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# taz.de -- Ausweisung russischer Diplomaten: Zu wenig zu spät
> Annalena Baerbock weist 40 russische Botschafts-Geheimdienstler aus. Ein
> wichtiges Zeichen nach dem schändlichen Autokorso. Nur: Warum erst jetzt?
Bild: Außenministerin Baerbock erklärt 40 russische Diplomaten zu „unerwün…
Schändliches Verhalten macht sich nie nur an dem fest, was man tut, sondern
auch an allem, was man geschehen lässt. So einen Moment der Schande erlebte
Berlin an dem Tag, als uns die Bilder aus Butscha erreichten und sich
[1][gleichzeitig ein Autokorso mit russischen Kriegsbefürwortern] hupend
durch die deutsche Hauptstadt wälzte.
Allein schon deshalb tat es wohl, dass Außenministerin Annalena Baerbock am
Montagabend verkündete, dass Deutschland 40 russische Diplomaten zu
„unerwünschten Personen“ erklärte und damit zur Ausreise auffordert.
Baerbock machte auch keinen Hehl daraus, dass es sich dabei nach ihren
Erkenntnissen um [2][Botschafts-Geheimdienstler*innen handelt, die eine
Gefahr für Menschen aus der Ukraine] darstellten.
Die Ausweisung ist aus diesem Grund mehr als nur ein Symbol. Schließlich
war der [3][Tiergartenmord, bei dem das Kammergericht Berlin-Moabit
Russland „Staatsterrorismus“ vorwarf], nur ein Fall in einer umfangreichen
internationalen Mordserie des Kreml. Man kann mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass unter den Hunderttausenden aus
ihrer Heimat vertriebenen Menschen aus der Ukraine auch viele sein dürften,
die auf russischen Abschusslisten zu finden sind. 40 russische Agenten
weniger, die solche Anschläge planen könnten, machen durchaus einen
Unterschied.
Gleichzeitig fragt man sich: Warum erst jetzt? Warum nicht gleich zu Beginn
des Angriffskrieges? Oder nach dem Urteil im Tiergartenmord? Oder der
Vergiftung von Nalwany? Den Kriegsverbrechen in Aleppo? In der deutschen
Außenpolitik ist seit Langem ein Muster erkennbar, das sich auch mit der
neuen Bundesregierung kaum geändert hat: Immer zu wenig zu spät.
Das bremst jedoch in keiner Weise die Begeisterung über die deutsche
Außenpolitik. Dem Bundeskanzler hätte man ja in Genossenkreisen am liebsten
schon nach seiner Vermittlungsmission in Moskau den Friedensnobelpreis
verliehen. Und Annalena Baerbock wird in jüngster Zeit so innig gelobt,
dass man sich des Eindrucks nicht erwehren kann, die entsprechenden Tweets
und [4][Zeitungsartikel wären mit Tränen der Rührung in den Augen] verfasst
worden.
Die Fakten sehen dagegen anders aus: Die deutsche Krisendiplomatie kam viel
zu spät und ist grandios gescheitert. Bis zuletzt wollte Scholz das Wort
Nord Stream 2 nicht in den Mund nehmen, statt dem unsinnigen Projekt schon
viel früher den Garaus zu machen. Für die wirklich schmerzhaften Sanktionen
gegen Russland mussten auch erst die Bomben fallen. Wer weiß, was sie
bewirkt hätten, wären sie schon Monate vorher in Kraft gewesen.
Die Bundesregierung hat sich bis zum Ausbruch des Krieges – von Vizekanzler
Robert Habeck einmal abgesehen – Waffenlieferungen kategorisch verweigert.
Für Scholz und Baerbock war gleichermaßen klar: Nichts, was schießt.
Historische Verantwortung! Keine Waffen in Krisengebiete! Und dann wurden
sie doch geschickt – auch wieder zu wenig und zu spät. Und niemand hat sich
groß die Mühe gemacht, zu erklären, warum „keine Waffen in Krisengebiete“
plötzlich nicht mehr gilt.
Am Ende zählen in der Außenpolitik nicht Worte, und seien sie noch so klar
oder scharf. Wer schön spielt, aber kein Tor schießt, hat trotzdem
verloren. Auf die Ergebnisse kommt es an. Wo sind diese Ergebnisse? Was
wurde erreicht? Für solidarische Worte, betroffene Reden und Tonnen von
Mitgefühl ist man in der Ukraine sicher dankbar. Aber es sind eben nur
Worte.
5 Apr 2022
## LINKS
[1] /Demonstrationen-in-deutschen-Staedten/!5843274
[2] https://www.youtube.com/watch?v=zQAYaATvfMk
[3] /Urteil-im-Tiergartenmord-Prozess/!5822490
[4] https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/annalena-baerbock-deut…
## AUTOREN
Silke Mertins
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Russland
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Bundestag
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