# taz.de -- Gesetz zur Sanktionsdurchsetzung: Weniger Schonung für Oligarchen | |
> Russische Vermögende haben in Deutschland trotz Sanktionen wenig zu | |
> befürchten. Die Bundesregierung will das ändern. Ob das gelingt, ist | |
> offen. | |
Bild: Mutmaßliches russisches Vermögen wie die Yacht „Dilbar“ in Hamburg … | |
BERLIN taz | Bisher ist Deutschland ein wahres Paradies für russische | |
Oligarchen: Seit im Februar die [1][EU-Sanktionen] aufgrund des russischen | |
Angriffskriegs gegen die Ukraine in Kraft getreten sind, wurden in | |
Deutschland gerade mal 138 Millionen Euro Geldvermögen eingefroren, teilte | |
das Finanzministerium am Mittwoch auf taz-Anfrage mit. Eine | |
Zusammenstellung der EU-Kommission, die neben Geld auch Sachvermögen wie | |
Immobilien oder Yachten berücksichtigt, war für Deutschland Anfang April | |
auf 341 Millionen Euro gekommen; in Frankreich waren es dagegen 23 | |
Milliarden Euro, in Belgien 10 Milliarden. | |
Als einen Grund für die geringe Summe hatte ein Sprecher des | |
Finanzministeriums im April noch angeführt, das Land sei durch seine „sehr | |
gut funktionierende Geldwäscheprävention kein attraktiver Partner für | |
Leute, die ihr Geld waschen und hier unbemerkt anlegen wollen“. Wichtiger | |
dürfte aber ein anderer Grund sein: [2][Es ist hierzulande bisher in vielen | |
Fällen unmöglich, die wahren Eigentümer von Vermögen zu ermitteln.] | |
„Deutschland hat es Finanzkriminellen und Oligarchen viel zu leicht | |
gemacht“, kritisiert Konrad Duffy von der Organisation Finanzwende. Über | |
Briefkastenfirmen und andere Konstruktionen könnten Vermögen leicht | |
verschleiert werden. | |
Das soll in Zukunft schwerer werden: Am Dienstag hat das Bundeskabinett ein | |
„Sanktionsdurchsetzungsgesetz“ auf den Weg gebracht, das die Ermittlung von | |
Eigentumsverhältnissen erleichtern soll. Damit beseitige man „Hemmnisse, | |
die einer wirksamen Umsetzung des europäischen Sanktionsregimes im Wege | |
stehen“, erklärte Finanzminister Christian Lindner (FDP). | |
## Leichterer Datenaustausch zwischen Behörden | |
Die Behörden sollen durch das Gesetzespaket zum einen mehr Kompetenzen | |
bekommen: Sie dürfen unter anderem Wohnungen und Geschäftsräume | |
durchsuchen, Zeugen vorladen und erhalten mehr Auskunftsrechte gegenüber | |
Banken. Zum anderen wird der bisher oft unzulässige Austausch von Daten | |
zwischen verschiedenen Behörden ermöglicht. | |
Neu ist zudem, dass Gelder und Wertgegenstände schon sichergestellt werden | |
können, während die Ermittlung des tatsächlichen Eigentümers noch andauert. | |
Und Menschen, die auf den Sanktionslisten stehen, sollen dazu | |
verpflichtet werden, ihr Eigentum anzuzeigen; andernfalls droht eine | |
Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. | |
Der Gesetzentwurf soll noch am späten Donnerstagabend in den Bundestag | |
eingebracht werden. Wenn dieser einer Fristverkürzung zustimmt, könnte das | |
Gesetz noch im Mai beschlossen werden. Ob der Bundestag die recht | |
weitgehenden Eingriffe in Datenschutz und Bürgerrechte unverändert | |
beschließt, ist allerdings noch offen. Selbst wenn es dazu kommt, gibt es | |
Zweifel, ob sich die Lage dadurch kurzfristig verbessert. | |
## Überlastete Behörden als Problem | |
Zwar sei es zu begrüßen, dass durch das Gesetzespaket jetzt endlich | |
Bewegung reinkomme, meint Finanzwende-Experte Duffy. An vielen Stellen sei | |
die konkrete Ausgestaltung aber noch unklar, kritisiert er. „Bei der | |
Bekämpfung von Finanzkriminalität haperte es zuletzt immer an der | |
Umsetzung“, erklärt Duffy. „Wenn nicht zeitgleich mehr Ressourcen | |
bereitgestellt werden, bleiben die Gesetze wirkungslos.“ Denn Behörden wie | |
die Financial Intelligence Unit seien schon jetzt überlastet und könnten | |
zusätzliche Aufgaben kaum bewältigen. | |
Von neuen Stellen ist im Gesetzentwurf allerdings keine Rede. Dass | |
zusätzliche Ausgaben erforderlich sein können, wird aber zumindest | |
angedeutet: Die Kosten für die Umsetzung des Gesetzes seien „derzeit nicht | |
bezifferbar“. | |
11 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Westliche-Sanktionen-gegen-Russland/!5837816 | |
[2] /Wirtschaftssanktionen-gegen-Russland/!5839624 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
## TAGS | |
EU-Sanktionen | |
Oligarchen | |
Geldwäsche | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Geldwäsche | |
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Sanktionen gegen Russland: Den Oligarchen an den Kragen | |
Das eingefrorene Vermögen von reichen Russ:innen könnte für den | |
Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden. Doch es gibt einige rechtliche | |
Hindernisse. | |
Neues EU-Sanktionspaket gegen Moskau: Uneins beim Ölembargo | |
Die EU-Kommission will den Importstopp für russisches Öl durchsetzen. Doch | |
Ungarn und die Slowakei drohen mit einem Veto. | |
Russisches Geld in Österreich: Der diskrete Charme der Oligarchie | |
Russische Oligarchen butterten hohe Summen in Österreichs Klassikbetrieb: | |
In Salzburg, Linz und Wien herrscht deshalb nun Erklärungsbedarf. | |
Intransparenter Immobilienmarkt: Berlins Oligarchen | |
Niemand weiß, was russischen Oligarchen in Berlin gehört. Sanktionen laufen | |
wegen des intransparenten Markts ins Leere, zeigt eine Linken-Anfrage. |