# taz.de -- Reaktionen auf Massaker in Butscha: Druck auf Russland steigt | |
> Westliche Länder reagieren auf das Massaker in der Stadt Butscha. Sie | |
> verstärken ihre diplomatische und militärische Unterstützung. | |
Bild: UN-Menschenrechtsrat im März: Niemand will dem russischen Außenminister… | |
BERLIN taz/dpa/rtr | Der Versprecher des russischen UN-Botschafters Wassily | |
Nebensia in einer Pressekonferenz am Montagabend in New York war | |
vielsagend: „Die Leichen in Butscha, die nicht da waren bevor die | |
russischen Truppen kamen – äh, gingen, Entschuldigung: bevor sie gingen.“ | |
So leitete der Diplomat seine Behauptung ein, die Horrorbilder aus der | |
ukrainischen Kleinstadt nahe Kiew seien von der Ukraine „inszeniert“ | |
worden. | |
Das verunglückte russische Dementi zu den Massakern in Orten, die unter | |
russischer Besatzung in der Ukraine sind, war Teil einer zunehmenden | |
Konfrontation auf UN-Ebene. Russland hatte am Sonntag, als die Horrorbilder | |
aus Butscha weltweit für Entsetzen sorgten, eine Sondersitzung des | |
UN-Sicherheitsrats für Montag beantragt, um über die „Provokationen | |
ukrainischer Radikaler in Butscha“ zu sprechen. Großbritannien, das im | |
laufenden Monat den Vorsitz des UN-Sicherheitsrates hält, lehnte das ab. | |
Großbritannien verwies darauf, dass für Dienstag ohnehin eine öffentliche | |
Ratssitzung zur Ukraine angesetzt war, auf der umfassend über die Lage | |
beraten werden sollte, unter Teilnahme von UN-Generalsekretär Antonio | |
Guterres und Ukraines Präsident Wolodimir Selenski. Eine zusätzliche | |
Sitzung einen Tag vorher sei nicht nötig. Das ärgerte Moskau so, dass es | |
kurzfristig sein eigenes Briefing einberief. | |
Die [1][Massaker von Butscha] führen jedenfalls zu verstärktem | |
diplomatischem Druck auf Moskau. Die USA und Großbritannien wollen in der | |
UN-Vollversammlung über eine Suspendierung der Mitgliedschaft Russlands im | |
UN-Menschenrechtsrat abstimmen lassen. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit | |
nötig. | |
Auf der Sitzung am Dienstag bezeichnete Guterres die russische Invasion der | |
Ukraine als eine der größten Herausforderungen für die Weltordnung | |
überhaupt. Selenski forderte eine UN-Reform: Ohne tiefgreifende Reformen | |
müsse sich der Sicherheitsrat womöglich „selbst auflösen“, die UN könnt… | |
„dichtgemacht“ werden. Eine Option sei es, „Russland als Aggressor und | |
Kriegsauslöser zu entfernen, damit es nicht länger Entscheidungen über | |
seine eigene Aggression blockieren kann“. | |
Mehrere europäische Länder wiesen am Montagabend und Dienstag weitere | |
russische Diplomaten aus. Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock | |
kündigte die Ausweisung von 40 russischen Diplomaten an, die mutmaßlich | |
geheimdienstlich tätig waren. Frankreich wies 35 russische Diplomaten aus, | |
Italien 30, Spanien 25, Dänemark und Slowenien je 15, Estland 14, Lettland | |
13 und Schweden 3 – insgesamt in der EU also fast 200 innerhalb von zwei | |
Tagen. | |
Unterstützung bei Abwehr von Cyberangriffen | |
Auch eine neuerliche Verstärkung der westlichen militärischen Unterstützung | |
für die Ukraine steht an. Am Mittwoch und Donnerstag wollen die | |
Nato-Staaten nach Angaben von Nato-Chef Jens Stoltenberg über weitere | |
Waffenlieferungen an die Ukraine diskutieren. Dabei werde es auch um | |
„High-End“-Waffensysteme gehen, „Panzerabwehrwaffen, Luftabwehrsysteme und | |
andere Ausrüstung“, sagte Stoltenberg. Die Nato wolle zudem zusätzliche | |
Unterstützung bei der Abwehr von [2][Cyberangriffen] leisten. Aus den USA | |
wurden am Wochenende und am Montag Drohnen und Stinger-Luftabwehrraketen an | |
die Ukraine geliefert. | |
In Deutschland wird die Lieferung gebrauchter Schützenpanzer vom Typ Marder | |
in die Ukraine erwogen. Die hat die Bundeswehr ausgemustert und sie sollen | |
verschrottet werden. In den letzten Tagen war international kritisiert | |
worden, dass Deutschland eine ukrainische Bitte abgelehnt habe, sie zu | |
kaufen. In Tschechien sei am Montag ein Güterzug mit mehreren Dutzend | |
Panzern der sowjetischen Bauart T-72 sowie BMP-1-Schützenpanzern zum | |
Transport in die Ukraine abgefertigt worden, berichtete das | |
Nachrichtenportal Echo24.cz am Dienstag. | |
Russland verschärft im Gegenzug seine Gangart gegen ausländische | |
Organisationen im Land. Der Chef des Duma-Ausschusses zur Bekämpfung der | |
Einmischung in die inneren Angelegenheiten Russlands, Wassili Piskarjow, | |
erklärte am Dienstag, ein Gesuch gehe an die Generalstaatsanwaltschaft, um | |
die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung und weitere 13 | |
Nichtregierungsorganisationen für „unerwünscht“ erklären lassen. Das kom… | |
in Russland einem Verbot gleich. Piskarjow kündigte zudem ein härteres | |
Vorgehen gegen ausländische Medien an. | |
Allgemein wird erwartet, dass der russische Rückzug aus dem Norden der | |
Ukraine nur das Vorspiel zu einer erneuten Offensive voraussichtlich im | |
Donbass sein wird. Die aus den Fronten bei Kiew zurückgezogenen Einheiten, | |
die teilweise einen Großteil ihrer Soldaten und Ausrüstung auf dem | |
Schlachtfeld zurückließen, könnten in Belarus reorganisiert und neu | |
aufgestellt werden. Am Dienstag wurde die Ukraine aus Belarus heraus | |
beschossen. | |
5 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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