Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Umweltministerin auf Weltklimakonferenz: „Es geht um die Grundbed…
> Bundesumweltministerin Steffi Lemke wirbt auf der Weltklimakonferenz für
> Klimaschutz. Ihre Projekte in Deutschland stehen aber auf der Kippe.
Bild: Bundesumweltministerin Steffi Lemke auf der COP28-Klimakonferenz in Dubai
taz: Frau Lemke, Sie hier – wie kommt das denn?
Steffi Lemke: Das Umweltministerium vertritt auf der Weltklimakonferenz die
Themen natürlicher Klimaschutz, Klimaanpassung, Kreislaufwirtschaft und die
Frage des Waldschutzes auf globaler Ebene.
Wir fragen, weil für die internationalen Klimaverhandlungen doch
mittlerweile Außenministerin Annalena Baerbock zuständig ist und die Größe
der deutschen Delegation schon für Aufsehen gesorgt hat. Was machen Sie
denn hier?
Die Größe der deutschen Delegation resultiert daraus, dass wir uns hier
nicht nur auf die bloße CO₂-Reduktion konzentrieren, sondern auch auf
Anpassung an die Klimakrise, Ernährungssicherheit, Gesundheit und
Finanzierung. Mein Ressort setzt sich für globale Ziele gegen Entwaldung,
für natürlichen Klimaschutz und für Kreislaufwirtschaft ein und verhandelt,
dass sie in die Abschlusserklärung aufgenommen werden. Es geht dabei um
die absoluten Grundbedürfnisse, um Ernährung und Wasser. Wenn die
Klimakrise die Ökosysteme zerstört, dann gefährden wir damit unsere
Lebensgrundlagen.
Zu Hause hängt Ihr zentrales Projekt jetzt in der Schwebe, [1][das
Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz]. In den nächsten Jahren bis 2026
sollen eigentlich 4 Milliarden Euro fließen, um kaputte Ökosysteme
klimawandelfest zu machen. Wie sauer sind Sie auf Finanzminister Christian
Lindner wegen seines Haushaltsdebakels?
Sie wissen, dass wir nach der Klage der CDU gegen den Haushalt und dem
Verfassungsgerichtsurteil gegenwärtig sehr schwierige Gespräche in der
Bundesregierung führen. Diese Gespräche dauern noch an, deshalb kann ich
daraus noch keine Ergebnisse teilen.
Die wichtigsten Förderrichtlinien zu dem Programm sind noch nicht
verabschiedet, zum Beispiel für die Renaturierung der Moore.
Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz wurde dieses Frühjahr im
Kabinett beschlossen. Das ist jetzt Regierungspolitik. Durch die Klage der
CDU ist aber die Frage der Finanzierung für eine sehr, sehr große Anzahl an
Projekten erst mal unsicher.
Das heißt, Sie sind tatsächlich in Sorge um Ihr Programm?
Wir sind generell in Sorge über die Diskussionen, die jetzt nach dem
Verfassungsgerichtsurteil stattfinden. Ich kann allen nur raten,
parteipolitische Spiele im Moment sein zu lassen. Dafür ist die Situation
für unser Land viel zu ernst. Deshalb ist es gut und richtig, dass wir in
aller Ernsthaftigkeit die verschiedenen Lösungsvorschläge diskutieren. Es
geht nicht darum, dass ein einzelnes Projekt jetzt möglicherweise infrage
steht. Die Stabilität des deutschen Wirtschaftsstandortes muss gesichert
werden.
Auf der Weltnaturschutzkonferenz in Montreal letztes Jahr gab es ja einen
enormen Durchbruch: Praktisch ein Drittel der weltweiten Landes- und
Gewässerfläche soll unter Schutz gestellt werden. Wann fängt Deutschland
damit an?
Deutschland hat damit schon längst angefangen. Wir haben in Deutschland
bereits viele Schutzgebiete. Wenn man alles zusammenzählen würde, auch die
schwach geschützten Gebiete, dann hätten wir diese 30 Prozent bereits
erreicht.
Bei den streng geschützten Gebieten ist Deutschland aber fast europäisches
Schlusslicht.
Da haben wir Nachholbedarf, und daran arbeiten wir. Wir sitzen gegenwärtig
an der Überarbeitung der nationalen Biodiversitätsstrategie. Außerdem
arbeiten wir mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz an der
praktischen Umsetzung. Das ist letztendlich das Entscheidende. Dass es
einen Beschluss der Vereinten Nationen oder eine Strategie gibt, heißt noch
nicht, dass die Dinge in der Realität angekommen sind.
Wie viel strenges Schutzgebiet ist denn in den zwölf Monaten seit dem
Abkommen hinzugekommen?
Streng geschützte Gebiete sind in den letzten zwölf Monaten nicht neu
ausgewiesen worden, an Land sind dafür allein die Bundesländer zuständig.
Das Bundesumweltministerium hat in der ausschließlichen Wirtschaftszone
Meeresschutzgebiete ausgewiesen, die zusammengerechnet bereits über 40
Prozent der Meeresfläche ausmachen. Hier arbeiten wir daran, den Schutz zu
verbessern.
Hier in Dubai setzen sich mittlerweile viele Länder für einen [2][Ausstieg
aus fossilen Energien] ein – auch die deutsche Delegation. In der gerade
verabschiedeten Strategie für eine Klimaaußenpolitik spricht die
Bundesregierung aber nur von einem Ausstieg aus den „fossilen Energien ohne
CO₂-Abscheidung“. Was ist Ihre Position zu diesem Widerspruch?
In der Fragestellung geht es ja darum, ob wir Technologien wie CCS oder
Direct Air Capture brauchen, um die Transformation der Wirtschaft
hinzubekommen. Was verhindert werden muss, ist, dass die Debatte dazu
benutzt wird, länger in der fossilen Energieerzeugung zu bleiben. Es gibt
aber verschiedene Industriezweige, zum Beispiel die Zementherstellung, die
gegenwärtig noch nicht komplett dekarbonisierbar sind. Für solche Bereiche
wird es möglicherweise nötig sein, CCS einzusetzen. Da geht es um
stoffliche Prozesse, nicht um die Energieerzeugung.
Deutschland hat zu Beginn der Konferenz zusammen mit den Vereinigten
Arabischen Emiraten Anschubfinanzierung für den neuen Fonds für
klimawandelbedingte Schäden und Verluste geleistet. Die Hoffnung: dass sich
mehr Schwellenländer beteiligen, die als solche generell nicht zur
Klimafinanzierung verpflichtet sind, aber mittlerweile reich und
CO₂-intensiv. Bisher kam Geld nur kleckerweise und von Industrieländern.
Wie zuversichtlich sind Sie, dass die Strategie noch aufgeht?
Ich hoffe auf seriöse und belastbare weitere Zusagen. Der Ball ist ins
Rollen gekommen, weil Deutschland und die Vereinigten Arabischen Emirate
jeweils 100 Millionen Dollar zugesagt haben. Mittlerweile sind wir bei über
700 Millionen Dollar, und die Konferenz ist noch nicht zu Ende. Das Ziel
ist, hier in Dubai mindestens 1 Milliarde zu sammeln. Ich bin
zuversichtlich, dass das gelingen kann.
Auf der Weltklimakonferenz hier in Dubai wollen sich alle präsentieren,
[3][für die nächste Weltnaturschutzkonferenz hat sich bisher noch nicht mal
ein Gastgeber gefunden.] Warum macht Deutschland das nicht?
Ich gehe davon aus, dass sehr bald ein Gastgeberland gefunden sein wird.
Deutschland hat sich dafür nicht proaktiv beworben, weil wir gegenwärtig
andere Schwerpunkte gesetzt haben als die Ausrichtung einer internationalen
Großkonferenz, etwa die Umsetzung des Aktionsprogramms Natürlicher
Klimaschutz und die Biodiversitätsstrategie.
Wäre es nicht ein Signal für allgemeines Desinteresse an dem Thema, wenn
schon wieder Montreal die Konferenz ausrichten müsste, nur weil da das
Sekretariat der Biodiversitätskonvention sitzt?
Das wird nicht passieren.
11 Dec 2023
## LINKS
[1] /Plan-des-Umweltministeriums/!5841674
[2] /Fossile-Energien-bei-der-Klimakonferenz/!5976540
[3] /Arten-sterben-weiter/!5978473
## AUTOREN
Susanne Schwarz
Enno Schöningh
## TAGS
Klimakonferenz in Dubai
Grüne
Bundesumweltministerium
Steffi Lemke
Weltklimakonferenz
GNS
Klimaklage
Moor
CCS
Ampel-Koalition
Biodiversität
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Klimaurteil zu Landnutzung rechtskräftig: Ampel muss Klima besser schützen
Die Deutsche Umwelthilfe gewinnt endgültig eine Klimaklage gegen die
Regierung. In einem anderen Verfahren legt Robert Habeck jedoch Revision
ein.
Wiedervernässung des Teufelsmoors: Hans packt's an
Niedersachsens Moore sollen renaturiert werden, aber bislang blieb es bei
Absichtsbekundungen. Ein Landwirt im Teufelsmoor will nicht länger warten.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität: Hintertür für Klimasünder
Die Grünen-Fraktion in Schleswig-Holstein will unter restriktiven
Bedingungen das Abscheiden und Speichern von CO2 zulassen. Kritiker werfen
Greenwashing vor.
Haushalt der Ampel: Gespräche zum Etat 2024 vertagt
Die Ampel sucht weiter Wege aus der Haushaltskrise, ein Spitzengespräch
wird in der Nacht zu Montag ergebnislos vertagt. Die FDP sieht keine Eile.
Arten sterben weiter: Niemand will den Naturschutzgipfel
Bislang findet sich kein Land, das den nächsten UN-Gipfel zum Naturschutz
ausrichtet. Auch in Deutschland macht der Artenschutz wenig Fortschritte.
Klimastrategie der Bundesregierung: Große Ziele, kein Geld
Alle Ressorts sollen den Klimaschutz mitdenken – und das auch noch
koordiniert. Die Bundesregierung hat dazu ihre erste Klimastrategie
beschlossen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.