# taz.de -- Erster UN-Bericht: Wandernde Arten stark bedroht | |
> Der erste Bericht über den Zustand der wandernden Tierarten zeigt: Ein | |
> Fünftel ist vom Aussterben bedroht. Das hat Folgen über die Tierwelt | |
> hinaus. | |
Bild: Die Bestände der Saigaantilope haben sich wieder erholt | |
BASEL taz | Von der Saigaantilope gab es in Kasachstan im Jahr 2006 nur | |
noch 50.000 Tiere. Doch [1][nun hat sich die Art erholt] und es gibt wieder | |
mehr als 1,3 Millionen der Steppenantilopen. Diese haben zudem ihre | |
Wanderung ins benachbarte Usbekistan wieder aufgenommen. | |
Dieser Erfolg ist auch einer wenig bekannten UN-Umweltorganisation zu | |
verdanken: der Konvention über wandernde Tierarten (CMS) oder Bonner | |
Konvention. Deren Mitgliedsländer haben sich jetzt in Samarkand | |
(Usbekistan) zur alle drei Jahre stattfindenden Vertragsparteienkonferenz | |
getroffen, am Wochenende ging die Konferenz zu Ende. | |
Wie wichtig die Konvention ist, zeigt der erste Bericht über den Zustand | |
der wandernden Arten weltweit: Ein Fünftel der knapp 1.200 Arten, die in | |
der CMS aufgeführt sind, ist [2][vom Aussterben bedroht], 44 Prozent haben | |
abnehmende Populationen. Besonders dramatisch ist es bei wandernden | |
Fischarten wie Haien, von denen 97 Prozent auszusterben drohen. | |
CMS-Chefin Amy Fraenkel nennt dafür zwei Gründe: „Zu den verblüffenden | |
Ergebnissen der Studie gehört, dass die Übernutzung die größte Bedrohung | |
für viele wandernde Arten darstellt, noch vor dem Verlust von | |
Lebensräumen.“ Die Arten werden auf ihren Wanderungen also zu häufig Opfer | |
von Jägern und Fischern. | |
Das sei ein Problem für das Erdsystem als Ganzes, sagt Inger Andersen, | |
Chefin des UN-Umweltprogramms Unep: Wandernde Arten „spielen eine | |
wesentliche Rolle bei der Aufrechterhaltung der Funktion und | |
Widerstandsfähigkeit der komplexen Ökosysteme unseres Planeten“. | |
## Schutzmaßnahmen sind bekannt | |
Dabei sind die Schutzmaßnahmen bekannt: Lebensräume und Wanderrouten müssen | |
geschützt werden. Das Jagen und Fischen sowie weitere Stressfaktoren wie | |
Unterwasserlärm und Lichtverschmutzung müssen reduziert werden. Um das | |
international zu koordinieren, gibt es knapp 30 CMS-Unterabkommen zu | |
spezifischen Arten oder Regionen wie dem Mittelmeer, wo 11 bis 36 Millionen | |
Zugvögel pro Jahr gefangen werden. | |
Und unter der Wasseroberfläche droht womöglich bald eine neue Gefahr: der | |
[3][Tiefseebergbau]. Derzeit arbeitet die Internationale Meeresbodenbehörde | |
(ISA) an Regeln für den Abbau von Bodenschätzen im Meer. Bei der | |
CMS-Konferenz lag daher ein Beschluss vor, der Länder dazu auffordert, | |
„keinen Tiefseebergbau zu betreiben, solange keine ausreichenden | |
wissenschaftlichen Informationen vorliegen“, um Schäden zu vermeiden. | |
Das hat zu einem ungewöhnlichen Schriftwechsel geführt. ISA-Chef Michael | |
Lodge schrieb an die CMS, der Beschlussentwurf sei „mit erheblichen Fehlern | |
behaftet“ und stütze sich primär auf Materialien von Gegnern des | |
Tiefseebergbaus. Außerdem übertrete die CMS ihre Autorität und solle sich | |
besser im Rahmen der ISA an der Ausarbeitung der Regeln für den | |
Unterwasserbergbau beteiligen. Genützt hat das allerdings nicht, die CMS | |
hat trotzdem einem Quasi-Moratorium beim Tiefseebergbau zugestimmt. | |
In der vergangenen Woche gab es zudem eine positive Nachricht, was die | |
Finanzierung von Artenschutz betrifft. Ein spezieller Fonds für Artenschutz | |
hat seine Arbeit aufgenommen. Dieser soll bei der Erreichung der | |
Artenschutzziele helfen, die vorletztes Jahr verabschiedet wurden. Dazu | |
gehört etwa das Ziel, 30 Prozent der Land- und Meeresfläche bis zum Jahr | |
2030 unter Schutz zu stellen. | |
Der Fonds ist allerdings noch sehr spärlich finanziert: Bislang haben erst | |
vier Länder insgesamt knapp 220 Millionen US-Dollar zugesagt, darunter | |
Deutschland. Angesichts des geschätzten Finanzbedarfs für den Artenschutz | |
von 700 Milliarden Dollar pro Jahr wird das nicht lange reichen. | |
18 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Christian Mihatsch | |
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