# taz.de -- Intransparenter Immobilienmarkt: Berlins Oligarchen | |
> Niemand weiß, was russischen Oligarchen in Berlin gehört. Sanktionen | |
> laufen wegen des intransparenten Markts ins Leere, zeigt eine | |
> Linken-Anfrage. | |
Bild: Diesig und undurchsichtig: Weil es kein gutes Registerwesen gibt, ist der… | |
Berlin taz | Sanktionen gegen russische Oligarchen wurden in Berlin wegen | |
des intransparenten Immobilienmarktes bislang nicht durchgesetzt. Im | |
Bereich Geldwäscheprävention würden regelmäßig aktuelle Sanktionslisten | |
durch Notare und Grundbuchämter abgeglichen, aber bis Mitte März wurde | |
„bislang keine Übereinstimmung mit sanktionierten Personen festgestellt.“ | |
Das schreibt der Senat in einer der taz vorliegenden Antwort auf eine | |
Anfrage der Linken-Abgeordneten Katalin Gennburg, in der diese nach | |
Sanktionen im Bereich der Immobilienwirtschaft fragt. | |
Gefragt nach möglichen Berliner Investitionen und Besitztümern von Personen | |
und Unternehmen auf EU-Sanktionslisten heißt es vom Senat, dass „die | |
Beteiligungsstrukturen nicht immer vollständig nachvollziehbar sind, | |
beispielsweise wenn ausländische Kettenbeteiligungen vorliegen. Auch aus | |
internationalen Datenbanken geht nicht immer die oder der tatsächlich | |
wirtschaftlich Berechtigte hervor.“ Expert*innen gehen dagegen fest | |
davon aus, dass sich auch auf dem von Investoren überlaufenen Berliner | |
Immobilienmarkt das Kapital russischer Oligarchen befindet – es aber über | |
Briefkastenfirmen gut versteckt ist. | |
Wüsste der Staat, was genau Oligarchen gehören würde, könnte er sofort | |
einschreiten: Der Senat schreibt, dass die geltenden EU-Sanktionen | |
unmittelbar vom Wirtschaftsverkehr und den Behörden umzusetzen sind. | |
Demnach könnten selbst laufende Immobilienprojekte unter Beteiligung von | |
sanktionierten Personen oder Unternehmen noch gestoppt werden. Zuständig | |
sind dabei für Gelder und Finanzmittel die Bundesbank und für Güter, | |
wirtschaftliche Ressourcen, Dienstleistungen und Investitionen das | |
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Während in Frankreich schon | |
Vermögen im Wert von knapp 850 Millionen und Italien mehrere hundert | |
Millionen eingefroren wurden, nennt die Bundesbank für Deutschland nur | |
[1][95 Millionen eingefrorene Euro]. | |
Gennburg, die in Berlin von „tiefgreifenden Verflechtungen sogenannter | |
russischer Oligarchen und der Bauwirtschaft“ ausgeht, sagte: „Wir wissen | |
nicht, wer hinter den teils abstrakten Konstrukten steckt, die in unserer | |
Stadt über Liegenschaften verfügen, wer hier baut und wer die tatsächlichen | |
wirtschaftlich Berechtigten sind. Berlin kann so immer wieder zum Zielort | |
für Geldflüsse aus autoritären Regimen und anderen dubiosen Quellen | |
werden.“ Sanktionierte Personen könnten noch immer Grundstücktransaktionen | |
über Rechtsanwaltsvertretungen oder verschleierte Eigentumskonstruktionen | |
vornehmen, so Gennburg. | |
## „Verstrickungen in Bauprojekte überprüfen“ | |
Angesichts dessen fordert die Abgeordnete schnell mehr Transparenz auf dem | |
Wohnungsmarkt: „Das in Berlin geplante Miet- und Wohnkataster muss | |
unbedingt Informationen zu wirtschaftlich Berechtigten enthalten.“ | |
Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) müsse sofort handeln. Eine | |
Bundesratsinitiative aus Berlin für ein bundesweites zentrales und | |
transparenteres Immobilienregister war [2][vergangenes Jahr im Bundesrat | |
gescheitert]. | |
Erfreut zeigte Gennburg sich darüber, dass laufende Bauprojekte unter | |
Beteiligung von Oligarchen gestoppt werden können: „Der Senat sollte daher | |
aktuelle Bauprojekte akribisch auf Verstrickungen von sanktionierten | |
Personen untersuchen – und möglicherweise auch selbstständig aktiv werden�… | |
forderte sie. Vor kurzem war bekannt geworden, dass [3][ein Bauprojekt von | |
Monarch am Alexanderplatz] etwa im Zusammenhang mit Sanktionen Probleme | |
bekommen könnte. | |
Gennburg verwies auch auf [4][Verstrickungen des Oligarchen Oleg Deripaska | |
mit dem österreichischen Bauunternehmen Strabag], das ebenfalls in Berlin | |
baut, laut Gennburg auch für die öffentliche Hand. Deripaska steht aktuell | |
allerdings [5][erstaunlicherweise nicht auf der Sanktionsliste], obwohl er | |
Großaktionär eines russischen Rüstungskonzerns ist. | |
31 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tagesschau.de/investigativ/hsb/sanktionen-russland-123.html | |
[2] https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/immobilienregister-gegen… | |
[3] https://www.tagesspiegel.de/berlin/russischer-investor-in-berlin-150-meter-… | |
[4] https://www.kleinezeitung.at/wirtschaft/6112268/Umstrittene-Rolle-bei-Strab… | |
[5] https://www.tagesschau.de/investigativ/kontraste/russischer-oligarch-deripa… | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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