sammlung
und Sicherung von Beweisen für Kriegsverbrechen. (dpa)
## Merkel weist Selenskis Kritik an Russland-Politik zurück
Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Kritik des
ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski an ihrer Russlandpolitik
zurückgewiesen. Zugleich warf sie Russland in einer am Montag
veröffentlichten Erklärung „Gräueltaten“ im Ukrainekrieg vor. Merkel
verteidigte in der schriftlichen Stellungnahme ihre Entscheidung im Jahr
2008, den Wunsch der Ukraine nach Aufnahme in die Nato zurückzuweisen.
„Bundeskanzlerin a. D. Angela Merkel steht zu ihren Entscheidungen im
Zusammenhang mit dem Nato-Gipfel 2008 in Bukarest“, erklärte eine
Sprecherin.
In diesem Punkt hatte Selenski zuvor schwere Vorwürfe erhoben: Im Jahr 2008
hätten die Nato-Staaten die Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis
abgelehnt, aufgrund der „absurden Angst einiger Politiker“ vor Russland,
sagte er am Sonntag in einer Videoansprache. Wegen dieser „Fehlkalkulation“
habe die Ukraine eine Revolution, acht Jahre Krieg im ostukrainischen
Donbass und nun „den schlimmsten Krieg in Europa seit dem Zweiten
Weltkrieg“ erlebt.
In der Ansprache forderte Selenski die Altkanzlerin sowie Frankreichs
Ex-Präsident Nicolas Sarkozy zu einer Reise in den von mutmaßlichen
russischen Gräueltaten betroffenen Ort Butscha auf: „Ich lade Frau Merkel
und Herrn Sarkozy ein, Butscha zu besuchen und zu sehen, wozu die Politik
der Zugeständnisse gegenüber Russland geführt hat“.
Merkel nahm in ihrer Erklärung nicht ausdrücklich Bezug auf diese
Aufforderung; sie betonte aber ihre Unterstützung für die Anstrengungen zur
Beilegung des Kriegs.
Ihre Sprecherin erklärte: „Angesichts der in Butscha und anderen Orten der
Ukraine sichtbar werdenden Gräueltaten finden alle Anstrengungen der
Bundesregierung und der internationalen Staatengemeinschaft, der Ukraine
zur Seite zu stehen und der Barbarei und dem Krieg Russlands gegen die
Ukraine ein Ende zu bereiten, die volle Unterstützung der Bundeskanzlerin
a.D.“ (afp)
## Kreml weist Vorwürfe der Gräueltaten an Zivilisten zurück
Der Kreml hat die Vorwürfe, russische Truppen hätten in der Ukraine
Gräueltaten an Zivilisten begangen, entschieden zurückgewiesen. Zugleich
regte Russland eine Sitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Thema an.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte am Montag, den ukrainischen
Behauptungen, dass russische Truppen außerhalb der Hauptstadt Kiew Hunderte
Zivilisten getötet hätten, sei nicht zu trauen. Er erklärte, dass „wir die
Anschuldigungen kategorisch zurückweisen.“
Peskows Kommentar in einer Telefonkonferenz mit Reportern ging eine
Mitteilung des russischen Verteidigungsministeriums voraus. Darin warf das
Ministerium den ukrainischen Behörden vor, inszeniert zu haben, was die
russische Seite als „Provokation“ bezeichnete, um Russland zu verleumden.
Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa hatte am Sonntag
mitgeteilt, in Gebieten außerhalb der ukrainischen Hauptstadt seien nach
dem Rückzug russischer Truppen die Leichen von mindestens 410 Zivilisten
gefunden worden – viele mit gefesselten Händen, Schusswunden aus nächster
Nähe und Anzeichen von Folter. International wurden die Taten verurteilt
und härtere Sanktionen gegen Moskau gefordert.
Peskow sagte, Fotos und Videos aus dem betroffenen Gebiet spiegelten nicht
näher benannte „Manipulationen“ wider. Er rief die internationale
Gemeinschaft dazu auf, die Fakten sorgsam zu analysieren und die russischen
Argumente anzuhören, bevor Russland beschuldigt werde.
Russland hat eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zu dem Thema
verlangt, was jedoch nach russischen Angaben von Großbritannien, das
gegenwärtig den Vorsitz innehat, abgelehnt wurde. Peskow sagte, Russland
werde sich weiter für die Sitzung einsetzen. Russland wolle, dass das Thema
auf höchster Ebene erörtert werde. (ap)
## Ukrainischer Botschafter kritisiert russischen Autokorso
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk hat einen großen Autokorso mit
russischen Fahnen am Sonntag in Berlin scharf kritisiert. „Um Himmels
willen, wie konnten SIE diesen Auto-Corso der Schande mitten in Berlin
zulassen?“, schrieb Melnyk am Montag bei Twitter an Berlins Regierende
Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und die Polizei. Giffey zeigte
Verständnis für die Kritik und teilte mit, sie verstehe den Ärger. Der
Autokorso, an dem laut Polizei rund 400 Fahrzeuge teilnahmen, sei als
Demonstration gegen die „sich aktuell verschärfende Diskriminierung
russischsprachiger Menschen in unserer Stadt“ angemeldet gewesen.
Melnyk betonte in seinem Tweet besonders, dass der Autokorso an dem Tag
fuhr, an dem die russischen Massaker an ukrainischen Zivilisten in Butscha
ans Licht gekommen seien.
Der Autokorso trug als angemeldete Demonstration offiziell den Titel:
„Keine Propaganda in der Schule – Schutz für russischsprechende Leute,
keine Diskriminierung“. Er startete an der Stadtgrenze im Nordosten Berlins
und endete am Olympischen Platz im Westen. An zahlreichen Autos waren
Fahnen in den russischen Farben Weiß-Blau-Rot zu sehen. Auch ein
sogenanntes Z-Symbol zur Unterstützung des Angriffskrieges in der Ukraine
sei gezeigt worden, sagte Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD). (dpa)
## Giffey verurteilt russischen Angriffskrieg
Giffey betonte: „Ich verurteile jegliche Äußerung, die den russischen
Angriffskrieg verharmlost oder legitimiert, auf das Schärfste.“ Daher sei
das Auto mit dem in Berlin verbotenen Z-Zeichen herausgezogen worden. Der
Vorgang werde jetzt strafrechtlich verfolgt. Des Weiteren wies Giffey
darauf hin, dass für die Demonstration die Versammlungsfreiheit gegolten
habe. Berlin stehe an der Seite der Ukraine. Sie stehe überdies in gutem
Kontakt zu Melnyk und habe mit ihm mehrfach über die Hilfe für die Ukraine
und die Versorgung tausender Flüchtlinge gesprochen.
Demonstrationen müssen in Berlin nicht von der Polizei genehmigt werden,
sondern die Veranstalter teilen der Polizei nur Ort, Zeit, Titel und die
erwartete Zahl der Menschen mit. Verboten werden kann eine Demonstration
nur unter ganz bestimmten Umständen, wenn sie etwa den öffentlichen Frieden
stört, indem gegen eine nationale, religiöse oder ethnische Gruppe zum Hass
aufgestachelt oder zu Gewalt aufgefordert wird.
Nach dem Rückzug russischer Truppen aus dem Gebiet rund um die ukrainische
Hauptstadt Kiew hatten am Sonntag Fotos von getöteten Menschen in der
zurückeroberten Stadt Butscha für Entsetzen gesorgt. Kiews Bürgermeister
Vitali Klitschko sprach von „Völkermord“. (dpa)
## Habeck gegen Gas-Embargo
Auch nach den Gräueltaten in der ukrainischen Stadt Butscha lehnt die
Bundesregierung ein sofortiges Embargo für russische Energie ab. Auf die
Frage, ob ein solcher Schritt ausgeschlossen sei, egal was der russische
Präsident Wladimir Putin tue, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck am
Montag in Berlin: „Wir arbeiten ja an der Unabhängigkeit von russischem Öl
und von Kohle und Gas.“ Deutschland habe die Erdöl- und Erdgasförderung
weitgehend eingestellt und sich gegen andere Lieferanten und
Energieterminals entschieden. „Das bauen wir jetzt alles zurück und drehen
es um“, sagte Habeck. Insofern gebe es jeden Tag Schritte zu einem Embargo.
Habeck kündigte zugleich seine Unterstützung für weitere Waffenlieferungen
ohne Einschränkungen sowie ein neues Sanktionspaket an. „Die Lieferung von
militärischem Gerät und Waffen sollte meiner Auffassung nach
uneingeschränkt und in großem Umfang fortgesetzt werden“, sagte er. „Immer
mit der Grenze, dass wir nicht selber Kriegspartei werden dürfen.“
Deutschland sei eine Verpflichtung zu Waffenlieferungen eingegangen. „Diese
Verpflichtung darf nicht abreißen.“ Dies gelte für die von seinem Haus zu
erteilenden Ausfuhrgenehmigungen uneingeschränkt.
Habeck sagte weiter: „Wir haben gesehen, wie wirksam die Sanktionen sind,
wir haben auch gesehen, wo wir möglicherweise Umgehungstatbestände haben,
wir haben gesehen, wo wir weitere russische Güter untersagen können und
damit die russische Wirtschaft weiter destabilisieren und schwächen können,
und ich gehe davon aus, dass das diese Woche dann in einem weiteren fünften
großen Sanktionspaket seinen Niederschlag finden wird.“
Mehr als fünf Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs auf die
Ukraine waren nach dem Abzug russischer Truppen in dem Kiewer Vorort
Butscha Dutzende toter Zivilisten entdeckt worden. (dpa)
## Großbritannien setzt sich für härtere Sanktionen ein
Die britische Außenministerin Liz Truss will sich bei ihrem am Montag
anstehenden Besuch in Polen für schärfere Strafmaßnahmen gegen Russland
einsetzen. „Putin muss noch zeigen, dass er es mit der Diplomatie ernst
meint“, erklärt Truss. „Ein hartes Vorgehen des Vereinigten Königreichs u…
unserer Verbündeten ist unerlässlich, um die Ukraine in den Verhandlungen
zu stärken.“
Die Londoner Regierung hat ihre Sanktionen mit anderen Ländern abgestimmt
und zuletzt wiederholt für härtere Sanktionen geworben. (rtr)
## Russland verstärkt Truppen in der Ostukraine
Russland verstärkt nach Einschätzung des britischen
Verteidigungsministeriums seine Kräfte in der Ostukraine. Dies gelte für
Soldaten und Söldner gleichermaßen, teilte das Ministerium am Montag in
London unter Berufung auf die Geheimdienste mit. Die russischen
Streitkräfte konsolidierten und reorganisierten sich weiter, während sie
ihre Offensive in der Donbass-Region neu ausrichteten.
Russische Truppen würden ebenso in das Gebiet verlegt wie Söldner der
privaten Gruppe Wagner, erklärte das Ministerium. Russland versuche immer
noch, die Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes einzunehmen, in der seit
Wochen heftige Kämpfe toben. Die Stadt sei weiterhin Gegenstand intensiver,
wahlloser Angriffe, aber die ukrainischen Streitkräfte leisteten
hartnäckigen Widerstand und behielten die Kontrolle über die zentralen
Bereiche.
Das Ministerium fügte hinzu, Mariupol sei mit ziemlicher Sicherheit ein
Hauptziel der russischen Invasion. Ihre Eroberung würde einen Landkorridor
von Russland zum besetzten Gebiet der Krim sichern, die Moskau 2014
annektierte. (ap)
## Arbeitsagentur-Chef: Flüchtlinge oft hoch qualifiziert
Flüchtlinge aus der Ukraine sind nach Einschätzung des
Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, eine
Bereicherung für den deutschen Arbeitsmarkt. „Das Qualifikationsniveau der
ukrainischen Bevölkerung ist im internationalen Vergleich hoch“, sagte er
dem Berliner Tagesspiegel (Montag). Es sei davon auszugehen, dass etwa
jeder zweite Geflüchtete über eine akademische Ausbildung verfügt, entweder
wissenschaftlich ausgebildet ist oder einen Fachschulabschluss besitzt, der
in etwa der dualen Ausbildung in Deutschland entspricht.
„Bei der hohen Fachkräftenachfrage und dem großen Mangel an Arbeitskräften
in Deutschland sind wir über jeden dankbar“, sagte Scheele weiter. In der
vorigen Flüchtlingskrise von 2014/2015 sei das Hauptanliegen gewesen,
Menschen rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren: „Diesmal möchten wir die
Menschen möglichst ausbildungsadäquat beraten und in Arbeit bringen, die
ihrer Ausbildung entspricht.“
Frauen seien in der Ukraine laut Forschungsinstitut der Arbeitsagentur
überwiegend in akademischen, technischen und medizinischen Berufen tätig
gewesen, betonte Scheele. Gerade in höherqualifizierten Berufen seien aber
Sprachkenntnisse nötig. Insofern entscheide das Angebot an Sprachkursen
über den Erfolg der Arbeitsmarktintegration.
Wichtig sei auch das Angebot an Kinderbetreuung: „Beides muss ausgebaut
werden.“ Der Chef der Arbeitsagentur fordert überdies eine raschere
Anerkennung von Berufsabschlüssen. (epd)
## Faeser will Ukraine-Flüchtlinge besserstellen
Die Bundesregierung will Flüchtlinge aus der Ukraine mit mehr Geld und
besserer Versorgung unterstützen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)
will beim Bund-Länder-Gipfel am Donnerstag durchsetzen, dass die
Grundleistungen für die Geflohenen auf Hartz-IV-Niveau angehoben werden,
wie sie der Bild vom Montag sagte. „Viele der erwachsenen Geflüchteten sind
gut qualifiziert, sie wollen sofort arbeiten“, sagte Faeser. „Für sie sind
die Jobcenter bessere Ansprechpartner als die Sozialämter.“
Die Lasten müssten nun zwischen Bund, Ländern und Kommunen gerecht verteilt
werden. „Wir wollen Geflüchtete aus der Ukraine keinesfalls schlechter
behandeln als Menschen, die in Deutschland ein Asylrecht erhalten haben“,
sagte Faeser.
Die Union warnte angesichts der Pläne vor zusätzlichen Anreizen für
Flüchtlinge, nach Deutschland zu kommen. Vize-Fraktionschefin Andrea
Lindholz (CSU) sagte der Bild: „Ein solcher Wechsel könnte erhebliche
Pulleffekte innerhalb der Europäischen Union entfalten und wäre auch
rechtstechnisch nicht sauber.“
Die bisherige Praxis sieht vor, dass Geflüchtete aus der Ukraine als
anerkannte Kriegsflüchtlinge laut Aufenthaltsgesetz noch unter das
Asylbewerberleistungsgesetz fallen. Damit bekommen sie weniger Geld als
Hartz-IV-Empfänger.
Laut Asylbewerberleistungsgesetz stehen etwa einem Alleinstehenden derzeit
pro Monat 367 Euro zu. Der Hartz-IV-Satz für erwerbsfähige Ukrainerinnen
und Ukrainer läge bei 449 Euro im Monat. (afp)
## Polens Grenzschutz zählt rund 2,48 Millionen Geflohene
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine haben sich rund 2,48 Millionen
Menschen in Polen in Sicherheit gebracht. Das teilte der polnische
Grenzschutz am Montag auf Twitter mit. Allein am Sonntag waren es demnach
rund 22.300 Menschen. Dies sei ein Rückgang um 6,4 Prozent im Vergleich zum
Vortag gewesen. Aus Polen in Richtung Ukraine hätten seit Kriegsbeginn am
24. Februar rund 457.000 Menschen die Grenze überquert. Bei diesen
Reisenden handelt es sich nach früheren Angaben des Grenzschutzes zum
überwiegenden Teil um ukrainische Staatsbürger, die in ihr Heimatland
zurückkehren. Viele Männer, aber auch Frauen, wollen sich dort den
ukrainischen Truppen anschließen und gegen die russischen Truppen kämpfen.
Andere kehren zurück, um sich um Kinder oder hilfsbedürftige Angehörige zu
kümmern.
Es gibt derzeit keine offiziellen Angaben dazu, wie viele der
Kriegsflüchtlinge in Polen geblieben und wie viele bereits in andere
EU-Staaten weitergereist sind. Die Ukraine – flächenmäßig das größte Land
in Europa – hatte vor Beginn des russischen Angriffs mehr als 44 Millionen
Einwohner. Polen und die Ukraine verbindet eine mehr als 500 Kilometer
lange Staatsgrenze. (dpa)
## Hafenstadt Odessa meldet weiteren Raketenangriff
Russische Truppen haben die südukrainische Hafenstadt Odessa nach Angaben
der Regionalverwaltung in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen
angegriffen. Dies teilte die Behörde auf Facebook mit. Einzelheiten sollten
später bekanntgegeben werden. Von russischer Seite gab es zunächst keine
Bestätigung.
Die Millionenstadt am Schwarzen Meer war bereits am Wochenende mit Raketen
angegriffen worden. Aus dem Verteidigungsministerium in Moskau hieß es
dazu, von Schiffen und Flugzeugen aus seien eine Ölraffinerie und drei
Treibstofflager in der Nähe der Stadt beschossen worden. (dpa)
## Verbindung zwischen Kiew und Tschernihiw reaktiviert
Der Transport von Hilfsgütern zwischen der nordukrainischen Stadt
Tschernihiw und der Hauptstadt Kiew soll von diesem Montag an wieder
möglich sein. Ab 10 Uhr werde die Route entlang der Autobahn in beide
Richtungen wieder aufgenommen, schrieb Verwaltungschef Wjatscheslaw Tschaus
in der Nacht zu Montag auf Telegram. Demnach gibt es eine
Gewichtsbegrenzung von fünf Tonnen. Außerdem werde stellenweise mit Staus
gerechnet.
Russische Truppen hatten die Stadt Tschernihiw dicht an der Grenze zu
Russland und Belarus seit Längerem eingekesselt. Von dort aus führt eine
strategisch wichtige Straße 125 Kilometer nach Süden in die Hauptstadt
Kiew. (dpa)
## 🐾 Russische Massaker in der Ukraine
Angesichts der Bilder aus dem Kiewer Vorort Butscha schreibt Dominic
Johnson in der taz von einer neuen Dimension im Ukrainekrieg. Für den
Leiter des Auslandsressorts weisen die Gräueltaten des russischen Militärs
[1][Charakterzüge eines Völkermords] auf.
## Ukraine wirft Russland Massaker an Zivilisten vor
Die Ukraine hat russischen Truppen Gräueltaten an der Zivilbevölkerung
vorgeworfen und von Szenen des Grauens in Vororten Kiews berichtet. Rund um
die Hauptstadt seien nach einem russischen Teilrückzug Leichen von 410
Zivilisten entdeckt worden, sagte die ukrainische Generalstaatsanwältin
Iryna Wenediktowa. Ukrainische Soldaten und Reporter der Nachrichtenagentur
AP fanden Tote mit zusammengebundenen Händen, Schusswunden im Kopf und
Anzeichen von Folter vor.
Präsident Wolodimir Selenski sprach von einem Genozid und warnte, dass mit
der Rückeroberung anderer Gebiete von russischen Truppen weitere
Gräueltaten offenbar werden könnten. Die Berichte und Bilder aus
betroffenen Orten ließen internationale Rufe nach noch schärferen
Sanktionen gegen Russland lauter werden. Das Verteidigungsministerium in
Moskau wies Vorwürfe der Gräueltaten an Zivilisten im Großraum Kiew zurück.
Journalisten der AP in Butscha, einer kleinen Stadt nordwestlich der
Hauptstadt, sahen die Leichen von mindestens neun Menschen in
Zivilkleidung, die dem Anschein nach aus kurzer Distanz getötet wurden.
Mindestens zwei hatten die Hände hinter dem Rücken zusammengebunden. Die
AP-Journalisten sahen zudem zwei in Plastik eingewickelte und mit Klebeband
zusammengeschnürte Leichen, die in einem Graben lagen.
Die Behörden in der Ukraine erklärten, sie dokumentierten Beweise für die
Strafverfolgung russischer Verantwortlicher wegen Kriegsverbrechen. Um sie
zu verurteilen, werden Strafverfolger des Internationalen Strafgerichtshofs
(ICC) ein Muster von Gräueltaten gegen Zivilisten während der russischen
Invasion in die Ukraine nachweisen müssen.
Oleksij Arestowytsch, ein Berater Selenskis, verglich die Schauplätze in
Butscha und anderen Orten nahe Kiew mit der Szenerie eines Horrorfilms.
Einigen der Opfer sei in den Kopf geschossen worden, ihre Hände seien
zusammengebunden gewesen. Einige Leichen hätten Anzeichen von Folter,
Vergewaltigung oder Verbrennungen aufgewiesen, sagte Arestowytsch. Berichte
über Folter und Vergewaltigung konnten zunächst nicht unabhängig
verifiziert werden. (ap)
## Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko beklagt „Genozid“
Einen Tag zuvor hatten AP-Journalisten gesehen, wie ukrainische Soldaten
vorsichtig mindestens sechs Leichen von einer Straße in Butscha entfernten,
von denen sie befürchteten, dass diese von russischen Soldaten mit
Sprengfallen präpariert worden sein könnten. Anwohner sagten, bei den
Getöteten handele es sich um Zivilisten, die ohne jede Provokation getötet
worden seien. Dies konnte nicht unabhängig bestätigt werden.
Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko sprach mit Blick auf das
[2][Geschehen in Butscha] und anderen Vororten der Hauptstadt gegenüber der
Bild von einem Genozid. Ähnlich äußerte sich Selenksi, der in einem
Interview mit dem US-Fernsehsender CBS am Sonntag erklärte, die russischen
Angriffe auf sein Land kämen einem Völkermord gleich. In einer Botschaft in
der Nacht zum Sonntag ergänzte der ukrainische Staatschef, bei den Mördern
handele es sich um „Freaks, die sich nicht anders zu helfen“ wüssten.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba forderte wegen zunehmender
Belege für an Zivilisten verübte Gräueltaten härtere Sanktionen gegen
Russland. Er sprach von einem Massaker an Zivilisten. Am Sonntag twitterte
er, die Tötungen seien „vorsätzlich“ und fügte hinzu, die „Russen vers…
so viele Ukrainer zu eliminieren, wie sie können.“
EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb bei Twitter, er sei schockiert von
den Bildern der von der russischen Armee verübten Gräueltaten in der
Hauptstadtregion. Er kündigte weitere EU-Sanktionen gegen Russland an. Auch
Bundeskanzler Olaf Scholz, der britische Premierminister Boris Johnson und
der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian reagierten mit Entsetzen
auf die Berichte. Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht sagte
im „Bericht aus Berlin“ der ARD, dass sie erwarte, dass nun auch
Energielieferungen aus Russland zur Debatte stehen würden. (ap)
## 🐾 Die Krim im Ukrainekrieg
Auf der Krim gibt es mehrheitlich Putin-Anhänger. Olena Popowa
[3][berichtet für die taz], wie sie die Stimmung auf der Halbinsel nicht
mehr erträgt – und flieht.
[4][Hier] lesen Sie die Nachrichten zum Ukraine-Krieg vom Sonntag.
4 Apr 2022
## LINKS
[1] /Russische-Massaker-in-der-Ukraine/!5843136
[2] /Vorwurf-russischer-Kriegsverbrechen/!5845822
[3] /Die-Krim-im-Ukrainekrieg/!5843159
[4] /-Nachrichten-zum-Ukrainekrieg-/!5845805
## AUTOREN
Mirko Schmid
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Wolodymyr Selenskij
Russland
Wladimir Putin
GNS
Wochenkommentar
Ukraine-Krise
Schwerpunkt Angela Merkel
Joe Biden
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
fossile Energien
Russland
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts: Panzer darf vor russische Botschaft
Eine Stadträtin sperrte sich dagegen, dass Unter den Linden ein Panzerwrack
aufgestellt wird. Ein Gericht lehrt sie nun, was Meinungsfreiheit ist.
Rolle der USA im Ukrainekonflikt: Die Kriegsmaschinerie läuft
In den USA ist der Hass auf Putin groß. Dabei wird vergessen, welche teils
unrühmlichen Rollen die US-Regierungen in der Welt gespielt haben.
Kritik an der Altkanzlerin: Merkels lautes Schweigen
Auch die ehemalige Regierungschefin erlag der Illusion eines friedlichen
Europas. Dass ihre Politik der Beschwichtigung falsch war, streitet sie ab.
US-Reaktionen auf Butscha: Kleine Konsequenzen
US-Präsident Biden musste auf die Kriegsverbrechen der russischen Armee in
Butscha reagieren. Es gibt nun härtere Sanktionen – außer im Energiesektor.
Reaktionen auf Massaker in Butscha: Druck auf Russland steigt
Westliche Länder reagieren auf das Massaker in der Stadt Butscha. Sie
verstärken ihre diplomatische und militärische Unterstützung.
Unabhängig durch Erneuerbare Energien: Gegenwind für Demokratiefeinde
Die Windkraft soll stärker gefördert werden. Gut so – aber weil Deutschland
lange zu sehr auf die Fossilen setzte, kommen die Ankündigungen viel zu
spät.
Ausweisung russischer Diplomaten: Zu wenig zu spät
Annalena Baerbock weist 40 russische Botschafts-Geheimdienstler aus. Ein
wichtiges Zeichen nach dem schändlichen Autokorso. Nur: Warum erst jetzt?
Massaker in Butscha: Zwischen Minen und Toten
Die Bilder von Leichen in Butscha gehen um die Welt. Unsere Autorin hat vor
Ort mit den dort lebenden Menschen gesprochen.
Mutmaßliche russische Kriegsverbrechen: Wie jetzt ermittelt wird
Russland bestreitet alle Vorwürfe, Zivilisten in Butscha erschossen zu
haben. Die Ukraine kann mit dem Den Haager Chefermittler zusammenarbeiten.
Russische Massaker in der Ukraine: Charakterzüge eines Völkermords
Die Gräueltaten von Butscha sind eine neue Dimension im Ukrainekrieg.
Solche nationalistischen Exzesse sind keine Ausrutscher. Sie haben System.
Vorwurf russischer Kriegsverbrechen: „Ohne Grund erschossen“
Russlands Armee gibt die Belagerung von Kiew auf – und hinterlässt Bilder
des Grauens: verwüstete Städte voller Leichen.
Waffen für die Ukraine: Berlin erlaubt Panzerlieferung
Tschechische Firma darf ausgemusterte frühere NVA-Schützenpanzer in die
Ukraine exportieren. Es handelt sich um sowjetische Produkte.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.