# taz.de -- Arten sterben weiter: Niemand will den Naturschutzgipfel | |
> Bislang findet sich kein Land, das den nächsten UN-Gipfel zum Naturschutz | |
> ausrichtet. Auch in Deutschland macht der Artenschutz wenig Fortschritte. | |
Bild: Grashüpfer im Murnauer Moos | |
BERLIN taz | Den Glanz internationaler Klimakonferenzen suchen inzwischen | |
sogar die Regierungen von Ölstaaten. Der Schutz der Biodiversität ist | |
offenbar weniger attraktiv: [1][Ein Jahr nach dem großen | |
UN-Naturschutzgipfel in Montreal] findet sich bisher kein Land, das die | |
nächste „Konferenz der Mitgliedsstaaten“ (COP) ausrichten möchte. | |
Eigentlich hatte die Türkei die Präsidentschaft über die COP 16 inne und | |
wollte sie Ende 2024 abhalten. Doch aufgrund der verheerenden Erdbeben im | |
Südosten des Landes Anfang dieses Jahres sieht sich die Regierung außer | |
Stande, die Veranstaltung auszurichten. Nun wird nach einem neuen Ort | |
gesucht. | |
Dabei war das neue Umsetzungsabkommen für die „Konvention zur Biologischen | |
Vielfalt“ vor einem Jahr in Montreal mit viel Euphorie beschlossen worden. | |
„Es wurde ein tolles Arbeitsprogramm verabschiedet“, bilanzierte | |
Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger das Ergebnis am Mittwoch auf einer | |
Video-Konferenz. Bis 2030 wollte die Menschheit ein Drittel der Erde unter | |
Schutz stellen, 200 Milliarden Dollar für die Biologische Vielfalt ausgeben | |
und umweltschädliche Subventionen abbauen, um das Artensterben zu stoppen. | |
In Deutschland passiert ist davon bislang wenig, kritisiert der Nabu. „Wir | |
reden derzeit sehr viel über Geld, ein wenig über den Klimaschutz und zu | |
wenig über die Naturkrise“, sagt Krüger. Der Nabu, der mit 900.000 Menschen | |
ungefähr so viele Mitglieder hat wie SPD und CDU/CSU zusammen, sei „tief | |
besorgt“ über die Aussicht, dass die Bundesregierung angesichts der | |
Haushaltskrise Investitionen in die „Lebensgrundlagen“ einspare. | |
Denn auch in Deutschland sei von der Euphorie in Montreal laut Nabu nicht | |
viel übrig. War die Bundesregierung mit Umweltministerin Steffi Lemke | |
(Grüne) dort noch als Vorreiterin aufgetreten, hat sie ihre Programme für | |
mehr Artenschutz in der Heimat noch nicht sicher auf den Weg gebracht. Das | |
wichtigste davon ist der „Aktionsplan natürlicher Klimaschutz“, der für d… | |
nächsten Jahre insgesamt 4 Milliarden Euro vorsieht, um Moore wieder zu | |
vernässen, die geplagten Wälder an den Klimawandel anzupassen oder Flüsse | |
zu renaturieren. „Die einzelnen Förderrichtlinien lagen ewig im | |
Bundesfinanzministerium“, sagt Krüger, „inzwischen sind einige | |
verabschiedet, „die wichtigen, großen, etwa die zu den Mooren, aber noch | |
nicht“. Aufgrund der aktuellen Haushaltslage geht der Naturschützer nicht | |
davon aus, dass sich das bis zum Frühjahr 2024 ändert. | |
## Petition für zweiten Nationalpark in NRW | |
Andere Projekte, etwa umweltschädliche Subventionen zu benennen und | |
abzubauen, seien überhaupt noch nicht angelaufen, ebenso wie die Ausweisung | |
neuer Schutzgebiete. Um Schwung in die lahmgelegte Naturschutzpolitik zu | |
bringen, seien drei Dinge nötig, sagt Krüger: Die Bundesregierung müsse den | |
Aktionsplan Natürlicher Klimaschutz beschleunigen, ihrer neuen | |
Biodiversitätsstrategie ambitionierte Ziele geben und enger mit den Ländern | |
zusammen arbeiten. „Naturschutz ist Ländersache, ohne sie geht es nicht“. | |
In Nordrhein-Westfalen hat der Nabu [2][deshalb am Nikolaustag eine | |
Petition gestartet, um die schwarz-grüne Landesregierung an ihr Versprechen | |
zu erinnern, einen zweiten Nationalpark auszuweisen]. In ihrem | |
„Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen“ hatten CDU und Grüne dies | |
festgelegt, passiert ist bislang auch hier nichts. | |
Vielleicht bekommen die Naturschützer ja demnächst Unterstützung aus dem | |
Bundestag. Dort hat sich kürzlich im Berliner Naturkundemuseum, quasi unter | |
den mahnenden Knochen ausgestorbener Dinosaurier, der „Parlamentskreis | |
globale Biodiversität“ gegründet. Alle demokratischen Parteien im Bundestag | |
haben Mitglieder entsendet, um das Thema auf internationaler Bühne | |
voranzubringen. Das scheint dort allerdings bisweilen einfacher als zu | |
Hause. | |
6 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Artenschutzkonferenz-in-Montreal/!5900621 | |
[2] https://mitmachen.nabu.de/nationalpark-nrw | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
## TAGS | |
Biodiversität | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Natur | |
wochentaz | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
wochentaz | |
Klimakonferenz in Dubai | |
Klimakonferenz in Dubai | |
Artensterben | |
Schwerpunkt Artenschutz | |
Russland | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Studie zu FSC-Zertifikaten und Wäldern: Mehr Raum für große Tiere | |
Eine neue Studie untersucht, wie FSC-Zertifikate auf den Tierbestand in | |
Wäldern wirken. Wichtig ist das auch für den Klimawandel. | |
Erster UN-Bericht: Wandernde Arten stark bedroht | |
Der erste Bericht über den Zustand der wandernden Tierarten zeigt: Ein | |
Fünftel ist vom Aussterben bedroht. Das hat Folgen über die Tierwelt | |
hinaus. | |
Studie zu Learning by Chatting: Emojis fehlt die Diversität | |
Wo bleibt das Röhrenspinnen-Emoji? Die grinsende Grünalge? Die digitalen | |
Minibilder müssen mehr Arten zeigen. Das könnte das Naturverständnis | |
fördern. | |
Alte Obstsorten in Österreich: Birne ist nicht gleich Birne | |
Kletzen, also getrocknete Birnen, stellen nur noch wenige selbst her. | |
Leopold Feichtinger und seine Frau gehörigen dazu. | |
Umweltministerin auf Weltklimakonferenz: „Es geht um die Grundbedürfnisse“ | |
Bundesumweltministerin Steffi Lemke wirbt auf der Weltklimakonferenz für | |
Klimaschutz. Ihre Projekte in Deutschland stehen aber auf der Kippe. | |
Klimakonferenz in Dubai: Für Antilopen zu feucht | |
Die Klimakrise gefährdet das Überleben vieler Arten, warnt die | |
Weltnaturschutzorganisation IUCN. Zehntausende sind vom Aussterben bedroht. | |
Neue Studie zum Artensterben: Ohne Moos nix los | |
Eine neue Studie schlägt Alarm: Mehr als doppelt so viele Tier- und | |
Pflanzenarten als bekannt sind bedroht, unter anderem wichtige Moose. | |
Artenschutzkonferenz in Montreal: Mehr Moore für Elche | |
Fast zwei Wochen lang haben die Delegationen der 196 Mitgliedstaaten auf | |
der UN-Artenschutzkonferenz in Montreal verhandelt. Nun steht ein Abkommen. | |
Ausweisung russischer Diplomaten: Zu wenig zu spät | |
Annalena Baerbock weist 40 russische Botschafts-Geheimdienstler aus. Ein | |
wichtiges Zeichen nach dem schändlichen Autokorso. Nur: Warum erst jetzt? |